zum Hauptinhalt

Potsdam-Mittelmark: Parteiaustritt schwächt SPD-Fraktion

Werderaner SPD-Mann der ersten Stunde Joachim Raupach will bei Freien Bürgern mitwirken

Werder (Havel) - Der SPD in Werder ist ein prominentes Mitglied abhanden gekommen: Joachim Raupach ist am 1. April aus der Partei ausgetreten. Der 73-Jährige, SPD-Mitglied seit 1990 und in Werder bestens vernetzt, begründete den Parteiaustritt gestern mit Differenzen im Ortsverband. Durch den Rücktritt ist die SPD/Grünen-Fraktion der Stadtverordnetenversammlung auf vier Leute geschrumpft. Denn Raupach sollte am 1. April an sich für die SPD-Stadtverordnete Jutta Bours-Wein nachrücken, die aus persönlichen Gründen ihr Mandat niedergelegt hatte. Er übernahm zwar das Mandat, trat aber zugleich aus der Partei aus. Raupach wird stattdessen bei der Fraktion „Freie Bürger“ mitwirken.

Er sprach gegenüber den PNN von Problemen in der Parteiarbeit. So sei er vor etwa einem Jahr als sachkundiger Bürger aus dem Bildungs- und Sozialausschuss ausgeschlossen worden. Die Fraktionen dürfen für die Ausschussarbeit solche Fachleute hinzuziehen. „Erfahren habe ich von dem Ausschluss nicht von der Fraktion, sondern vom Bürgermeister.“

Zuvor habe es Differenzen zum Umgang mit einem Zwischenfall an der Carl-von-Ossietzky-Oberschule gegeben: Einzelne Schüler hatten an einem Projekttag Mitarbeiterinnen des jüdischen Museums mit antisemitischen Parolen beleidigt. Die Schüler und die Schulleitung hatten sich danach entschuldigt. „Ich hatte mich gegen eine Beschlussvorlage von Fraktionsmitgliedern gestellt, die ganze Schule für den Vorfall in die rechte Ecke zu stellen“, so Raupach, der bis zu seinem Ruhestand am Werderaner Ernst-Haeckel-Gymnasium Geschichte, Deutsch und Politik unterrichtet hatte.

Raupach kritisierte, dass die SPD-Arbeit in Werder mittlerweile von Zugezogenen dominiert werde. „Es fehlt der Bezug zu den Bürgern.“ Probleme habe er auch mit der SPD-Politik auf Landes- und Bundesebene. „Was Kanzlerkandidat Steinbrück abliefert und der Ministerpräsident beim Großflughafen fabriziert, stößt mich ab.“ Noch vor zwei Jahren hatte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) Raupach für seine Nachwende-Verdienste für Werder und den Landkreis gewürdigt und ihm das „Bundesverdienstkreuzes am Bande“ verliehen.

1990 war der Werderaner in die SPD eingetreten und wurde sofort in die Stadtverordnetenversammlung und den Kreistag gewählt, in beiden Gremien wirkte er bis vor viereinhalb Jahren mit, im Kreistag lange als Vorsitzender. Raupach ist bis heute im Heimatverein, im Förderverein des Haeckel-Gymnasiums und im Freundeskreis Bismarckhöhe aktiv. Viele Einheimische kennen ihn als Zeremonienmeister des Karnevalsclubs, das Amt hatte er 40 Jahre lang inne.

Für die Freien Bürger werde er im Bildungs- und Sozialausschuss aktiv werden. Er sei besonders gespannt auf die Diskussionen zum Thema Schulessen und Nachtragshaushalt, so Raupach gegenüber den PNN.

Von Werderaner SPD-Mitgliedern wurde Raupach gestern als „streitbarer Mensch“ beschrieben, der mit seiner „belehrenden Art“ in den vergangenen Jahren manchen vor den Kopf gestoßen habe. Offiziell gab es nur verhaltene Statements. Stadtverbandsvorsitzender Robert Dambon bedauerte den Rücktritt. „Herr Raupach ist ein Sozialdemokrat der ersten Stunde, sein Parteiaustritt tut mir leid.“ Dambon sprach von einem „klaren Schnitt in einer schwierigen Situation“.

SPD/Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Spiegel sagte: „Das ist seine Entscheidung, die ich zu respektieren habe.“ Dinge innerhalb der Fraktion werde sie nicht mit der Presse bereden. An den Kräfteverhältnissen im Stadtparlament mit seinen 29 Sitzen wird sich durch Raupachs Rochade nichts ändern. Die CDU bleibt mit 16 Sitzen stärkste Kraft. Die Freien Bürger haben nunmehr vier, die Linken fünf Sitze.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false