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Sport: „Ich zweifle an seiner Einsicht“

Bundesliga-Referee Manuel Gräfe über seinen früheren Kollegen Hoyzer und die Folgen der Manipulationen

Herr Gräfe, vor einem Jahr wurde der Manipulationsskandal im deutschen Fußball öffentlich. Haben Sie seitdem mit Robert Hoyzer gesprochen?

Nein. Ich habe den Kontakt auch nicht gesucht. Es ist erst einmal an ihm, sich bei den Leuten zu entschuldigen, die so viel Kraft und Zeit in seine Entwicklung und Ausbildung investiert haben. Er hat uns maßlos enttäuscht und belogen. Ich würde ihm mehr Aufrichtigkeit und Einsicht wünschen, aber ich zweifle immer noch an ihm. Sonst hätte er sich in manchen Situationen anders verhalten.

In welchen etwa?

Zum Beispiel gegenüber unserem Schiedsrichterkollegen Felix Zwayer. Meiner Ansicht nach hat er ihn aus Rachsucht zu Unrecht belastet.

Gemeinsam mit Zwayer und den anderen Berliner Schiedsrichtern Fröhlich und Blumenstein haben Sie Hoyzers Manipulationen beim Deutschen Fußball-Bund angezeigt. Daraufhin hat Sie der DFB zu Ihrem Schutz erst einmal drei Wochen nicht pfeifen lassen. Wie war es dann bei Ihrem ersten Spiel?

Die Pause war wirklich notwendig, weil wir so sehr im Blickpunkt der Medien standen. Dann wurde ich für das Zweitligaspiel Erfurt gegen Fürth eingeteilt. Mir ist vor allem in Erinnerung geblieben, dass die Spieler unglaublich viel Rücksicht auf mich genommen haben. Als ich einen mit Gelb-Rot vom Platz gestellt habe, hat der sich sogar bei mir bedankt. „War schon korrekt die Entscheidung, gute Leistung, tschüss“, hat er gesagt. So etwas habe ich noch nie erlebt.

Wie ging es für Sie weiter?

Diese besondere Rücksicht habe ich eigentlich nur im ersten Spiel gespürt. Dann ist in der Bundesliga wieder schnell der Alltag eingekehrt.

Wie haben denn die Fans reagiert?

Die haben sich nicht anders verhalten als sonst. Höchstens, dass sie nach einer umstrittenen Entscheidung nicht mehr „Schieber“ gerufen haben, sondern „Hoyzer“.

Hatten Sie nicht befürchtet, dass es Pauschalurteile gibt gegen Schiedsrichter?

Allenfalls in der ersten Zeit. Aber dann haben alle durch die schnelle Aufklärung durch den DFB und die Staatsanwaltschaft erkannt, dass neben Spielern und anderen Beteiligten nur zwei Schiedsrichter involviert waren, Robert Hoyzer und Dominik Marks. Auf jeden Fall haben die Fans anerkannt, dass der Fall auch aus dem Kreis der Schiedsrichter aufgeklärt worden ist. Das hat das Vertrauen in uns wiederhergestellt.

Sind die Schiedsrichter geschwächt oder gestärkt aus der Affäre hervorgegangen?

Am Anfang waren sie geschwächt, als noch nicht feststand, welche Kreise der Fall zieht und jedes Gerücht in den Medien verbreitet wurde. Das war aber nur in den ersten vier Wochen so. Dann hat es sich gewandelt. Markus Merk hat einmal gesagt, dass wir das 19. Team der Bundesliga sind. Jetzt, bei der DFB-Halbzeittagung in Frankfurt am Main, konnte man spüren, dass die Schiedsrichter vielleicht noch enger zusammengerückt sind.

Was hat der Fall Hoyzer verändert?

Wir Schiedsrichter erfahren heute erst zwei Tage vorher, welches Spiel wir leiten. Die Betreuung der jüngeren Schiedsrichter durch den DFB ist intensiviert worden, auch durch die Einbindung ehemaliger Bundesliga-Schiedsrichter. Heute greift das Coaching-System des DFB bereits in der A-Jugend-Bundesliga. Dadurch nimmt der DFB mehr Einfluss auf die Landes- und Regionalverbände.

Welche Vorteile hat das?

Im Fall Hoyzer sind auf Verbandsebene und regionaler Ebene deutliche Anzeichen ignoriert worden. Die verantwortlichen Funktionäre haben einfach nur Hoyzers großes Talent gesehen und gehofft, dass seine charakterlichen Schwächen mit dem Alter verschwinden. Inzwischen haben sie ihre Versäumnisse einsehen müssen: Dass sie sich mit Robert Hoyzer einfach nicht intensiv genug auseinander gesetzt haben.

Welche charakterlichen Schwächen meinen Sie?

Großspurigkeit und Unzuverlässigkeit. Diese Kombination war bei ihm sehr stark ausgeprägt.

Hätte der Fall also verhindert werden können?

Das ist hypothetisch. Aber man hätte erkennen können, dass Hoyzers Einsicht in den Gesprächen mit den Verantwortlichen oft nur vorgetäuscht war. Es kam schließlich immer wieder zu neuen Vorfällen. Ich halte es jetzt für beinahe ausgeschlossen, dass ein solcher Manipulationsskandal noch einmal passiert. Aber man wird nie mehr sagen, dass es in Deutschland keinen Betrüger unter den Schiedsrichtern gegeben hat.

Das Gespräch führte Friedhard Teuffel.

Siehe auch Seite 11.

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