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Erträglich oder zerstörerisch? Den Hügeln im Park Babelsberg, hier am Flatowturm, sieht man deutlich an, dass sie als Rodelstrecken genutzt wurden. 

© Andreas Klaer

Potsdam und sein Welterbe: Debatte zum Umgang mit den Parks

Die Schlösserstiftung will Schäden in den Parks künftig durch strikteres Vorgehen und mehr Wachpersonal verhindern. Was PNN-Leserinnen und Leser dazu meinen.

Potsdam - Zu unserer Berichterstattung über ein schärferes Vorgehen der Schlösserstiftung zum Schutz der Welterbeparks („Mehr Wächter für das Welterbe“, 15. Februar) sowie zur Meldung über die Schäden durch das Rodeln und Eislaufen („Fast 300 000 Euro Schäden in den Parks“, 18. Februar) haben uns auch über unseren Newsletter „Potsdam Heute“ zahlreiche Lesermeinungen erreicht. 

Wir möchten dieser wichtigen Potsdamer Debatte Raum bieten und veröffentlichen daher zahlreiche Zuschriften unserer Leserinnen und Leser.

Schaufenster für artige Spaziergänger

Als alte Babelsbergerin, die neben dem Park aufwuchs, erinnere ich mich an die hier immer kurzen Schneewinter, in denen wir nach der Schule nach Bewegung im weißen Schnee lechzten. Wir rodelten im Park, wo irgendein Hügel war, und waren glücklich damit. Im Sommer war der Park am Wasser unsere Badestelle überhaupt, wir lagen auf den Wiesen, schwammen, sprangen vom Steg in Grenznähe ins Wasser, spielten Ball, Fußball auf der Wiese am Eingang Jutestraße – mit extra aufgestellten Toren – alles ohne Aufsicht. Wir liebten und wir lieben unseren Park immer noch.

Jetzt will man in der wachsenden Stadt die letzten Möglichkeiten zum fröhlichen unbeschwerten Freizeitvergnügen mitten im Lockdown verbieten?! Grünflächen werden weniger, Turnhallen und Sportplätze sind rar. Vandalen sind von sich aus böse und zerstörerisch, leider gab es sie schon immer und jeder anständige Mensch ärgert sich über sie. Für sie sind Strafen das Richtige. Aber deshalb alle in Sippenhaft zu nehmen, die hier wohnen und leben?! Welche Alternativen werden ortsnah angeboten?

Die Stiftung hat viel Schönes geschaffen, aber nun macht sie aus lebendigen Parks Schaufenster für artige Spaziergänger. Wir Anwohner kommen in den Plänen nicht mehr vor, höchstens als Störfaktoren. Bitte prüfen Sie die Verhältnismäßigkeiten insgesamt und lassen Sie die Parks nicht zu etwas Fremdem aus der Vergangenheit werden!

Sabine Groessel, Potsdam

Rodeln ist im Park Babelsberg offiziell verboten.
Rodeln ist im Park Babelsberg offiziell verboten.

© Andreas Klaer

Stiftung hat auf voller Linie versagt

Wir wohnen jetzt seit 14 Jahren direkt am Neuen Garten und haben in der Zeit miterlebt, wie dieser Parks systematisch zu Grunde gerichtet worden ist. Das Radfahren, das Picknicken, der unendlich viele Müll an einem Montagmorgen nach einem sonnigen Wochenende … Überall im Park sind neue Trampelpfade entstanden, die Uferböschungen zerstört worden und auf den ach so schönen Wiesen mit angeblich so einzigartigen endemischen Pflanzen zwischen Heiliger See und Havel wird gelagert, der Hund ausgeführt, Rad gefahren.

Und es sind nicht nur die Jungen und das Partyvolk, nein, auch gerade die Senioren, die mit ihren Fahrrädern neue Wege über Rasenflächen und Wiesen schaffen. Es ist ein Graus!!!! Und es stimmt auch, wenn man nur das geringste Wort sagt, weil ein/e Rennradfahrer/in einen auf einem verschwiegenen Spazierweg „weggeklingelt“ hat, ist der Stinkefinger noch die harmloseste Antwort. Es gibt auch Reaktionen, die ich nicht wagen würde hier zu wiederholen!

Jetzt, wo ein paar Familien das selten gewordenen Winterwetter für ein wenig Schlittenfahren ausnutzen, da kommt die Stiftung wieder aus der Deckung. Ansonsten hat sie doch auf voller Linie versagt. Gibt es mal in Potsdam Bauvorhaben (oder den Wunsch, einen Sportplatz ausreichend zu beleuchten), werden Verbote ausgesprochen und es muss immer die hochheilige Sichtachsentheorie herhalten. Aber bei den Parks wird immer nur an die Vernunft der Besucher appelliert. Man kennt doch die „broken window Theorie“ – wehret den Anfängen heißt das und es ist leider total versäumt worden. 

Und ich glaube auch nicht, das die Stiftung das mit ihrem Sicherheitsdienst in den Griff bekommt. Das sind alles ältere Männer mit schlechter Bezahlung, die verständlicherweise keine Lust, haben sich laufend aggressiv beschimpfen oder sogar tätlich angreifen zu lassen. Was sind wir nur für eine Gesellschaft geworden? Ich bin gespannt, ob der neue Chef etwas anderes anzufangen weiß. Ich befürchte Nein. Alles wird so weitergehen, viel Klagen, keine Taten!

Und im Übrigen: Wir würden auch ein Parkeintritt befürworten, meinetwegen mit günstigen Jahreskarten für Potsdamer und gratis für Bedürftige und Familien. Nirgendwo auf der Welt muss man für den Eintritt in derartige Parks nichts bezahlen.

Renate Kretschmann-Busch, Potsdam

Stattlicher Eintrittspreis zu empfehlen

Seit 1984 zähle ich mich zu den Potsdamern. Ich fühle mich hier sehr wohl und genieße die Parks der SPSG sehr. Es tut mir jedes Mal in der Seele weh, wenn ich sehe, wie unsere Bürger und auch die Touristen sich in den Parks benehmen. Um mir diesen Anblick zu ersparen, bin ich leider nur noch selten dort. Ich empfehle einen stattlichen Eintrittspreis aller Bürger. Wenn es ans Geld geht, denken sie eventuell auch mal darüber nach, was ein Weltkulturerbe für Potsdam bedeutet. Diese Bürger, die solche Schäden anrichten, haben keinerlei Respekt vor unserer Natur, nicht nur vor dem Weltkulturerbe. Parkordnungen mit langen kleingeschriebenen Texten helfen nicht, aber Symbole werden wahrgenommen.

Astrid Schönwetter, Potsdam

Mehr Schutz ist längst überfällig

Mein Lebensgefährte und ich sind geborene Potsdamer und lieben unsere Schlösser und die Parkanlagen. Was die Stiftung nunmehr auf die Beine stellen und umsetzen will, ist längst überfällig. Es dreht einem den Magen um, wie rücksichtslos und ohne jeglichen Respekt sich Menschen in den Parks benehmen. Wir finden auch, dass das Thema Eintrittsgeld dringend noch einmal aufgegriffen werden sollte, so dass die Mehrkosten dann auch hiervon finanziert werden können.

Petra Pfitzner, Potsdam

Verboten. Die Schlösserstiftung sperrte Wege wie an den Eierbergen mit Flatterband.
Verboten. Die Schlösserstiftung sperrte Wege wie an den Eierbergen mit Flatterband.

© Andreas Klaer

Abwägen zugunsten der Menschen

Unfassbar. Ich kann es einfach nicht glauben. Da gibt es nach zwei schneelosen Wintern in Potsdam zwei Wochen Schnee und alle sind glücklich. Meine dreijährige Tochter hat zum ersten Mal in ihrem Leben richtig Schnee erlebt. Ein Fest! Wir konnten von den Nachbarn einen Schlitten leihen und die Hänge vorm Schloss ließen sich wunderbar herunterrodeln! Zumindest bis dort abgesperrt wurde.

Auf der Eisfläche des Friedensteiches konnte man ein bisschen herumschlittern und sich gegenseitig auf dem Schlitten umherziehen. So schön! Bis die Polizei kommt und uns vom Eis schickt. Und dabei geht es nicht um die Umsetzung von Coronaregelungen. Die freundliche Polizistin antwortet auf unsere Nachfrage: „Das ist Privatgrund und der Besitzer möchte nicht, dass die Eisfläche betreten wird.“

Ernsthaft?! Es sind drei oder vier Tage innerhalb von drei Jahren, in denen man auf das Eis des Friedensteiches gehen kann. Wie um alles in der Welt soll denn da eine vernünftige Begründung sein, dass man die Eisfläche nicht betreten darf? Ich gebe zu, beim Auslauf der Schlittenstrecke könnte es möglich sein, dass der Rasen (der im Sommer eher einer gelben Steppe gleicht) ein wenig Schaden nimmt. Aber sollte es nicht ein Abwägen zwischen Gartenkunst und Menschenfreundlichkeit geben?

Hinzu kommt, dass die übrigen Flächen in unserer wachsenden Großstadt Potsdam, wo man einfach „sein“ darf, großzügig zurückgeschnitten werden (Volkspark, Wäldchen am Zentrum Ost). Ich frage mich so langsam: Wo soll ich denn noch hin, wenn ich mich draußen aufhalten möchte?

Antonia Simon, Potsdam

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Ignoranz der Mitbürger nicht zu verstehen

Als Anwohner in der Brandenburger Vorstadt bezeichnen mein Mann und ich den Park Sanssouci als unseren Vorgarten und behandeln ihn auch entsprechend. Dazu gehören regelmäßige Müllsammelspaziergänge im Park. Wir gehören zu den Besuchern, die Radfahrer darauf aufmerksam machen, wenn sie sich auf Wegen bewegen, fahrend oder zu Fuß, auf denen sie nicht erlaubt sind. 

Die Ignoranz, mit der viele Mitbürger dem Erhalt und der Pflege unserer Parks gegenüberstehen, ist nicht zu verstehen. Wir sind sehr froh, dass die benannten Maßnahmen organisiert werden. Leider werden dafür Mittel verwandt, die anderweitig hätten eingesetzt werden können. Aus diesem Grunde befürworten wir, dass Bußgelder ausgesprochen werden – auch wenn diese als „Geldmache“ gesehen werden. Alle Bürger, die die Anlagen nutzen möchten, müssen diese entsprechend behandeln.

Petra Haggett, Potsdam

Verhalten schlägt aufs Gemüt

Mit einer gewissen Erleichterung habe ich das Vorhaben der Schlösserstiftung aufgenommen. Ich muss sagen, dass mir das rücksichtslose Verhalten leider inzwischen vieler auf mein Gemüt schlägt, weil ich nicht eine von denjenigen bin, denen alles egal ist.

Wenn ich in diesen wunderschönen Parks spazieren gehe, tue ich das zu meiner Erbauung, für meine Seele und ganz besonders in diesen Coronazeiten habe ich als Alleinlebende das Bedürfnis nach Schönheit, nach diesem einzigartigen Flair, welches diese unglaublichen Landschaftsgemälde hier in Potsdam vermitteln. 

Aber oh weh! Hier hechelt ein Jogger ganz nah an mir vorbei, dort fährt mich fast ein Radfahrer um! Und was ich sonst noch so mit ansehen muss, zerreißt mir fast das Herz. Wenn ich an die rücksichtslosen, geschichtsvergessenen, ignoranten und egoistischen Verhaltensweisen denke, die einem jederzeit in den Parks begegnen können, ist Ärger statt Genuss und Erholung vorprogrammiert. Deshalb kann ich das Vorhaben der Schlösserstiftung nur begrüßen, ob es aber nutzt, weiß ich nicht. Die Strafen sind nicht drastisch genug. Es gibt leider kaum noch ein Bewusstsein für Werte. Vielleicht muss sich die Stadt eine Strategie überlegen, wie sie mit den Bedürfnissen, die nicht in den Parks befriedigt werden sollten, umgehen kann. Vielleicht für Jogger Sportplätze öffnen?

M. Muthesius, Potsdam

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