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Helmut Przybilski im Jahr 2021.

© Andreas Klaer

Zum Tod von Helmut Przybilski: Politik, Posaune und Zuversicht

Der erste Präsident der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung nach der Wende, Helmut Przybilski, ist im Alter von 87 Jahren gestorben. Ein Nachruf.

Helmut Przybilski war vieles, Familienmensch, Wissenschaftler, Christ und Gemeindemitglied, Stadtverordneter, leidenschaftlicher Radfahrer. Und Babelsberger – 1936 wurde er in Nowawes, das war es damals noch, geboren. Sein ganzes Leben hat er in demselben Haus, dem seiner Eltern, gewohnt, eine seltene Kontinuität. Als Kind sah er, wie der Krieg nach Potsdam kam, sah die Not der Flüchtlingstrecks, die 1945 durch die Stahnsdorfer Straße zogen, erlebte aber auch eine große Geborgenheit in seiner Familie. Erfahrungen, die ihn prägten.

Jetzt ist Helmut Przybilski am 28. März im Alter von 87 Jahren verstorben, Familie und enge Freunde waren bei ihm im Hospiz auf Hermannswerder, wo er sich für diesen letzten Weg gut aufgehoben fühlte. Er wird vielen Menschen in Potsdam fehlen, weil er all die Jahrzehnte an so vielen Ecken und Enden präsent war.

18 Jahre in der Stadtverordnetenversammlung

Seine zumindest für die Öffentlichkeit wichtigste Rolle war sicherlich die des Vorsitzenden der ersten demokratisch gewählten Potsdamer Stadtverordnetenversammlung. 18 Jahre, von 1990 bis 2008, gehörte Przybilski zur SPD-Fraktion und setzte sich vor allem für soziale Themen und Kulturpolitik ein. Er war zudem wichtiger Streiter für die Belange von Menschen mit Behinderung, um ihnen eine wirkliche, praktische Teilhabe zu ermöglichen, in allen Bereichen des öffentlichen Lebens.

Helmut Przybilski (Mitte) mit Horst Gramlich (l.) und Jann Jakobs.

© MANFRED THOMAS TSP

„Er war ein Babelsberger, der sich immer für seinen Kiez starkgemacht hat, dabei nie die das große Ganze aus dem Auge verloren hat und sich vor allem immer für die Kultur in unserer Stadt eingesetzt hat“, sagt Oberbürgermeister Mike Schubert. Und: „Helmut war es, der mich in die SPD aufgenommen hat.“

Er konnte auch streitbar sein, blieb aber stets integer.

Jann Jakobs, Potsdams früherer Oberbürgermeister.

Sein Amtsvorgänger Jann Jakobs erinnert sich an Przybilski als meinungsstarken und durchsetzungsfähigen Vorsitzenden. „Er hat die demokratischen Strukturen zur Meinungsbildung, für die er ja auch gekämpft hatte, ganz bewusst genutzt und gelebt. Er konnte auch streitbar sein, blieb aber stets integer.“

2010 durfte sich Przybilski ins goldene Buch der Stadt eintragen, eine Würdigung für sein Engagement während und nach der politischen Wende, für den Aufbau neuer Strukturen und Abläufe in der Stadtpolitik. Das tat er stets zielstrebig, mit Ausdauer und dem Bibelwort „Suchet der Stadt Bestes“ als Leitgedanken. Als Christ in der DDR aufgewachsen war es ihm ein wichtiges Anliegen, nach 1989 neue Zeiten mitgestalten zu können.

Jahrzehntelang spielte Helmut Przybilski im Posaunenchor in Babelsberg.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Dazu gehörte für ihn auch, die Vergangenheit aufzuarbeiten, aber Vergebung zu praktizieren, wenn es beispielsweise um politische Belastungen aus DDR-Zeiten ging, sagt Christian Deichstetter. Der Potsdamer Kirchenmusiker lernte Przybilski 1969 kennen, als er, aus Görlitz kommend, bei einer Chorfahrt nach Potsdam Quartier bei Familie Przybilski bekam. Nach der Wende trafen sie sich in der Potsdamer SPD-Fraktion wieder. Und zuletzt im Posaunenchor, dessen Leitung Deichstetter im vergangenen Jahr übernahm.

Seit 1952 im Posaunenchor

„Der Posaunenchor, das war Helmuts zweite Familie.“ 1952 trat er in den Posaunenchor ein, sein Instrument war die Bassposaune. Im vergangenen Jahr feierte er, als dienstältestes Mitglied, sein 70-jähriges Jubiläum. Er spielte in Kirchen und Krankenhäusern, kümmerte sich um Nachwuchsarbeit. Die Musik gab ihm Halt. Die Familie mit Kindern, Enkeln und Urenkel. Und nicht zuletzt Freundschaften.

Beruflich hatte es ihn als junger Mensch in die Wissenschaft gezogen, bis 1961 studierte er an der Technischen Universität in Berlin-West, das ging nach dem Mauerbau aber nicht mehr. Er wurde trotzdem Chemiker und arbeitete bis 1991 im Zentralinstitut für Ernährung in Rehbrücke. Danach blieb viel Zeit für die Politik, auch nach seinem Ausscheiden aus der Stadtverordnetenversammlung blieb er dabei und arbeitete viele Jahre als sachkundiger Einwohner im Kulturausschuss mit.

Er hatte Sachkenntnis – auch wenn er damit nicht unbedingt hausieren ging. Aber wer etwas wissen wollte, der durfte ihn befragen, vielleicht wurde man sogar bei ihm zu Hause empfangen, oder er stieg mal kurz vom Fahrrad ab, wenn er an einem vorbeiradelte. Und auch, wenn er kritisierte und hinterfragte, blieb am Ende der Eindruck eines Menschen, der mit sich im Reinen ist und stets ein gutes Maß Zuversicht in sich trug.

Zu seinem Abschiedsgottesdienst wird der Posaunenchor spielen, in Babelsberg natürlich, in der Friedrichskirche.

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