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Stilecht im Kreisverkehr. Beim diesjährigen Sechstagerennen sollten die Besucher nicht nur auf die Fahrer, sondern auch auf ihre Garderobe achten. Foto: dpa

© dpa

Sport: Der Sixdays-Knigge

Ein kleiner Verhaltensratgeber für das heute im Velodrom beginnende Sechstagerennen

GENERELLES

Das Wichtigste vorab: Die Berliner Sixdays feiern Geburtstag. Wenn Sie in den kommenden Tagen also einem Verantwortlichen über den Weg laufen, vergessen Sie nicht, Ihre Glückwünsche zu übermitteln. Auch die Geburtstagsrobe will sorgfältig ausgewählt sein, schließlich begeben Sie sich nicht auf irgendeine Party: Die Sixdays werden Hundert, da ist ein traditionelles Outfit angebracht. Für den Herrn empfiehlt sich ein klassischer Zweiteiler im Stil der Zwanzigerjahre, kombiniert mit Weste und Krawatte. Lassen Sie Ihre Team-Telekom-Schirmmütze im Schrank und bedecken Sie Ihr Haupt stattdessen mit einer Melone. Die Damen erscheinen ausschließlich im Rock oder Kleid, aber alles knöchellang bitte.

Sie fragen sich jetzt sicher, was das bringen soll? Ganz einfach: Jeder Besucher, der im historischem Kostüm erscheint, erhält am Sonntag für sich und seine Familie freien Eintritt. Dazu gibt es einen Getränke-Gutschein und Sie können vor dem Hauptrennen um 12 Uhr auf der Bahn flanieren. Am Sonntag endet die Veranstaltung bereits um halb sechs. An allen anderen Tagen ist erst um ein Uhr Schluss. Damit Sie trotzdem noch nach Hause kommen, fährt die Ringbahn bis tief in die Nacht hinein. Letzte Abfahrtzeit an der Landsberger Allee: 2.33 Uhr.



Was nicht geht:
Wer beim Startschuss zusammenzuckt, offenbart sich als Anfänger. Bleiben Sie also äußerlich gelassen, wenn Jens Voigt und Olaf Ludwig das Sechstagerennen heute um 20 Uhr mit einem lauten Knall eröffnen.

DER SPORT

Zum Sixdays-Einmaleins gehört es zu wissen, wann auf der Bahn die sportlichen Höhepunkte gesetzt werden – auch damit rechtzeitig Bier nachbestellt und zur rechten Zeit die Toilette aufgesucht werden kann. Hier unser Service für Sie: Heute beginnen um 21 Uhr und um 23.30 Uhr die beiden Großen Jagden. Dazwischen findet um 22 Uhr das Steherrennen statt.

Um Ihren kritischen Partner davon zu überzeugen, dass Sie tatsächlich vorwiegend wegen des Sports in der Halle sind, empfiehlt sich einer der folgenden Sätze: a) Ah ja, olle Howard und Meyer – die kommen aus Australien und sind ja bekanntlich die Weltmeister. b) Ah ja, olle Bartko – der hat ja bekanntlich vor zwei Jahren zusammen mit Ete Zabel gewonnen.

Was nicht geht: Beim traditionellen Steherrennen rümpfen Sie die Nase und sagen Sätze wie „Boah, ist das laut“ oder „Boah, stinkt das hier“. Lärm und Abgase gehören bei Motorradrennen dazu.

DIE SHOW

Auch 47 Jahre nach dem Tod seines Erfinders Reinold „Krücke“ Habisch und 37 Jahre nach dem Abriss des Sportpalastes unverrückbarer Bestandteil des Unterhaltungsprogramms: Der gute, alte Sportpalastwalzer. Doch erst die rhythmischen Pfiffe des Publikums machen diesen Klassiker komplett. Gepfiffen wird vier Mal in schneller Folge – und zwar nach den ersten zwei Takten der zweiten Walzersequenz (Wenn Sie nicht musikalisch sind, tun Sie es einfach Ihrem Nachbarn gleich).

Wenn Sie Ihren Besuch nach musikalischer Vorliebe ausrichten, hier eine Übersicht über die Hauptattraktionen auf der Showbühne mit einer Auswahl ihrer größten Hits. Freitag: City („Am Fenster“, „Casablanca“, „Der King vom Prenzlauer Berg“). Samstag: Hermes House Band („I will survive“, „Country Roads“). Montag: Frank Zander („Hier kommt Kurt“, „Marlene“, „Nur nach Hause“).

Was nicht geht: Sie ruinieren Frank Zanders traditionellen Einstiegs-Gag, indem Sie schon Sekunden, bevor er das Bierglas ansetzt, laut rufen: „Ein Zander muss schwimmen!“

DER KONSUM

Um die Aufnahme geistiger Getränke zu kontrollieren, ist auch in diesem Jahr die Sondereinsatzstaffel des Hauptsponsors im Einsatz, im Volksmund Bierpolizei. Auf Anfrage des Tagesspiegels bestätigte die Brauerei, dass beim Jubiläumsrennen zwei Beamtinnen Streife laufen. Dringende Aufforderung: Bitte verhalten Sie sich kooperativ und beantworten Sie alle an Sie gerichteten Fragen korrekt. Stellen Sie sicher, dass Ihnen nie die Luft ausgeht. Beim Pusten brauchen Sie davon reichlich.



Was nicht geht:
Sie sind deutlich unter 50, wollen sich aber dennoch sehr gut an den Abend erinnern, als CDU/CSU-Fraktionschef Rainer Barzel im Sportpalast bei seiner Ehrenrunde auf einem Herrenrad mit einem gellenden Pfeifkonzert begleitet wurde, das sofort in wohlwollenden Applaus umschlug, als Barzel „eine Tonne Bier für den Heuboden“ ausgab.

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