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Jubel in Rot und Weiß. Union gewann das fünfte Derby in Folge.

© IMAGO/Michael Taeger

„Wann ist man eine Spitzenmannschaft?“: Der 1. FC Union ziert sich noch

Nach Unions 2:0-Sieg im Derby wird es fußballphilosophisch. Der Tabellenzweite wehrt sich noch gegen die Bezeichnung Spitzenteam, „aber das Momentum liegt gerade auf unserer Seite“.

Das Derby war gerade erst seit ein paar Minuten vorbei, da wurde es im Olympiastadion philosophisch. Na ja, zumindest ein bisschen fußballphilosophisch. „Wann ist man eine Spitzenmannschaft?“, sinnierte Rani Khedira nach dem 2:0 gegen Hertha BSC und suchte nach einer unverfänglichen Antwort. Das offizielle Saisonziel des 1. FC Union Berlin heißt schließlich 40 Punkte und da wäre es ungünstig, man würde öffentlich die Jagd auf den großen FC Bayern ausrufen.

Wie aus dem gegnerischen Druck im Mittelfeld fand Khedira dann aber auch aus dem Pressing der Journalisten einen Ausweg. „Ich weiß nicht, ob wir schon eine Spitzenmannschaft sind“, sagte der 28 Jahre alte Führungsspieler. „Aber das Momentum liegt gerade auf unserer Seite.“

Diese Aussage ist im deutschen Fußball momentan konsensfähig. Nach dem Herbsttief unmittelbar vor der WM-Pause ist Union mit drei Siegen ideal gestartet und hat sich in der Tabelle wieder auf Platz zwei verbessert. Die lange Vorbereitung hat den Berlinern erwartungsgemäß gutgetan. Die Spieler haben wieder die nötige Frische für die laufintensive Herangehensweise und fast ohne Nationalspieler konnte Trainer Urs Fischer wochenlang in Ruhe an seinen geliebten Basics sowie kleinen Neuerungen arbeiten.

Als Konsequenz ist Union für die Gegner wieder so eklig wie zu besten Zeiten. „Wir müssen weiter demütig bleiben und Union-Berlin-like spielen“, sagte Khedira. Wie schon in den ersten beiden Spielen des Jahres war dieser Stil auch gegen Hertha zu erkennen. Union ließ wenig zu, stand kompakt und auch wenn offensiv einzig die zweite Hälfte gegen Hoffenheim überzeugend war, hat man immer den Eindruck, dass irgendwann doch ein Tor fällt. Zum Beispiel durch einen Standard.

Vier ihrer sieben Tore in der abgelaufenen Englischen Woche haben die Berliner nach ruhenden Bällen erzielt, drei davon trugen die Handschrift von Christopher Trimmel und Danilho Doekhi. Hertha hatte sich intensiv auf Unions Standards vorbereitet und war doch machtlos. „Wenn der Zwei-Meter-Ochse so hochspringt, ist es schwierig“, sagte Herthas Marco Richter etwas ratlos.

Der niederländische Innenverteidiger misst zwar nur 1,90 Meter, aber so ist das aktuell bei Union. Die Berliner haben so viel Selbstvertrauen in die eigenen Qualitäten, dass sie dem Gegner größer, stärker und schneller erscheinen.

Wir müssen weiter demütig bleiben und Union-Berlin-like spielen.

Rani Khedira nach dem 2:0 gegen Hertha BSC

Doch zurück zur Frage: Ist Union nun eine Spitzenmannschaft? Sicher nicht im herkömmlichen Sinne. Das Team dominiert die Gegner nicht, ist spielerisch und technisch weit entfernt vom Potenzial der Konkurrenz aus München, Leipzig, Frankfurt oder Dortmund. Dass Union mehr Punkte als drei dieser vermeintlichen Topteams hat, ist dennoch kein Zufall.

Denn die Berliner verstehen es besser als alle Konkurrenten in der Bundesliga, die eigenen Unzulänglichkeiten zu verbergen und die Stärken in den Vordergrund zu stellen. Das ist meist nichts für Fußballästheten, aber äußerst erfolgreich.

Allerdings geht die zweite Saisonhälfte gerade erst los und Union hatte ein relativ leichtes Auftaktprogramm gegen durchweg verunsicherte Gegner. In den kommenden Wochen steigt das Niveau deutlich an.

Schon am Dienstag (20.45 Uhr, Sky) geht es im Stadion An der Alten Försterei gegen den VfL Wolfsburg um den Einzug ins Pokalviertelfinale. Im Februar geht es dann in der Liga unter anderem nach Leipzig und München sowie in der Europa League zwei Mal gegen Ajax Amsterdam.

Nach dieser Belastungsprobe wird sich auch die Frage nach Unions Spitzenteamstatus besser beantworten lassen – und hinter den 40 Punkten können sich die Berliner auch nicht mehr lange verstecken, denn sie stehen schon bei 36.

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