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Gewalt. Am Computer ist "World of Warcraft" ein Spiel.

© picture-alliance/ dpa

Computerspiele und Aggression: Ein Training soll vor Ballerspielen schützen

Verbote helfen kaum gegen exzessive Gewaltspiele am Computer, sagt die Potsdamer Psychologin Barbara Krahé. Sie hat ein Training für Jugendliche entwickelt, das ihnen helfen soll, ihren Medienkonsum selbstkritisch zu beschränken.

Wie lassen sich Jugendliche vor exzessivem Konsum gewalttätiger Filme oder Computerspiele schützen? Das Potenzial von Kaufverboten und Alterskennzeichnungen ist in Deutschland ausgeschöpft, sagt Barbara Krahé, Professorin für Sozialpsychologie in Potsdam. Da Jugendliche ab einem Alter von 13, 14 Jahren Medien zunehmend mobil nutzten, komme man mit Regeln und Kontrolle kaum weiter.

Krahé hat darum mit ihrem Team ein Trainingsprogramm entwickelt, das auf die Selbstregulation und die kritische Reflexion von Jugendlichen abzielt. International ist es das erste seiner Art, sagte Krahé am gestrigen Mittwoch in Potsdam bei einer Präsentation. Insgesamt 700 Siebt- und Achtklässler aus zehn Berliner Schulen wurden in einer begleitenden Studie auf ihre Mediennutzung hin befragt, auch Lehrerbeobachtungen über das Verhalten der Schüler flossen ein.

Das Training, das nun in Kooperation mit dem Lisum Lehrern zur Verfügung gestellt werden soll, macht den Schülern die Effekte von Medienkonsum und Gewaltinhalten klar. Sie erfahren etwa, dass Jugendlichen mehr aggressive Worte einfallen, nachdem sie eine gewalttätige Szene in einem Film gesehen haben. Ein Medientagebuch führt den Schülern das eigene Nutzungsverhalten vor Augen. Ein Bildschirmschoner „Heute nicht“ könnte sie täglich daran erinnern. In einer Übung zum medienfreien Wochenende werden die Schüler angeregt, sich alternative Freizeitaktivitäten zu überlegen.

Krahé, die die Wirkung des Trainings über mehrere Jahre untersucht hat, hält die Methode für erfolgreich. Der Konsum von gewalttätigen Filmen und Computerspielen sei speziell bei jenen Schülern, die vor dem Training ein erhöhtes Aggressionspotenzial zeigten, nach dem Training gesunken. Noch drei Jahre nach dem Training sei dieser Effekt zu beobachten. Bei Schülern, die von Anfang an eine geringe Aggressionsbereitschaft hatten, verändere sich die Mediennutzung durch das Training nicht stark.

„Wir sind nicht ausgezogen, um Jugendlichen elektronische Medien zu vermiesen“, sagte Krahé und hob die vielen positiven Aspekte speziell von Computerspielen hervor. Spiele könnten beim Lernen helfen und soziales Verhalten fördern. Dass der wiederholte und dauerhafte Konsum von Gewalt in Medien die Aggressionsbereitschaft von Kindern und Jugendlichen steigert und Fähigkeiten wie Mitleid schwächt, ist laut Krahé jedoch wissenschaftlich erwiesen. Dabei bezieht sie sich auf eine Metastudie, an der zwölf Forscher aus dem In- und Ausland unter ihrer Leitung mitgearbeitet haben. Die Gruppe hatte im Auftrag der International Society for Research on Aggression im vergangenen Jahr vorhandene Studien zum Zusammenhang von Konsum von gewalttätigen Medien und Aggression ausgewertet.

Demnach erhöht der Konsum von medialen Gewaltinhalten kurzfristig die Wahrscheinlichkeit, das Verhalten von anderen als aggressiv zu deuten. Langfristig lernten Kinder und Jugendliche durch gewalttätige Filme und Computerspiele, dass aggressives Verhalten angemessen ist und mit Erfolg belohnt wird. Die Welt werde von ihnen zunehmend als feindselig interpretiert. Dies könne sich auch in einer Neigung zu Aggression auf dem Schulhof wie Treten und Schubsen äußern. Diese Wirkung sei nicht zu unterschätzen, wenn man bedenke, dass manche Schüler jahrelang als Opfer darunter leiden müssten, sagte Robert Busching, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Sozialpsychologie. In anderen gesellschaftlichen Fragen wie der Werbung oder bei Flugsimulatoren würde die Wirkung von Medien auf das Fühlen, Denken und Verhalten von Menschen nicht so stark angezweifelt wie bei gewalttätigen Filmen und Spielen, fügte Krahé hinzu.

Gleichzeitig warnt die Studie vor extremen Schlüssen. Dass Kinder absichtlich andere Menschen verletzen oder ihnen schaden, habe immer verschiedene Ursachen. Ein Computerspiel alleine führt nicht zum Amoklauf. Gerade bei extremen Gewalttaten sei Mediengewalt nur ein Faktor von vielen. Für viele Schüler seien Computerspiele einfach ein Angebot, das Bedürfnis nach Spannung zu befriedigen, ohne sich selbst aktivieren zu müssen.

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