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Von Babette Kaiserkern: „Schwarz bin ich ...“

Die israelische Sopranistin Keren Hadar beim Eröffnungskonzert im Nikolaisaal

Es muss eine Sternstunde gewesen sein, als Keren Hadar und Ella Milch-Sheriff zusammentrafen. Die junge Sängerin und die Komponistin aus Israel hatten schon lange, jeder für sich, eine Idee. Sie wollten das berühmteste Liebesgedicht der westlichen Kultur in die Gegenwart holen. Das „Hohelied“, wie Martin Luther das „Lied der Lieder“ nannte, steht im Tanach, der Heiligen Schrift der Juden genauso wie im Alten Testament der christlichen Bibel. In seinen 2500 Jahre alten poetischen und erotischen Gesängen wird die liebende Vereinigung zwischen einer Frau und einem Mann beschrieben.

Ella Milch-Sheriff komponierte dazu eine musikalische Fantasie für Sopran und kleines Orchester mit dem Titel „Schwarz bin ich“, die explizit auf Keren Hadars Stimme und Persönlichkeit zugeschnitten ist. Nach begeistert aufgenommener Uraufführung im Juli 2007 in Tel Aviv, nach Konzerten in Luxemburg und Brüssel, erlebt dieses Werk jetzt seine deutsche Premiere im Nikolaisaal.

Nicht erst seit ihrem preisgekrönten Auftritt beim Opernwettbewerb in Schloss Rheinsberg gilt Keren Hadar als herausragendes Gesangstalent. Zu dessen Entfaltung hatte schon Daniel Barenboim mit einem Stipendium an der Musikhochschule Hanns Eisler in Berlin-Weißensee kräftig beigetragen. Als „cross over soprano“ bezeichnet sich die junge Sängerin auf ihrer Homepage. In der Tat vereint sie viele Qualitäten. Keren Hadar absolvierte die israelische Hochschule Beit-zvi in den Fächern Theater und Musical und tourte als Rocksängerin mit einer Mädchenband durch israelische Clubs, bevor sie sich für die klassische Musik entschieden hat. Lange lag ihr das Projekt über das „Lied der Lieder am Herzen. Sie brachte die Gedichte in eine dramatische Reihenfolge und entschied gemeinsam mit der Komponistin über die zu verwendenden Sprachen. Althebräisch wie im Original sollte es nicht sein, sondern modern und universell. Denn die Gefühle und die Handlung der Geschichte ist stets die gleiche, zu jeder Zeit und in jeder Sprache. So erklingt der Text nun in verschiedenen Sprachen wie französisch, italienisch, englisch, deutsch, arabisch und modernem hebräisch. Das Jonglieren mit den Sprachen ist für Keren Hadar nichts Ungewöhnliches. Sie wuchs in der Nähe von Tel Aviv auf als Tochter einer jemenitischen Mutter und eines Vaters, der schon in der vierten Generation in Jerusalem lebt und aramäisch spricht. Inzwischen hat sie es sich zur Gewohnheit gemacht, bei jedem Auftritt etwas in der Landessprache zu singen. So brachte sie bereits Lieder auf chinesisch, rumänisch, kroatisch u.a.m. zu Gehör.

Polyglott und multikulturell geht es auch beim Liederabend „Latino intercontinental“ zu. Mit der Gitarristin Liat Cohen trägt Keren Hadar Lieder spanischer und lateinamerikanischer Komponisten vor. Ein modernes Lied in ladino, der Sprache der mittelalterlichen Juden in Spanien, erklingt ebenso wie Gesänge nach Texten des jüdisch-spanischen Gelehrten Ibn-Esra aus dem 12. Jahrhundert. Auch hier zieht Keren Hadar Parallelen zur Gegenwart und betont die Zeitlosigkeit der Texte, in denen es um die Gleichheit aller Menschen angesichts des Todes geht. Neben Werken von Manuel de Falla und Heitor Villa-Lobos erklingen Lieder des argentinischen Komponisten Ariel Ramirez, darunter das berühmte „Alfonsina y el mar“.

Doch bei aller Freude über ihre wachsenden musikalischen Erfolge, freut sich Keren Hadar ganz besonders darüber, dass ihr Ehemann Alon Reuven nach Potsdam kommt. Der Solohornist der Israel Camarata wird sogar beim „Schwarz bin ich “ mitspielen. Mit dieser persönlichen Note wird die Aufführung am morgigen Sonntag vielleicht erst recht zu einer Sternstunde.

Babette Kaiserkern

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