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Potsdam-Mittelmark: Lobbyarbeit bei Horst Köhler

Der Rehbrücker Denkmalschützer Bernd Henning ist beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten

Der Rehbrücker Denkmalschützer Bernd Henning ist beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten Von Volker Eckert Nuthetal/Berlin - Bernd Henning sagt von sich, er sei über die Jahre immer sensibler geworden: „Mittlerweile versuche ich natürlich, jeden alten Stein zu erhalten, jeden Ziegel.“ Dann rennt er aus dem Zimmer und kommt mit einem Dachziegel von 1931 wieder. Solche Sachen würden bei Sanierungen manchmal einfach weggeworfen, dabei würden sie noch hunderte von Jahren halten, erregt sich Henning. Man glaubt ihm sofort, wenn er sagt, der Denkmalschutz sei sein Lebenselixier. Das ist jetzt auch Bundespräsident Horst Köhler aufgefallen. Heute ist Henning zum Neujahrsempfang beim Bundespräsidenten eingeladen. Zusammen mit Menschen aus ganz Deutschland, die sich in besonderem Maße für das Allgemeinwohl engagieren. Henning scheint die Sache gelassen zu sehen, auf die Frage nach Nervosität schaut er ein wenig abschätzig. Die drei Sätze, die er mit Horst Köhler wird wechseln können, will er versuchen zu nutzen, um seine Sache voranzubringen. Sein wichtigstes Projekt ist die Denkmalwacht, eine Art Tüv für erhaltenswerte Bauten. 1999 hat Henning dafür einen Verein mit Sitz in Bergholz-Rehbrücke gegründet, aber eigentlich sei er schon seit 15 Jahren an dem Thema. Es geht darum, ein System zu entwickeln, um die sensible Substanz historischer Bauten besser zu schützen. Gerade an alten Gebäuden würden häufig Schäden nagen, die von außen kaum zu erkennen sind: undichte Stellen in Dach oder Gemäuer, Schwamm oder Pilze im Holz. In Deutschland ist nach Hennings Überzeugung die finanzielle Förderung noch zu stark auf die (einmalige) Sanierung ausgerichtet. Was danach geschehe, würde durch niemanden kontrolliert. Zurzeit arbeiten Henning und seine Mitstreiter daran, Handwerker darauf zu schulen, solche Schäden früh zu erkennen und mit historischen Materialien zu arbeiten. Die Rahmenbedingungen dagegen änderten sich erst langsam. Die Politik habe da bisher erst „ein bisschen was begriffen“. Bernd Henning (47) fing nach dem Studium beim Ost-Berliner Kirchenbauamt an und wirkte in den folgenden Jahren an der Sanierung vieler Gotteshäuser in ganz Brandenburg mit. Mitte der 90er begleitete er auch die Restaurierung der Bergholzer Dorfkirche. Ganz zufrieden ist er aber nicht mit dem, was sich seit den 90er Jahren im Ort getan hat: „Da wurden andere Schwerpunkte gesetzt“, sagt er diplomatisch und spielt auf das Neubaugebiet an. Aber niemand muss Bernd Henning erzählen, dass die Zeiten gerade nicht die besten für den Denkmalschutz sind. Er gelte als wirtschafts- und fortschrittsfeindlich, sagt er selbst. Dabei gebe es Untersuchungen, nach denen jeder Fördereuro ein Mehrfaches an privaten Investitionen nach sich ziehe. Und außerdem: „Warum kommen die Leute denn nach Potsdam?“ Mehr Verständnis für den Denkmalschutz zu wecken ist auch ein Ziel der Jugendbauhütten. Die in Brandenburg aufzubauen ist seit einigen Jahren Hennings Job. Junge Menschen können hier über ein freiwilliges Jahr miterleben, wie alte Gebäude vor dem Verfall gerettet werden. Um zu verdeutlichen, was man dort lernt, muss Bernd Henning wieder seinen Stuhl verlassen. Sein Büro in Babelsberg ist in einem umgebauten, alten Pferdestall untergebracht, ein etwa 100 Jahre alter Fachwerkbau. Jetzt ist er zur Wand gelaufen und zeigt auf die alten Ziegelsteine: „Das wird heute oft durch Betonstein ersetzt, der ist aber nicht atmungsaktiv.“ Vielleicht sollte er Horst Köhler mal auf eine Tasse Kaffee einladen.

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