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Faire Verkäuferinnen. Sarah Oltermann und Manuela Zellmann (r.).

© Tobias Reichelt

Potsdam-Mittelmark: Nützliches aus Müll

Für Menschen in Not näht Manuela Zellmann in ihrem Weltladen Schutzengel

Teltow - Am Anfang war es nur ein großer Sack voll Stoff, sagt Manuela Zellmann. Viele bunte Fetzen lagen darin, wild durcheinander. Zu klein, um daraus noch Sofakissen oder Kleider zu nähen. Nutzlos, wertlos, bereit für den Müll. Nicht bei Manuela Zellmann. Mit Nadel und Faden, mit Engagement und Begeisterung hat die 52-jährige Inhaberin des Weltladens in Teltow – einem Fachgeschäft für fairen Handel – aus den Resten wieder etwas Nützliches für Menschen in Not geschaffen. Schutzengel aus Stoff mit Symbolkraft für die, die helfen wollen.

Vorsichtig dreht Benjamin Raschke einen der bunten Stoffengel in seiner Hand hin und her. „Die Wertsteigerung die da drin steckt, geht ja weit über den eigentlichen materiellen Wert hinaus“, sagt der Vorsitzende der Brandenburger Grünen. Am gestrigen Donnerstag war der Politiker in Zellmanns Weltladen zu Gast, um sich dort über Müllvermeidung und Ressourcennutzung durch das sogenannte Upcycling zu informieren.

Bei dieser Form des Recyclings geht es ähnlich wie bei der Plastiksammlung darum, Abfall in neue Produkte umzuwandeln – mit dem Unterschied, dass es dabei zu einer Wertsteigerung kommt und Müll gar nicht erst anfällt. So wie bei Zellmanns Engeln. Zum Preis von etwa 3 bis 16 Euro sind die Stofffiguren bei ihr zu haben. Ein Drittel des Erlöses geht direkt an das Hilfsprojekt Preda auf den Philippinen. Mit dem Rest wird die Arbeit des Weltladens unterstützt. Allein durch die Engel kamen rund 260 Euro zusammen.

Wie viel Müll sie mit ihrer Schutzengel-Produktion vermieden hat, kann Zellmann nicht sagen. Kunden hätten ihr die Stoffreste in den Laden in der Feldstraße gebracht. Seit 14 Jahren betreibt sie dort in ihrem Wohnhaus das Fachgeschäft – auch das ist eine Art Upcycling-Projekt.

Dort, wo sich im hinteren Teil des Hauses einst eine überdachte Terrasse befand, hat die Familie einen Verkaufsraum ummauert. Darin stehen Regale mit exotischen Naschereien wie getrockneten Mangostreifen oder süßlich duftender Schokolade. Daneben stapeln sich Kaffeepakete aus Äthiopien und ZitronengrasIshpink-Tee vom Amazonas. Alles fair gehandelt, damit die Bauern vor Ort von ihrer Arbeit leben können.

Manchmal leistet der Käufer der Produkte sogar noch mehr, sagt Sarah Oltermann. Die 22-Jährige hilft ab und zu im Weltladen und beim Verkauf der Schutzengel aus. Sie selbst war auf den Philippinen, um dort das Projekt Preda zu unterstützen. Nicht nur mit den Engeln, sondern auch durch den Verkauf der Mango-Naschereien, flößen Spenden, sagt sie. Vor Ort wird damit sexuell missbrauchten Mädchen geholfen. Auch junge Kleinkriminelle werden wieder von der schiefen Bahn geholt. Gleichzeitig wird Mangobauern ein auskömmliches Leben ermöglicht und ihren Kindern der Zugang zu Schulen.

Der Weltladen bietet indes weit mehr als nur fair gehandelte Produkte an. So lädt Zellmann regelmäßig zu Info- oder Filmabenden ein. Es gibt auch eine Bücherecke, der Erlös wird gespendet. Wer im Gegenzug Bücher bringt, bekommt eine Tasse Tee oder Kaffee frei Haus.

Manuela Zellmann denkt darüber nach, ihr Upcycling-Projekt zu erweitern. Eine Nähmaschine steht bereit, um alte Kleider für neue Leute passend zu schneidern. Auch Ideen für Schals und Einkaufsbeutel aus Stoffresten hat sie. Wer will, kann schon jetzt andere Upcycling-Produkte kaufen, zum Beispiel Vasen aus Altglas, gefertigt in Bolivien. Es gibt auch Taschen aus Getränkepackungen, Reissäcken, Lkw-Reifen oder Nummernschildern.

Günstig sind die Produkte nicht. So schlägt eine Tüte Mangostreifen mit 3,40 Euro zu Buche. Ein halbes Pfund Kaffee kostet 4,70 Euro. Das gute Gewissen gibt es allerdings gratis. „Es wäre viel für die Menschen getan, wenn jeder nur einen Teilbereich seines Lebens auf Produkte aus fairem Handel umstellt“, sagt Zellmann. Und wenn es nur die Naschereien sind. Tobias Reichelt

Am Mittwoch, dem 30. Juli, hält Martin Rücker von Foodwatch um 15 Uhr einen Vortrag im Weltladen, Feldstraße 24.

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