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Ein philippinisches Kind läuft in der Provinz Cavite auf den Philippinen in einem ausgetrockneten Bewässerungskanal spazieren, der durch das Wetterphänomen „El Nino“ ausgetrocknet war. (Archivbild)

© dpa/Francis R. Malasig

Dürren und Überschwemmungen drohen: Wetterphänomen El Niño ist zurück - die wichtigsten Fragen und Antworten

Erwärmungen in den oberen Wasserschichten der Tropen deuten auf eine Rückkehr des Wetterphänomens hin. Die Folgen des Klimawandels drohen dadurch verstärkt zu werden.

Das von vielen Regionen gefürchtete Wetterphänomen El Niño ist wieder da. Die Weltwetterorganisation (WMO) teilte am Dienstag in Genf mit, dass im tropischen Pazifik erstmals seit mehreren Jahren wieder El-Niño-Bedingungen herrschen.

Ein El Niño kann Klima und Wetter in großen Teilen der Welt beeinflussen. Die WMO geht mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit davon aus, dass das Wetterphänomen die zweite Jahreshälfte bestimmen wird. Wie stark es diesmal ausfällt, lasse sich noch nicht sagen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

1. Was ist ein El Niño?

Erstes Anzeichen des Phänomens ist eine starke Erwärmung der oberen Wasserschichten im Pazifik in Tropennähe, entlang der mittel- und südamerikanischen Küste. Eigentlich drücken Passatwinde das warme Wasser nach Westen und kühleres strömt aus tieferen Schichten nach. Bei El Niño-Lagen sind die Winde aber schwächer. Der schnelle, bandförmige Windstrom Jetstream verschiebt sich Richtung Süden und die Stratosphäre mehr als zehn Kilometer über der Erde wird wärmer, wie Bob Leamon von der University of Maryland erklärt.

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Das Gegenstück dazu ist La Niña, mit umgekehrten Vorzeichen. La Niña drückt auf die globale Durchschnittstemperatur. Eine ungewöhnlich lange dreijährige La Niña-Phase ist gerade zu Ende gegangen. Beide Phänomene passieren in unterschiedlichen Abständen alle paar Jahre.

2. Woher kommt der Name?

„El Niño“ heißt übersetzt das Christkind. Der Name stammt von Fischern in Peru, die den Temperaturanstieg des Meeres oft in der Weihnachtszeit bemerkten.

3. Was sind die Folgen?

Das kommt auf die Weltregion an. Trockener und heißer wird es in der Regel etwa in Südostasien, im südlichen Afrika und in Australien. Dort steigt das Risiko von Wald- und Buschbränden. In Australien war der heißeste je gemessene Sommer die durch einen El Niño geprägte Jahreswende 2018/2019. Auch in Brasilien und dem nördlichen Teil Südamerikas wird es trockener, ebenso im mittleren Westen der USA, wo es deshalb in El Niño-Jahren oft besonders gute Getreideernten gibt. Feuchter wird es dagegen in Ostafrika, das gerade durch eine verheerende Dürre gegangen ist, ebenso an der Westküste Nord- und Südamerikas und in Sri Lanka vor der Südspitze Indiens.

Das Wetterphänomen El Niño wird wohl das ganze Jahr über andauern.

© AFP/GAL ROMA

Im Golf von Mexiko sinkt die Gefahr von Hurrikans, weil weniger Feuchtigkeit in der Luft ist. Über dem Atlantik auch, weil stärkere Scherwinde Hurrikane auseinanderreißen, so Leamon. Im Pazifik drohen dagegen mehr gefährliche Stürme.

Und Europa? „Der Fingerabdruck von El Niño ist auf den tropischen Pazifik konzentriert, mit spürbaren Auswirkungen auf den größeren Pazifikraum und entlang des Äquators, aber mit nur geringen Auswirkungen in Europa“, sagt Helge Gößling vom Alfred-Wegener-Institut Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven.

4. Was ist der Auslöser eines El Niño?

Die Wissenschaft weiß es noch nicht. Es gilt als natürliches Phänomen wie der Monsun, tritt allerdings in unregelmäßigen Abständen auf. Bekannt ist, dass die Stärke sowohl von El Niño als auch La Niña von anderen Phänomenen beeinflusst wird. Wenn die Passatwinde sich im Laufe des Jahres normalisieren, wie 2014, kann sich ein beginnender El Niño auflösen, wie Klimawissenschaftlerin Michelle L'Heureux von der US-Klimabehörde NOAA erklärt.

Bolivien, Trinidad: Eine Luftaufnahme der Stadt Trinidad in der Region Beni mit Blick auf das überschwemmte Tiefland, in dem 40.000 Menschen aufgrund der starken Regenfälle, die auf das Wetterphänomen „El Nino“ zurückzuführen waren, damals obdachlos wurden.

© dpa/---

Dass das jüngste La Niña-Ereignis so lange dauerte, lag zum Beispiel mit an den schweren Bränden 2019/20 in Australien, glaubt John Fasullo vom National Center for Atmospheric Research im US-Bundesstaat Colorado. Rauch-Aerosole in der Atmosphäre hätten Sonnenlicht reflektiert, was über dem Pazifik Luftschichten und in der Folge die Meeresoberfläche kühlte.

5. Wieso steigt die globale Durchschnittstemperatur in El Niño-Jahren?

Das hat der Klimawissenschaftler Richard Allan von der Universität Reading untersucht. Zum einen zeigten 2015/16 Satellitenaufnahmen und Computersimulationen, dass sich mehr tiefe Wolken über dem Pazifik auflösten und mehr Sonnenlicht das Wasser zusätzlich erwärmte.

Zudem binde die Atmosphäre deutlich mehr Wasser als in anderen Jahren. Bei starken El Niños könne das 3000 Kubikkilometer Wasser ausmachen, so viel wie 120 Millionen 50-Meter-Schwimmbecken. „Dies trägt dazu bei, die Heizkraft von El Niño weiter zu erhöhen, da Wasserdampf ein starkes natürliches Treibhausgas ist“, so Allan.

6. Ist das Ziel, die Erwärmung möglichst auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, durch den aufziehenden El Niño in Gefahr?

Das Ziel ist zwar in Gefahr, aber das liegt nicht an El Niño. Es geht um unterschiedliche Dinge. Das 1,5 Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen - dass Experten zufolge kaum noch zu erreichen ist - bezieht sich auf einen Durchschnittswert über mehrere Jahre. Einzelne wärmere Jahre, die jetzt durch El Niño wahrscheinlicher sind, sind dafür nicht ausschlaggebend.

Viele Wissenschaftler gingen schon vor den ersten Anzeichen für einen El Niño davon aus, dass die 1,5-Grad-Grenze demnächst in einem einzelnen Jahr überschritten wird. Danach dürften wieder kühlere Jahre kommen. 2022 lag die globale Durchschnittstemperatur laut WMO rund 1,15 Grad über dem Niveau von 1850-1900. 2016 waren es rund 1,3 Grad. (dpa)

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