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Kultur: „Wir sind immer so nachgiebig“

Die Offensive des Geistlichen Rat Walter Lang gegen Lessings Ringaparabel in der „arche“

Die Offensive des Geistlichen Rat Walter Lang gegen Lessings Ringaparabel in der „arche“ Anhänger des „Modernismus“ würden die Argumentation des Münchners Walter Lang sicher erzkonservativ, ihn selbst einen Hardliner nennen, als er sich in der „arche“ über das Thema „Christlicher Glaube und interreligiöse Kontakte" verbreitete, ein Thema, welches zwei wichtige Fragen beantworten sollte: Ob alle Gläubigen der Welt, gleich welcher Konfession, zum selben Gott beteten, ob zweitens „das Heil“ in allen Religionen oder ausschließlich „im Christentum“ zu finden sei, worunter ein guter Katholik selbstredend die Dogmen des Heiligen Stuhls versteht. Fügt man allerdings seinen Titel „Geistlicher Rat“ hinzu - wie man die Mitglieder einer Körperschaft zur Beratung ihres Bischofs nennt - so wird zumindest der geringe Spielraum klar, in dem sich der Theologe geistlich und auch kirchenpolitisch bewegt: Allein die katholische Kirche sei berufen, das Heil der Menschen zu fügen (außerhalb ihrer nicht), das Lehramt des Papstes gilt als „unfehlbar", interreligiöse Kontakte sind abzulehnen, da weder Islam und Judentum noch die „asiatischen Religionen“ auch nur ein Gran von ihrer Dogmatik abwichen: „Nur wir Christen geben alle nach, besonders die Katholiken“. Damit ist die erste Frage mit Nein, die zweite mit Ja beantwortet. Immerhin deutete er an, dass es innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz Meinungsunterschiede gibt, z.B. zwischen Kardinal Ratzinger und ihm. Lang selbst gab zu, die neue Islam-Politik des Papstes so wenig zu verstehen wie dessen Segen auf den Sudan, ein Land grausamster Christenverfolgungen. Dabei waren seine Abgrenzungen einleuchtend: Die hinduistische Welt frönt einer sexuell stimulierten Vielgötterei, statt Erlösung finde man höchstens das Verlöschen der Person im Nichts. Muslime können mit dem dreifaltigen Gott der Christen nichts anfangen, Jesus, den sie als Propheten Allahs („ein Diktator") achten, darf bei ihnen unter Todesstrafe nicht „Gott" genannt werden. In gleicher, abrahamitischer Tradition stehend, teilen Juden und Moslems also die Ansicht, dass Jesus Christus nicht der Erlöser wäre, ein anderer sei für ihn am Kreuz gestorben. Der „jüdische Gott“ nun mit dem Tetragramm-Namen „Ich bin das Dasein“ sei zwar transzendent und unfassbar, zugleich aber ein „Du“, eine Person, ein Heilsgott, welcher alle Völker segnete. Ihm aber folge Israel nur mit „äußerer Gesetzestreue" nach: 613 Weisungen, 248 Gebote und 365 Verbote seien zu beachten, was Jesus an ihnen gerade so kritisierte. Christen aber sollen nach dem 1. Gebot nur einen Gott haben, den Dreifaltigen, so sanft und demütig, dass der Heiland ihn gar „Pappi“ (Abba) nannte. An ihm entscheidet sich alles; auch die Taufe durch den Heiligen Geist kennen nur sie. Solche krassen Unterschiede in den Gottesauffassungen machten nun ein gemeinsames Beten unmöglich, überhaupt jeden echten Dialog. Glaubensfragen sind bei keiner Religion Verhandlungssache, was übrigens die Vereinigung deutscher Muslime kürzlich klar machte. Nach innen bedroht der „Modernismus“ die allein seligmachende Kirche, worunter der Rat die schädlichen Einflüsse des Aufklärers Kant erblickt, obwohl dieser weniger den Glauben als die Kirchen infrage stellte. Lang griff einen Gedanken auf, der schon einmal Thema der arche war: Lessings berühmte Ringparabel, nach der alle Religionen als gleichwertig gelten, weil die „echte“ nicht mehr zu erkennen sei. Damals sprach die Religionswissenschaftlerin Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz von einem faulen Burgfrieden, der nicht bestehen könne. Wie, fragte auch der Geistliche Rat, sollte man gemeinsam (dazu noch arabisch, wie der Papst) mit Muslimen beten, wenn diese vom Koran aufgerufen werden, alle Welt, auch mit Gewalt, zu missionieren, wobei nach der 5. Sure nur Konvertiten Gnade geschähe, alle anderen mögen gekreuzigt, verstümmelt oder aus dem Lande getrieben werden? Das gehe so wenig, wie die Ringparabel anzuerkennen. Eine neue Offensive des Heiligen Stuhls gegen die Aufklärung. „Modernismus“ habe die Kraft der Kirche längst empfindlich geschwächt, das ganze Christentum, welches er, seltsam, für eine „Geschichts-Religion“ hält. Die protestantische Seite sparte er freilich aus - auch hier „Kein Dialog in Glaubensfragen“? Bedrohung von außen („die stärkste Religion setzt sich immer durch“), Modernismus nach innen (das „Wissen das unsere Leute kriegen, wird immer schlimmer“), der Heilige Stuhl steht vor neuen Herausforderungen, denn drei Religionen können nach Auffassung des Geistlichen Rates unmöglich Recht haben. Hardliner oder nicht: Wohl dem, der Besseres weiß. Gerold Paul

Gerold Paul

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