zum Hauptinhalt

Von Gabriele Hohenstein: Jung und aggressiv

27-jähriger Potsdamer schweigt vor dem Landgericht zum Vorwurf des versuchten Raubes in Geltower Spielcasino

Schwielowsee – Bislang gibt es nur Indizien. Christian S. – 27-jähriger Potsdamer, derzeit im Untersuchungsgefängnis in Brandenburg (Havel) – schweigt zum Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Der hagere Spielsüchtige soll in der Nacht des 15. September 2008 mit einem Komplizen einen Angestellten der Spielhalle in der Geltower Hauffstraße überfallen und Geld gefordert haben.

Der unbekannt gebliebene Mittäter soll den russisch-stämmigen Igor S. (58) kurz vor Ende seiner Schicht im Casino mit einem Küchenmesser bedroht haben. Währenddessen soll Christian S. seiner Forderung mit einer Pistole Nachdruck verliehen und dem Mann angekündigt haben, ihn zu töten, falls er nichts Bares herausrücke. Igor S. wehrte sich gegen die Eindringlinge, wurde dabei erheblich verletzt. Die Täter flohen nach dem erfolglosen Coup. Beamte eines Mobilen Einsatzkommandos und Zielfahnder des Landeskriminalamtes stellten Christian S., der Kontakte ins Drogenmilieu haben soll, nach intensiven Ermittlungen und Observationen am 6. November vorigen Jahres auf offener Straße in Potsdam. Er leistete keinen Widerstand.

Seit gestern muss sich Christian S. wegen versuchten schweren Raubes sowie gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten. Bei einem Schuldspruch droht ihm eine Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren. Ein Geständnis – so der Kammervorsitzende – würde allerdings einen Strafnachlass bedeuten. Noch besser wären seine Chancen, würde er den Namen des bisher unbekannten Komplizen nennen.

Doch der 27-Jährige – er wird von zwei Rechtsanwälten verteidigt – möchte nichts sagen. Stattdessen lauscht er mit gefurchter Stirn der Aussage des Spielhallen-Angestellten Igor S. Die zieht sich über Stunden hin, wird von der Darstellungskunst des Überfallenen dominiert, den es nicht auf dem Zeugenstuhl hält. Gestenreich und mimisch eindrucksvoll demonstriert der Russe, was er in jener Nacht erleiden musste. Sein Redefluss ist kaum zu stoppen, erregt letztlich den Unwillen des Vorsitzenden Richters.

Heraus kristallisiert sich schließlich: Die zwei Maskierten, die gegen 4.50 Uhr an jenem Herbstmorgen gewaltsam in die Geltower Spielhalle eindrangen, seien jung und aggressiv gewesen. Sie hätten ihn angebrüllt und Geld verlangt. Der Größere mit den hellen Augen habe mit einer Pistole auf ihn eingeschlagen, der Kleinere versucht, mit einem 30 bis 40 Zentimeter langen Messer auf ihn einzustechen.

Bei der Polizei redete der Überfallene noch von einem Stock, mit dem auf ihn eingedroschen wurde. Vor Gericht weiß er das nicht mehr genau. Beide „Banditen“ hätten so gesprochen, wie es in Berlin und Brandenburg üblich sei. Sie seien auf die Wechselgeld-Kasse fixiert gewesen. Sein Hinweis auf die Überwachungskamera habe die Täter nicht interessiert.

Doch der Angeklagte war Stammkunde im Geltower Spielkasino. Er verzockte wesentlich mehr, als er gewann. Er wusste, wo sich der Safe mit den Haupteinnahmen befand. Dass der größere der Täter Christian S. sein könnte, kam Igor S. anfangs nicht in den Sinn. Er habe ihn stets als höflich und kultiviert erlebt, voller Liebe für seinen Hund.

Im vorigen Jahr wurde ihm mitgeteilt, die Polizei habe bei Christian S. eine Pistole gefunden, an der sich DNA-Spuren des Russen befanden. Nach einem vom Gericht ausdrücklich geforderten Blick in die Augen des Angeklagten versichert das Überfall-Opfer: „Das sind die Augen des Täters.“ Auf Rückfrage eines seiner Verteidiger rudert Igor S. zurück, räumt ein, der große Räuber habe ebensolche Augen gehabt wie der Angeklagte.

Die Verhandlung vor dem Landgericht wird am kommenden Montag mit der Befragung weiterer Zeugen fortgesetzt.

Gabriele Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false