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Kultur: Opfer oder Mahl?

Corinna Schwarz referierte in der „arche“ über den Sinn von Opfer und Opfern

Corinna Schwarz referierte in der „arche“ über den Sinn von Opfer und Opfern Am Anfang war die Jagd, und mit ihr der Zwang, Tiere zu töten, damit man nicht verhungere. Hatten die prähistorischen Leute dabei ein „schlechtes Gewissen?“ Möglicherweise, meinte die Religionswissenschaftlerin Corinna Schwarz in der „arche“, zumindest sind Knochenfunde von Tieren bekannt, deren Anordnung darauf schließen lässt, als ob sich der Jäger bei seiner Beute entschuldigen, ja sogar eine Art „Wiedergutmachung“ anstreben wollte. Die Kreatur hatte sich ja zu seiner Ernährung „geopfert“. Solche Interpretationen leben nicht allein in akademischen Verliesen, auch die Kirchen zanken um das rituale „Essen“. Deshalb legte die „arche“-Mannschaft das brisante Thema „Sinnlose Opfer?“ mit ökumenischem Wink jenseits der Osterfeiern, der Streit um Eucharistie bzw. Abendmahl trennt ja Katholiken und Protestantische immer noch nachhaltig: Erstere sehen darin ein direktes „Hinopfern“, letztere leugnen seit Luther den Opfer-Charakter der Messe, sie wissen sich bei diesem Sakrament „am Tische des Herrn“. Opfer oder Mahl – kann die Religionsgeschichte diesen alten Streit aufheben? Corinna Schwarz vertrat anfangs zwei Thesen. Einmal sieht sie im Alltagsgebrauch des Wortes „sinnloses Opfer“ eine Abkehr vom Ursprung, wo es um dessen „entsühnende, reinigende, die kosmische Ordnung wiederherstellende Funktion“ gegangen sei. Wenn man z. B. die Toten einer Naturkatastrophe so nennt, sei nur die „aggressive, Ordnung und Leben zerstörende Seite“ dieses Topos übrig geblieben. Andererseits sieht sie „im Gegeneinanderausspielen von Opfer und Mahl“ zwischen den rivalisierenden Kirchen „erschreckende Oberflächlichkeit und Naivität“, räumt aber ein, dieses „kultische Mahl“ sei alles andere als harmlos: „Essen setzt Töten voraus“, sogar einen „Mord“. Damit aber war erst einmal nichts gewonnen, denn das „Gottessen“ kannten die „griechischen“ Titanen, der aztekische Ritus und die Ägypter. Anhand altgeschichtlicher Mysterienkulte aus Eleusis und dem dunklen Dionysos-Geheimnis wies sie mit Eliade, Kerényi und anderen Autoren nach, wie oft die „Auferstehung“ neuen Lebens sich mit Tieropfern, sogar mit Hekatomben, dem Opfer von 100 Stieren, verbanden. Den Pflanzen gehe es nach dem Neuen Testament genauso: Wie ein Korn zerstoßen werden muss, damit man Brot daraus backe, so stirbt es auch, bevor ein Halm daraus wächst. Opfer „in den Religionen“ seien nicht sinnlos, sondern „sinnstiftend“. Aber was bedeutet das hinsichtlich der angeordneten Opferung Isaaks und der Kreuzigung Christi, welche sie „Mord“ nannte, statt an die „Erfüllung der Schrift“ zu denken? Muss der Mensch töten, damit er lebe, macht er sich damit schuldig? Von hier an war an diesem Abend nicht mehr viel zu holen. Auch wenn sie behauptete, in der Religionsgeschichte gehörten Opfer und Mahl zusammen, wird das den Eucharistie-Streit kaum beenden: Passen denn heidnischer Brauch und Biblisches wirklich in ein Regiment? Mit moraltheologischen Begriffen wie Schuld und Sünde ging es auch nicht weiter, und man fragte überhaupt, inwieweit sich der essende Christ vom Hindu unterscheide, welcher ängstlich geht, um nur kein Leben zu töten. Paulus hatte doch in Kol. 2.16 klar gesagt: „So lasset nun niemand euch ein Gewissen machen über Speise oder über Trank ...“, und in 1. Mose 9. steht: „Alles was sich regt und lebt, sei eure Speise“. Das fehlte im Referat. Na ja, so waren mehr Fragen als Antworten in einer ausführlichen Diskussion. Gerold Paul Die nächste arche-Veranstaltung am 5. April widmet sich dem Thema „Die Taten eines Menschen sind die ,Konsequenzen“ seiner Grundsätze“.

Gerold Paul

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