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Sport: Großmut und Wut

Les Deux Alpes. In 1650 Metern Höhe unter einem blauen Himmel und zwischen schneebedeckten Gipfeln interessierte sich der Tross der Tour gestern kaum für Jan Ullrich und seine Dopingstrafe.

Les Deux Alpes. In 1650 Metern Höhe unter einem blauen Himmel und zwischen schneebedeckten Gipfeln interessierte sich der Tross der Tour gestern kaum für Jan Ullrich und seine Dopingstrafe. Mit Ausnahme des Teams Telekom natürlich.

Bei allen anderen stand Santiago Botero im Mittelpunkt. Der Kolumbianer, im Zeitfahren Sieger über Lance Armstrong, gewann die 226,5 km lange 15.Etappe nach einem Solo am 11, 2 km langen Schlussanstieg. Er kam knapp zwei Minuten vor dem Belgier Mario Aerts ins Ziel, der nächstes Jahr für das Team Telekom fahren wird. Lance Armstrong überließ Botero den Etappensieg. Mit dem leuchtenden Gelben Trikot rollte der Führende der Tour inmitten all der anderen Asse über den Zielstrich. Der große Kampf in den Alpen fand nicht statt. Die Abstände an der Spitze des Klassements blieben gleich.

Mit sechs Begleitern hatte sich Botero am ersten der sieben Anstiege nach sechzig Kilometern aus dem Staub gemacht. Mit einem Vorsprung von zeitweise zehn Minuten kletterte das Septett über die Berge der zweiten und dritten Schwierigkeitskategorie. Am Fuße des mit 6,4 Prozent durchschnittlicher Steigung steilen Schlussaufstieges setzte sich Botero von seinen Begleitern ab. Keiner setzte ihm nach. Auch Lance Armstrong nicht. Denn er braucht Botero nicht zu fürchten. Zwar fuhr der Kolumbianer jetzt auf Platz sieben im Gesamtklassement vor, doch er hat elf Minuten Rückstand auf den großen Favoriten.

Die Rundfahrt ist so gut wie entschieden, und Lance Armstrong muss sich vor seinem vierten Sieg bereits vorhalten lassen, seine Überlegenheit schade dem Spektakel. So weit ist es gekommen, dass sich der Mann, der den Krebs besiegte, für seine Dominanz rechtfertigen muss: „Ich liebe das Rennen, und alles, wofür es steht. Ich werde dafür bezahlt, die Tour zu fahren. Das ist mein Job“, sagte Armstrong mit grimmiger Miene, nachdem er mit solchen Vorwürfen und Unmutsäußerungen von Zuschauern an der Strecke konfrontiert worden war.

„Ich kann mir wirklich keine Gedanken darüber machen, ob das nun schlecht für die Tour de France ist oder schlecht für den Radsport“, sagte Armstrong. „Ich habe meine Leidenschaft zu erfüllen. Vielleicht ist das der Grund, warum die Menschen an den Anstiegen so wütend auf mich sind. Der gewinnt jedes Jahr, jeden Tag. Sie wollen einen ständigen Wechsel. Doch dazu liegt mir dieses Ereignis zu sehr am Herzen. Ich gewinne nun einmal gerne, um das klarzustellen.“

Die französischen Fans stört wohl vor allem, dass kein Franzose eine Chance auf den Tour-Sieg hat. Für einen, der vor dem Start in Luxemburg zumindest als Kandidat für einen Platz auf dem Podium in Paris galt, ist zumindest die Leidenszeit jetzt vorbei. Nach seinem vierten Sturz stieg Christoph Moreau unter Weinkrämpfen vom Rad in einen Sanitätswagen. Hartmut Scherzer

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