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In Ruhe bis zum Abi. Bremer Eltern wollen das auch fürs Gymnasium.

© picture alliance / dpa

Der Bremer Schulfrieden bröckelt: Eltern wollen Rückkehr zu neunjährigem Gymnasium

Schüler, die aufs Gymnasium gehen, sollen nicht länger zum Turbo-Abitur gezwungen werden, meinen Bremer Eltern. Die SPD will sie besänftigen

Der Kampf ums beste Schulsystem hat in Deutschland schon manche Landtagswahl beeinflusst. In Bremen dagegen herrscht seit 2009 offiziell Schulfrieden. Denn damals vereinbarte die rot-grüne Landtagskoalition mit der CDU-Opposition einen „Konsens zur Schulentwicklung“, der zehn Jahre lang halten soll – seinerzeit ein Novum in der deutschen Bildungspolitik. Fortan sollte nicht mehr nach jedem Regierungswechsel am Bildungssystem herumgedoktert werden. Doch jetzt rüttelt der Bremer Zentralelternbeirat (ZEB) an der Vereinbarung: Die oberste Elternvertretung fordert, dass auch Bremen wie das benachbarte Niedersachsen zum Abitur nach neun Gymnasial-Jahren (G9) zurückkehrt.

Mangelnde Reife bei der Reifeprüfung?

Der Schulkonsens sah vor, das einst unübersichtliche Bremer Schulsystem nach und nach auf ein Zwei-Säulen-Modell umzustellen. Regelschulen sind demnach nur noch Gymnasien mit acht Jahren bis zum Abitur (G8) sowie „Oberschulen“, die in Wirklichkeit Integrierte Gesamtschulen sind und das Abitur nach neun Jahren anbieten. Wenn es nach den Elternvertretern geht, sollten jetzt aber auch die Gymnasien zu G9 zurückkehren. Die Begründung ist die übliche: „unzumutbar hohe wöchentliche Arbeitsbelastung“, fehlende Zeit für Freizeitaktivitäten, dadurch zu wenig „ganzheitliche Bildung“ und am Ende mangelnde Reife bei der frühen Reifeprüfung.

Mit ihrer Forderung stehen die Eltern allerdings ziemlich allein. Die Lehrergewerkschaft GEW äußert zwar Verständnis, fürchtet aber, dass die Wiedereinführung von G9 an den Gymnasien nur die Probleme der Oberschulen verschärfen würde. Denn bisher gehen viele leistungsstarke Kinder lieber auf die Oberschule statt aufs Gymnasium, weil sie das Turbo-Abitur ablehnen. Wenn dieses Alleinstellungsmerkmal entfällt, dürften sich viele bildungsbürgerliche Familien wieder verstärkt fürs Gymnasium entscheiden und damit die soziale Mischung an den Oberschulen verschlechtern.

"Eine Schule für Alle!", will die GEW

Deshalb lautet die Parole der GEW: „Nicht G9 statt G8, sondern Eine Schule für Alle!“, zumindest nach Ablauf des Schulkonsens-Jahrzehnts.

Doch Bildungssenatorin Eva Quante-Brandt (SPD) will weder zurück zu G9 noch die Gymnasien ganz abschaffen. Ihre Position: „Wir wollen nicht wieder die Schulstruktur ändern, sondern bei dem bewährten System bleiben.“ Mit dem Schulkonsens sei es ja gelungen, „unterschiedliche bildungspolitische Ziele unter einen Hut zu bringen“. Und das Gymnasium sei für viele Eltern nach wie vor eine attraktive Schulform. Geplant seien jetzt lediglich Entlastungen für die G8-Schüler.

Was die Senatorin nicht sagt, aber möglicherweise denkt: Wer die Gymnasien abschaffen will, vergrault potenzielle Wähler. Und das kann sich die SPD nicht leisten. Denn am 10. Mai wird in Bremen ein neuer Landtag gewählt.

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