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Potsdam-Mittelmark: Rätsel um Ziffernblätter gelöst

Am Mittwoch wurde die restaurierte Glindower Kirchturmuhr montiert. Restaurator Matthias Boehlke ging bei seiner Arbeit bis auf den Grund

Werder (Havel) - Nach mehreren Jahren des Stillstands zeigt die Glindower Kirchturmuhr jetzt wieder Stunden und Minuten an. Der Werderaner Uhrmachermeister Matthias Buchwald ließ sich am Mittwoch auf der Bühne eines Kranes in 16 Meter Höhe bringen, um mit seinen Helfern die drei restaurierten 110 Jahre alten und 30 Kilogramm schweren Ziffernblätter in den Turmöffnungen zu verankern. In alter Schönheit wiederhergestellt wurden sie von Matthias Boehlke aus Potsdam. Schicht für Schicht hat er die alten Farben abgetragen und dabei auch ein Rätsel gelöst, das viele Glindower bewegte.

Denn vor der Restaurierung erinnerten die 1,60 Meter großen Ziffernblätter ohne Zahlen eher an eine Bahnhofs- als eine Kirchturmuhr. „Insgesamt gab es im Verlauf der Geschichte fünf Fassungen des Ziffernblattes“, sagte Boehlke. Die beiden letzten ohne Ziffern wurden wahrscheinlich erst nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebracht. Davor gab es zwei Fassungen mit arabischen Zahlen. Darunter fand der Restaurator schließlich die Originalfassung mit römischen Zahlen, die sich nur noch durch unterschiedliche Strukturen auf der Metalloberfläche der Ziffernblätter abzeichnete. In Abstimmung mit den Denkmalschützern und der Kirchengemeinde wurde diese Urfassung auf sandfarbenem Grund passend zum neogotischen Stil des 1852 errichteten Gotteshauses nun wiederhergestellt. Die Zeiger wurden entsprechend neu gefertigt.

Das irreparable, mechanische Uhrwerk hat Matthias Buchwald durch ein wartungsarmes Elektrolaufwerk mit Funkempfänger ersetzt. Der bekommt sein Signal von einem Zeichensender in Mainflingen bei Frankfurt (Main). Vor etwa fünf Jahren war die alte Uhr endgültig stehengeblieben. Bis dahin hatten ältere Herren aus der Kirchengemeinde das störanfällige Laufwerk aufgezogen, gewartet und nach Defekten immer wieder in Gang gebracht.

Gespannt beobachtete auch die Glindower Pfarrerin Andrea Paetel-Nocke am Mittwoch die Montage der Kirchturmuhr. Erst vor eineinhalb Jahren hat sie ihren Dienst in Glindow angetreten. „Mir war gleich klar, dass die Uhr wieder repariert werden muss“, sagte sie. Die bewegungslosen Zeiger der Uhr hätten suggeriert, dass die Zeit stehengeblieben sei. Doch gerade in der Heilig-Geist-Kirchengemeinde gebe es reges Leben und viel Engagement.

Im Gemeindekirchenrat sah man das genauso. Ein Spendenaufruf fand große Resonanz – 6000 Euro kamen so zusammen, weitere 4000 Euro brachte die Kirchengemeinde selbst auf. Besonders freut die Pfarrerin, dass die Uhr jetzt wieder in ihrerer Urfassung hoch über den Dächern von Glindow und pünktlich zum Adventsmarkt am Wochenende die Zeit anzeigt. Schließlich habe die Kirchengemeinde schon immer sehr auf den guten Zustand ihres vom Schinkel-Schüler August Stühler entworfenen Gotteshauses geachtet. 1985 wurde die Turmhaube, 1989 die Kirchenfenster und 1990/1991 das Feldsteinmauerwerk erneuert. Hagen Ludwig

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