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An der Messstelle in der Zeppelinstraße ist die Luft sauberer als früher. Foto: Ottmar Winter PNN

© Ottmar Winter PNN

Verkehr in Potsdam-West: Datenmängel bei Zeppelinstraßen-Test

Die umstrittene Einengung der Zeppelinstraße sollte eigentlich untersucht werden. Doch seit zwei Jahren wurden weder Autos noch Fahrgäste von Bussen und Trams gezählt - und es ist auch nicht geplant. 

Potsdam - Die Evaluation der Einengung der Zeppelinstraße kommt nicht voran. Dabei hatten die Stadtverordneten verlangt, dass die Auswirkungen des Umbaus untersucht werden. Doch seit zwei Jahren wurden weder Autos noch Fahrgäste von Bussen und Trams gezählt - und es ist auch nicht geplant. Die Luft an der Hauptverkehrsstraße ist laut neuen Messungen zwar sauber als vor der Einengung, allerdings wird wohl kaum zu klären sein, ob die Maßnahme wirklich dazu führt, dass mehr Menschen dauerhaft auf Bus und Tram umsteigen. 

Vor der Einengung im Mai 2017 und unmittelbar danach im September 2017 wurden die Fahrgäste gezählt. Später hieß es, dass Ende 2018 erneut gezählt werden soll. Doch daraus wurde offenbar nichts. „Eine gezielte Fahrgasterhebung in Potsdam-West Ende 2018 wurde seitens der Stadtverwaltung und des ViP nicht geplant“, teilte die Stadtverwaltung mit.
Auch bei der Zahl der Autos setzt man im Rathaus offenbar auf Schätzungen. „Die verwendeten Zähldaten für den Zeitraum vor Realisierung der Maßnahme stammen aus den Jahren 2016/2017, die verwendeten Zähldaten für den Zeitraum nach Realisierung der Maßnahmen stammen aus den Jahren 2017/2018“, heißt es aus der Stadtverwaltung. Je nach Wochentag war in der Zeppelinstraße die Menge seinerzeit um bis 4000 Autos pro Tag gesunken. Das passte zu den Erwartungen im Rathaus. Seither ist das Erkenntnisinteresse geschrumpft: „Aufgrund der Komplexität von Verkehrsanalysen liegt eine Auswertung neuerer Zähldaten nicht vor und ist zurzeit auch nicht vorgesehen.“

Weniger Schadstoff als in allen Jahren zuvor

Vordergründig bleibt die Einengung der wichtigen Einfallstraße ein Erfolg. Denn die Schadstoffbelastung an der Messstation in der Zeppelinstraße ist zurückgegangen. Wie berichtet hat Potsdam 2019 im dritten Jahr in Folge die Grenzwerte für gesundheitsschädliches Stickstoffdioxid in der Zeppelinstraße eingehalten. Für alle zwölf Monate ergab sich ein Jahresmittelwert von 29 Mikrogramm – der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm. Es wurde also signifikant weniger Stickstoffdioxid in der Zeppelinstraße gemessen als in allen Jahren zuvor. Somit dürfte in Potsdam das Risiko für Sanktionen wie Geldstrafen durch die EU-Kommission oder gerichtlich angeordnete Fahrverbote wie in anderen deutschen Städten bis auf Weiteres ausgeräumt sein. Auch im Januar 2020 lag die Belastung dort bei 29 Mikrogramm.

Ähnlich dürftig sehen bisher die Ergebnisse eines weiteren Experiments in dem Viertel aus: Zum Jahresbeginn 2019 war die Verbindung zwischen Maybachstraße und Geschwister-Scholl-Straße zur Einbahnstraße gemacht worden – versuchsweise für sechs Monate. Mehr als ein Jahr später ist das Provisorium immer mehr zum Dauerzustand geworden.

Dabei war die neue Verkehrsregelung durchaus umstritten. Anwohner beschwerten sich über mehr Verkehr in der Kastanienallee. Andere bemängelten, dass ihre Geschäfte und Arztpraxen nun schlechter erreichbar seien und sich Fahrtstrecken verlängerten. Es gab allerdings auch Zustimmung: Kinder könnten in der Maybachstraße endlich wieder mit dem Fahrrad auf der Straße fahren. Die Stadtverwaltung rechtfertigte die Einbahnstraße damit, dass die Strecke durch das Wohngebiet immer mehr zum Schleichweg Richtung Innenstadt geworden sei. Bis zu 300 ortsfremde Autos seien zuvor jeden Morgen dort gezählt worden. 

Doch bei der Stadtverwaltung weiß man nicht, wann der Verkehrsversuch denn nun ausgewertet wird. „Die erweiterte Evaluation wurde durch das Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg beauftragt“, heißt es auf Nachfrage. Der Endbericht liege der Stadtverwaltung noch nicht vor. Ergebnisse und gegebenenfalls Änderungen in der Verkehrsführung würden den Stadtverordneten dann im Ausschuss für Klima, Umwelt und Mobilität vorgestellt. Einen Termin dafür gibt es allerdings noch nicht. Und so lange bleibt alles erstmal so wie es ist.

Eigentlich sollte das Experiment schon im Sommer vergangenen Jahres ausgewertet werden. Doch nun will man erstmal abwarten, was die sogenannten Passivsammler in dem Gebiet gemessen haben. Die Geräte können die Belastung mit Gasen wie dem gesundheitsschädlichen Stickstoffdioxid über einen längeren Zeitraum erfassen. Im Oktober 2018 wurden sie an sieben Stellen in Potsdam-West aufgestellt. Sie sollten zeigen, wie sich der Autoverkehr nach der Einengung der Zeppelinstraße in dem benachbarten Viertel verändert. Zuvor hatte es nämlich Beschwerden über Schleichverkehr durch die Wohngebiete gegeben. Doch der Messzeitraum wurde anschließend auf ein Jahr verlängert, heißt es auf Nachfrage aus der Stadtverwaltung. 


Klar ist derzeit nur, dass den Anwohnern der Kastanienallee auf absehbare Zeit eine Großbaustelle erspart bleibt. Dabei hatten die Stadtverordneten 2016 ein städtebauliches Sanierungskonzept in Auftrag gegeben. Im April 2018 stellte die Verwaltung daraufhin zwei Optionen vor. Je nach Bodenbeschaffenheit würde die Sanierung zwischen 866 000 und 975 000 Euro kosten. Die marode Fahrbahn sollte asphaltiert werden. 

Auch fast zwei Jahre später heißt es dazu aus dem Rathaus, bei der mittelfristigen Haushaltsplanung seien andere Prioritäten festgelegt worden. „Die Baumaßnahme ist auf Grund des sehr hohen Kostenaufwandes und der massiven Einwirkung auf den Baumbestand und die Parkraumsituation zurückgestellt worden.“ Auch dort bleibt also alles erstmal, wie es ist.

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