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Nimmt Abschied vom Sport. Steffi Kriegerstein.

© Imago/Matthias Rietschel

Kanutin Steffi Kriegerstein über ihren Rücktritt: „Es fühlt sich gemein an“

Weltklasse-Kanutin Steffi Kriegerstein spricht im Interview über ihr Karriereende wegen Long Covid – und einen letzten Auftritt.

Steffi Kriegerstein, 29 Jahre alt, gewann bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio im Kanu die Silbermedaille. Aufgrund der Folgen einer Corona-Infektion gab sie nun ihr Karriereende bekannt. Kriegerstein erkrankte im Dezember 2020 und musste daraufhin ihre Teilnahme an den Spielen in Tokio absagen. Dem KC Dresden bleibt sie als Übungsleiterin einer Kindergruppe erhalten.

Frau Kriegerstein, in diesen Tagen laufen im Rahmen der European Championships die Kanurennen. Schmerzt es, dabei zusehen zu müssen?
Es ist schön zu sehen, wie der Sport bei den Wettkämpfen in München angenommen wird. Auch der Kanurennsport bekommt hier die Plattform, die er verdient. Und ja, ich betrachte es auch mit Wehmut. Ich war einmal Teil des Teams, weiß, wie gut ich war. Dass ich jetzt nicht mitmachen kann, weil mein Körper es nicht hergibt, fühlt sich gemein an.

Sie haben trotz Long Covid lange um Ihre Karriere gekämpft. Was hat Sie nun zumRücktritt bewogen?
Es war prinzipiell ein langer Prozess. Aber nachdem ich Olympia im vergangenen Jahr absagen musste, habe ich es in diesem Frühjahr wieder probiert, war im Trainingslager in der Türkei und habe auch ein paar Wettkämpfe gemacht. Doch das Problem war, dass die Regeneration bei hoher Belastung eine, manchmal sogar zwei Wochen brauchte. Viel zu lange. Und dann überlegt man so langsam, auch mit Blick auf Vertragsverlängerungen mit der Sportfördergruppe der Bundeswehr oder mit Sponsoren, ob man das noch leisten kann, was es für den Leistungssport braucht. Ich habe dann die Entscheidung getroffen, dass mir meine Gesundheit wichtiger ist.

Sie hatten sich im Herbst 2020 mit Corona infiziert. Geimpft waren Sie daher noch nicht, oder?
Es war noch ziemlich am Anfang der Pandemie. Ich weiß noch, dass sich gerade die erste Britin – eine 90 Jahre alte Frau – impfen ließ, als ich mich infiziert hatte. In Deutschland wurde aber noch nicht oder kaum geimpft.

Wie war der Verlauf der Krankheit bei Ihnen?
Fieser als bei einer normalen Erkältung. Ich hatte anfangs große Kopfschmerzen, Übelkeit, die typischen Grippe-Symptome eben. Die darauffolgende Woche hatte ich dann abwechselnd gefühlt jede Symptomatik einmal extrem, also an einem Tag extremen Schnupfen, dann extreme Gliederschmerzen, so, dass ich schon große Schmerzen verspürt habe, wenn ich nur mit meiner Hand über die Haut strich, dann wiederum war ich extrem schlapp. Es war schon ein sehr hartnäckiger Verlauf in den ersten Wochen.

Aber bald schon begannen Sie wieder zu trainieren.
Ich absolvierte das „Return to Sports“-Programm des DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund, Anm. d. R.). Das sieht vor, dass man nach 14 Tagen Quarantäne noch einmal 14 Tage pausiert und nach einem sportmedizinischen Check wieder einsteigt.

Was kam bei dem Check heraus?
Dass das Herz nicht so funktioniert, wie das vor der Erkrankung der Fall gewesen war. Das Herzvolumen war etwas kleiner als vorher. Ich hatte auch schon gespürt, dass etwas nicht stimmte. Zusätzlich fühlte ich auch vermehrt einen permanenten Druck auf der Brust, als würde ein Bügeleisen darauf liegen.

Long Covid war noch eine nahezu Unbekannte

Aber die Ärzte gaben das Okay für den Wiedereinstieg?
Ja, aus medizinischer Sicht gab es nach den Untersuchungen keine Einwände. Es gab keinen konkreten Befund. Ein kleineres Herzvolumen war für die Ärzte kein Grund, mir vom Leistungssport abzuraten. Das Problem war zu diesem Zeitpunkt, dass man noch nicht so einen Kenntnisstand hatte wie heute. Long Covid war noch eine nahezu Unbekannte.

Wie ging es anschließend weiter mit Ihrer sportlichen Karriere?
Ich habe es nochmal versucht. Aber das besagte Trainingslager in der Türkei war ein Tiefpunkt. Ich musste dort mehr schlafen als ich trainieren konnte. Ich bekam schlimme Kopfschmerzen, dabei bin ich normal gar kein Kopfschmerztyp. Auch die üblichen Medikamente, Paracetamol oder Ibuprofen, haben nicht gewirkt. Und im Grunde ging es immer so weiter. Bei höherer Belastung bekam ich meist die Quittung.

Denken Sie im Nachhinein, dass Sie sich anders hätten verhalten müssen?
Nein, ich habe mich so verhalten, wie es mir die Ärzte geraten haben. Man wusste über Long Covid noch viel weniger als heute. Klar, rückblickend kann man sagen, ich hätte vielleicht später wieder einsteigen sollen. Aber ob es dann tatsächlich anders gekommen wäre, weiß ich nicht.

Trotzdem wollen Sie Ende August bei den deutschen Meisterschaften antreten.
Ja, ich will ein letztes Mal als Leistungssportlerin antreten, und mir die komplette Packung geben. Im Einer, Zweier und im Vierer. Ich glaube nicht, dass ich mit meinem Trainingsstand allzu viel reißen werde. Aber wer weiß, mit einer Medaille liebäugele ich ein bisschen. Vor allem aber soll es mir Spaß machen. Auch wenn ich die Belastung des Wettkampfes die Tage danach noch deutlich spüren werde.

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