zum Hauptinhalt
Gnadenfrist. 72 Eichen sollen für den Ausbau der Uferstraße am Schwielowsee gefällt werden. Die Bürgerinitiative hat sie mit weißen Kreuzen und Schleifen makiert.

© Hagen Ludwig

Potsdam-Mittelmark: Plädoyer für sanfte Variante

Bürgeriniative will einen eigenen Vorschlag zur Sanierung der Uferstraße am Schwielowsee vorlegen

Schwielowsee - Sie tragen bereits weiße Schleifen und ein Kreuz. 72 alte Eichen sollen für den geplanten Ausbau der Uferstraße zwischen Ferch und Caputh in Verantwortung des Landkreises fallen. Dass Fällungen in diesem Ausmaß tatsächlich notwendig sind, bezweifeln immer mehr Einwohner der Gemeinde Schwielowsee, aber auch Tagesgäste und Urlauber. Das wurde auf einer Zusammenkunft der Bürgerinitiative „Rettet unsere Uferstraße“, zu der gut 80 Gäste am Donnerstagabend in die Fercher Kulturscheune kamen, deutlich. Dort wurde für einen naturnahen Ausbau der Straße plädiert.

Wie berichtet ist vorgesehen, die 2,3 Kilometer lange und sehr enge Straße zwischen Flottstelle und Ferch auszubauen und auf zwei schmale Spuren aufzuweiten. Auf einem einen Kilometer langen Abschnitt ab Flottstelle soll die Straße auf 5,50 Meter Breite erweitert und teilweise begradigt werden. Dafür müssen etwa 30 Bäume gefällt werden. Im zweiten, noch deutlich engeren Abschnitt ist eine durchgehende Aufweitung nach früheren Protesten nicht mehr geplant. Um einige Uferbäume zu schonen, sind zwölf jeweils 60 Meter lange Engstellen geplant. In Richtung Ferch soll man auf den Gegenverkehr warten.

Der Ausbau ist von den Gemeindevertretern nach einer Videopräsentation des Kreisstraßenbetriebs bereits grundsätzlich befürwortet worden. Der Beschluss war einstimmig, lediglich drei Enthaltungen kamen aus der SPD-Fraktion. „Ein Fehler“, wie die SPD-Gemeindevertreterin Heide-Marie Ladner nun einräumte. „Wir hätten dagegen stimmen müssen.“

Vielen Einwohnern und Touristen ist auch diese abgespeckte Variante offenbar noch viel zu weitgehend. Sie fürchten um ein Stück einmalige Kulturlandschaft und plädieren dafür, dass der Verkehr der Landschaft angepasst wird und nicht umgekehrt. Eine entsprechende Online-Petition an die Schwielowsee-Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) und Landrat Wolfgang Blasig (SPD) zählt bereits 1329 Unterzeichner. Mitte Juni gab es es einen Protestmarsch entlang der Uferstraße, Gegner der Ausbaupläne markierten die zur Fällung vorgesehen Eichen.

Das hat die Entscheidungsträger nicht unbeeindruckt gelassen, der Termin zum Fällen der Bäume wurde vom Landratsamt verschoben. Ab Mitte September werde es jedoch wieder kritisch, denn dann ende die Ausschreibungsfrist für den Straßenausbau, sagte der Kreistagsabgeordnete der Grünen, Axel Mueller, auf der Zusammenkunft in Ferch.

Die Bürgerinitiative, die am Donnerstag per Akklamation Jörg Abel-Wiedemann zum Sprecher wählte, will jetzt einen eigenen Vorschlag für einen sanften Ausbau der Uferstraße unterbreiten – dafür wurde eine Arbeitsgruppe gegründet. Der Fercher Landschaftsarchitekt Josch Bender, der mit seinem Büro 1998 den Radweg naturnah entlang der Uferstraße konzipiert hat, sagte, es gebe in dieser Hinsicht noch viel Gestaltungsspielraum.

Eine zweite Arbeitsgruppe der Bürgerinitiative soll parallel dazu dieMöglichkeiten ausloten, rechtlich gegen den in der jetzigen Form geplanten Straßenausbau vorzugehen. Unter anderem wurde über die Chancen diskutiert, bei Bedarf per einstweiliger Verfügung einen Baustopp zu erzwingen. Der Naturschutzbund (Nabu) würde bei entsprechenden Erfolgsaussichten eine Klage unterstützen, sagte dessen Landesvorsitzender Friedhelm Schmitz-Jersch.

Primär setze die Bürgerinitiative jedoch auf eine politische Lösung, hieß es am Donnerstag. „Gemeindevertreterbeschlüsse können auch geändert werden“, sagte Jochen Teichler aus Caputh.

In einem am Donnerstag abgeschickten Brief an Landrat Blasig bittet die Inhaberin des Hotels „Landhaus Ferch“, Diana von Bohlen, im Auftrag der Bürgerinitiative darum, dass mit dem Fällen von Bäumen und dem Ausbau der Kreisstraße nicht begonnen wird, bevor alle erforderlichen Genehmigungen und auch die Stellungnahmen der Naturschutzverbände vorliegen. „Noch verantwortungsvoller wäre indessen, wenn Sie den bisher geplanten Ausbau der Kreisstraße einstweilen aussetzen würden, bis alle rechtlichen Fragen hinreichend geklärt sind“, heißt es in dem Brief. Ziele der Bürgerinitiative seien unter anderem die Sanierung der Uferstraße in der bestehenden Trasse und die Beibehaltung der bestehenden Straßenbreite.

Der Vorsitzende des Gemeinderats, Roland Büchner (Bürgerbündnis Schwielowsee), stellte sich in der Kulturscheune kritischen Fragen, verteidigte den Grundsatzbeschluss zum Ausbau der Uferstraße und erinnerte daran, dass bei der ersten Ausbauvariante noch 150 Bäume fallen sollten. Zudem sei das geänderte Ausbauprogramm im August vergangenen Jahres auf einer Bürgerversammlung überwiegend auf Zustimmung gestoßen. Büchner räumte aber auch ein: „So weit sind wir gar nicht auseinander.“ Die Pläne, an der Uferstraße massiv Leitplanken aufzustellen, würden auch bei ihm auf Widerstand stoßen.

Die Bürgerinitiative hofft jetzt auf ein Gespräch mit Landrat Blasig und Vertretern der Gemeinde. Bürgermeisterin Hoppe sagte am Freitag den PNN, sie habe aus Bad Belzig noch keine Terminzusage bekommen. Auch ein vom Landrat angekündigter Brief an die Gemeinde sei noch nicht eingetroffen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false