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Sport: Nach einem halben Jahr des Kampfes haben sich die Kontrahenten arangiert

Die Provokation. Der Hallensprecher in der Max-Schmeling-Halle wusste genau, wen er da vor sein Mikrophon gebeten hatte.

Die Provokation. Der Hallensprecher in der Max-Schmeling-Halle wusste genau, wen er da vor sein Mikrophon gebeten hatte. "Ein Spiel wie jedes andere", hatten zuvor die Verantwortlichen von Hertha BSC und Tennis Borussia über das Berliner Hallenderby geurteilt. Der Mann mit dem Mikrophonn war auf der Suche nach etwas Brisanz. Er fand Ansgar Brinkmann, und der blonde Angreifer von Tennis Borussia ließ sich nicht lange bitten. Vor 4000 Hertha-Fans und 30 Anhängern von Tennis Borussia sagte er: "Gegen Hertha zu verlieren, wäre ein bisschen wie Sterben gewesen."

Der Rebell. Er kann nicht anders. Immer laut, immer geradeaus, immer unbequem. "Ich bin ein Junge von der Straße", sagt Brinkmannn, "ich habe genau einen Anzug, und der ist vom Verein." Ansgar Brinkmann ist eines von sieben Kindern. Mit 15 Jahren zog er von zu Hause aus. "Am 25. hatte ich oft nur 20 Mark in der Tasche", erinnert sich der offensive Mittelfeldspieler, "ich habe nicht immer gewonnen im Leben." Aber er lernte, sich durchzusetzen. "Ich weiß, dass ich mich für nichts auf der Welt verbiegen lasse." Brinkmann spielt Fußball mit Emotion. Deshalb gefällt ihm auch die Kommerzialisierung nicht, auch wenn er davon profitiert. "Diese Leute saugen den Fußball aus", sagt er, "du kannst Erfolg nicht kaufen." Noch immer schwärmt er von Frankfurt und seinen Anhängern, wo sie ihn "weißer Brasilianer" nannten. "Wenn ich in Frankfurt über die Straße gehe, hält ein Taxifahrer und sagt: Ansgar, wo soll ich dich hinfahren?" Und die Mannschaft, mit der er 1998 in die Bundesliga aufstieg, "das waren nicht die Rolex-Affen, die Frankfurt manchmal hatte".

Das Missverständnis. Bei Tennis Borussia fährt der Trainer mit dem Porsche zum Training. Der Zweitligist firmiert unter der Bezeichnung Kommanditgesellschaft auf Aktien. Das ist nicht die Welt von Ansgar Brinkmann, dem Jungen von der Straße. Lange hat er in der Sommerpause überlegt, beim Zweitligisten anzuheuern, schließlich lockten ihn eine Million Mark pro Saison und die Aussicht auf den Aufstieg. Es ging nicht lange gut. Als Trainer Winfried Schäfer den Fußballer mit dem grenzenlosen Selbstbewusstsein ("Wenn ich gesund und fit bin, kann ich in jeder Bundesligamannschaft spielen") auf die Bank setzte, begehrte er medienwirksam auf. Es folgten Geldstrafe und Abmahnung. Es gab Angebote vom VfB Stuttgart und Eintracht Frankfurt, doch Tennis Borussia wollte den Unruhestifter nicht gehen lassen. Brinkmann hat sich damit abgefunden. "Ich bin nicht der Typ, der wegrennt, wenn man ihm Steine in den Weg legt." Nun will er sich auf den Aufstieg konzentrieren. Es habe zu viele Nebenkriegsschauplätze gegeben, sagt er selbstkritisch, "ich hatte das Wesentliche aus den Augen verloren". Mit Trainer Schäfer hat er sich gegenwärtig arrangiert. Und schließlich gibt es auch andere Dinge im Leben als Fußball.

Die andere Seite. Um seinen Hals baumelt ein kleines Kreuz, das ihm jemand geschenkt hat, der ihm nahesteht. Der rebellische Fußballer glaubt an Gott. "Ich glaube, dass einem Gutes widerfährt, wenn man selber Gutes tut", sagt der Mann der lauten Töne. Vor ein paar Monaten suchte ein Fernsehsender einen Fußballspieler von Tennis Borussia, der keine Angst hat. Um das zu beweisen, sollte dieser Freiwillige eine Tarantel auf seinem Oberarm herumklettern lassen. Natürlich fand der Sender einen Freiwilligen, natürlich Ansgar Brinkmann. Dieser sagt: "Ich habe vor gar nichts mehr Angst - nur manchmal vor mir selber."

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