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Potsdam-Mittelmark: Abgang in die Offensive

Kleinmachnows CDU-Fraktion löst sich auf und gründet neue Wählergruppe

Kleinmachnows CDU-Fraktion löst sich auf und gründet neue Wählergruppe Von Peter Könnicke Kleinmachnow. Das Ende war sieben Minuten lang. So lange dauerte die Sitzung der Kleinmachnower CDU-Fraktion. Dann gab es diese nicht mehr. Am Dienstagabend verkündete Viktoria Brammer als amtierende Vorsitzende die Auflösung der CDU-Fraktion der Kleinmachnower Gemeindevertretung – kurz vor Ablauf der fünfjährigen Legislaturperiode. Mehr noch: Neben ihr erklärten die Abgeordneten Peter Antweiler und Matthias Kleemann ihren Parteiaustritt. Auch der Alt-Vordere Bernd Jentzsch gab sein Parteibuch ab, ebenso der Ex-CDU-Bürgermeister-Kandidat Thomas Barth (PNN berichteten). Der Rückzug ist zugleich ein Schritt in die Offensive: Zusammen mit 13 Freunden und Sympathisanten gründeten die Ex-CDU-Fraktionäre die freie Wählergruppe „PRO Kleinmachnow“. Beides – Fraktionsauflösung und Parteiaustritt – hatte sich angekündigt, dennoch ist der Vollzug ein Paukenschlag in der örtlichen Kommunalpolitik: Zeitpunkt, Gründe und das Echo sind äußerst brisant. Bereits vor Wochen hatte die CDU negative Schlagzeilen zu beklagen, als in Teltow die komplette Fraktion des Stadtparlamentes zurücktrat und ihr Parteibuch abgab. Sieben Wochen vor den Kommunalwahlen offenbart sich in der Kleinmachnower CDU, dem Basisverband von Partei-Landeschef Jörg Schönbohm, eine tiefe Kluft zwischen alt-gestandenen Mitgliedern und „neu zugezogenen Politprofis“, wie Bernd Jentzsch sie nennt. Den Graben „verkörpert“ die Kandidatenliste, die der örtliche Parteivorstand für die Kommunalwahl aufgestellt hat und wie sie mehrheitlich von den Mitgliedern beschlossen wurde. Lediglich Bernd Krüger, der sich dem Austritt seiner Fraktionskollegen nicht anschloss, findet sich als amtierender Gemeindevertreter und bekannter Ortspolitiker wieder. Der Anteil von 90 Prozent an Neubürgern auf der CDU-Bewerberliste sei „überproportional“, die Aufstellung der Spitzenkandidaten lässt für eine harmonische Entwicklung wenig hoffen“, befürchten die PRO-Aktivisten. Mehr Politiker und Parteisoldaten als Bürger würden ins Kommunalparlament befördert, sorgt sich Matthias Köber über die künftige Mandatsverteilung, weshalb er sich für „PRO Kleinmachnow“ einsetzt. Die Gründe, mit denen die Aussteiger ihren Schritt erklären, lassen die Kleinmachnower CDU in unschönem Licht erscheinen. Nach 30-jähriger Parteimitgliedschaft macht Brammer in den CDU-Reihen eine „unerträgliche Überheblichkeit und fehlende Bereitschaft aus, sich von Vorurteilen zu trennen“. Die Kleinmachnower CDU sei dabei, sich von christlichen Werten zu verabschieden. So wäre es ein unverzeihlicher Fehler gewesen, als CDU-Gemeindevertreter Peter Antweiler in der laufenden Wahlperiode vom Ortsparteichef gedrängt worden sei, sein Mandat abzugeben und für den jetzigen Spitzenkandidaten Ludwig Burkardt Platz machen. Von diesem Moment an habe es nur noch einen „spontanen Dialog“ zwischen Parteivorstand und Fraktion gegeben. Antweiler holte vor fünf Jahren die meisten Stimmen für die Orts-CDU. Die nun zurück getretene Fraktion habe bei all ihren Entscheidungen immer das „Wohl der Gemeinde im Auge gehabt“. Auch dem Bau des Ortszentrums, um das kontrovers diskutiert wurde, haben die CDU-Gemeindevertreter zugestimmt und dabei die mehrheitliche Akzeptanz ihrer Basis im Rücken gehabt, erinnert Brammer. Um so verwunderlicher sei es, wenn nun aus den eigenen Reihen das „Großbauprojekt und somit auch wir als Gemeindevertreter angegriffen werden“. Für sie sei „Politik die Kunst des Machbaren“, sagt Brammer, „vertretbare Kompromisse sind besser als eine ideologisch bedingte Totalverweigerung“. Letzteres, so die Sorge, werde zunehmend die Kleinmachnower Kommunalpolitik bestimmen, ein „sach- und lösungsorientiertes Politikverständnis“ werde nicht mehr gefragt sein – weder bei der CDU, noch bei anderen zur Wahl antretenden Parteien. Dem will die parteiunabhängige Wählergruppe „PRO Stahnsdorf“ entgegen treten. Als gleichnamige Fraktion wollen die drei Gemeindevertreter bis zum 26. Oktober ihre Parlamentsmandate weiter wahrnehmen und nach den Neuwahlen möglichst ihre Abgeordnetenarbeit fortsetzen. Denn neben dem Ex-Bürgermeister-Kandidaten Barth stehen Kleemann, Brammer und Antweiler auf der Bewerberliste der PRO Kleinmachnow-Gruppe. Auch Bernd Jentzsch sehe sich gezwungen, in die Kommunalpolitik zurück zu kehren, nachdem er sich Anfang der 90er Jahre aus dieser verabschiedet hatte – „mit der Hoffnung, dass das Feld gut bestellt wird“. Jetzt müsse er feststellen, dass „das Feld mit den falschen Früchten bestellt ist“. Das Echo, das Brammer, Antweiler und Kleemann am Dienstagabend erfuhren, habe sie ermutigt und bestätigt. „Ich habe Sympathie für die neue Gruppe“, gesteht Dieter Eggert, Leiter des Kleinmachnower Bauhofes und CDU-Mitglied. Sein Sohn Marco Eggert kandidiert für PRO Kleinmachnow. Auch der ehrwürdige und verdienstvolle Christdemokrat applaudierte nach Brammers Abschiedsrede. „Was in der Kleinmachnower CDU abläuft, ist nicht mehr schön“, beklagt auch Horst Lüscher, der seit Jahrzehnten in der Partei ist. Auch er überlege, der Partei den Rücken zu kehren. Lüscher ist Ehrenvorsitzender der Kleinmachnower CDU.

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