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Potsdam-Mittelmark: Nicht pflegen sondern zuhören

Ehrenamtliche Pflegebegleiter jetzt auch in Michendorf / Ab 1. März mit Telefondienst

Michendorf - Bundesweit gibt es seit einiger Zeit ein Modellprojekt, mit dem die Ausbildung ehrenamtlicher Pflegebegleiter gefördert wird. Auch in Michendorf hat mittlerweile der erste Kurs, den die Evangelische Kirchengemeinde angeboten hat, seinen Abschluss gefunden. Acht Männer und Frauen aus Michendorf, Fichtenwalde, Beelitz und Potsdam haben fast siebzig Stunden – zumeist an Wochenenden – in den vergangenen Monaten über Krankheit, Tod und Trauer sowie über rechtliche Fragen gesprochen. Dabei ging es auch um eigene Erfahrungen in der Pflege, die fast alle Teilnehmer mitbrachten, und vor allem auch darum, wie die Hilfe von Pflegebegleiter für pflegende Angehörige genau aussehen kann.

Geleitet wurde der Kurs vom evangelischen Pfarrer Michendorfs, Uwe Breithor, und Christel Rössel, die in der Erwachsenenbildung tätig ist. Während in anderen Gebieten die Arbeiterwohlfahrt und ähnliche Organisationen solche Kurse angeboten haben, sei es für den Gemeindekirchenrat in Michendorf sehr wichtig, die Trägerschaft für die eigene Region und somit Verantwortung für gesamtgesellschaftliches Handeln zu übernehmen, betont Anette Gerlach von der Michendorfer Kirchengemeinde.

„Die Diagnose unheilbarer Erkrankung, verbunden mit einer langen Pflegezeit, führt Angehörige oft an die Grenze ihrer Kräfte und Möglichkeiten. Jede freie Minute, die man sich ,organisiert’, ist zumeist verbunden mit schlechtem Gewissen“, erläutert Anette Gerlach. Für die Fachkenntnisse zur Pflege selbst gebe es Ratgeber und Fachpersonal, das mit Rat und Tat zur Seite steht, aber die Seele der pflegenden Angehörigen komme oft zu kurz. „Das Gefühl, sich selbst zu verlieren, ist keine Einzelerscheinung. Eingebunden in unendlich schwere Pflichten gibt es oft niemandem zum Zuhören oder niemanden, der die Schwierigkeiten versteht und eine seelische Hilfe bieten kann. Und diese Situationen werden in unserer Gesellschaft mehr, in der die Menschen älter werden.“ Ziel ihrer Hilfe seitens der Pflegebegleiter sei es nicht, die Pflege selbst zu übernehmen, bei Unsicherheiten oder Fragen zu dieser Thematik könnten sie jedoch auf Spezialisten verweisen. „Die Hilfe, die sie bieten können, ist das Zuhören. Pflegebegleiter sind nicht in das Pflegegeschehen und in die familiären Strukturen eingebunden. Sie haben Zeit für die pflegenden Angehörigen, um Kraft für das Weitermachen zu geben und zwar so, dass die eigene Person dabei nicht auf der Strecke bleibt“, heißt es in der Pressemitteilung.

Ab dem 1.März wird nun ein regelmäßiger Telefondienst eingerichtet. Die Pflegebegleiter sind unter der Nummer (033205) 54503 dienstags und donnerstags in der Zeit von 18 bis 20Uhr erreichbar. Diese Telefonate können der ersten Kontaktaufnahme dienen, der weitere Gespräche nach Vereinbarung je nach Wunsch der Anrufenden folgen können.

Dieser Tage werden in Arztpraxen, Apotheken, Pflegestationen und anderen Orten der Region Michendorf Flyer ausgelegt, denen Interessierte weitere Informationen entnehmen können. Das gesamte Projekt ist auch im Internet ausführlich vorgestellt (http://www.pflegebegleiter.de).

Die Pflegebegleiter, die den Kurs auch für ihre eigene Entwicklung als ausgesprochen wertvoll betrachteten, unterstrichen das von Pfarrer Breithor gezogene Fazit „Experiment geglückt“. Sie werden von ihm und Christel Rössel weiterhin betreut und treffen sich monatlich zur Weiterbildung und zum Erfahrungsaustausch. Dem ersten Ausbildungskurs wird ein weiterer folgen, wieder übernimmt die Kirchengemeinde die Trägerschaft. Nähere Informationen sind telefonisch unter der Nummer (033205) 62476 zu erhalten.

Pfarrer Breithor äußerte seine Anerkennung für das Engagement der acht Teilnehmer, „denn ehrenamtliche Tätigkeit, die Bereitschaft, die eigene Freizeit für sinnvolle und wichtige Aufgaben zur Verfügung zu stellen, ist keine Selbstverständlichkeit“ wie er betonte. Beim „Runden Tisch der ambulanten sozialen Dienste“ in Beelitz-Heilstätten, zu dem das Landratsamt eingeladen hat, soll das Projekt am 24. Februar noch einmal ausführlich dargestellt werden. wh

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