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Vom Brauhaus zum Alten Markt. Fensterblick aus dem historischen Terrassenrestaurant Minsk mit einer Tischlampe im Vordergrund, wie sie jetzt im Potsdam Museum zu sehen ist.

© Andreas Klaer

Licht aus dem Minsk: Das Potsdam Museum beleuchtet verstärkt die DDR

Die DDR und die Transformationszeit nach 1990 soll unter dem neuen Leiter Thomas Steller künftig mehr Platz bekommen am Alten Markt. Den Anfang macht eine Lampe aus dem Minsk.

Am Potsdam Museum ist seit Mittwoch (10.1.) ein kleiner Einblick in die Zukunft des Hauses zu erleben. Der Einblick nimmt sich bescheiden aus, hat nur zwei Quadratmeter Platz. Aber: Die Zukunft leuchtet hell, und sie verweist auf ein Kapitel, das im Potsdam Museum bisher eher im Schatten lag: die DDR. Die Zukunft hat die Form einer Tischlampe des ehemaligen Terrassenrestaurants Minsk, das „gastronomische Belvedere der Ostmoderne“, wie es im Potsdam Museum heißt.

Die wie alle Inneneinrichtung aus belarussischer Produktion stammende Lampe kam 2023 mit einer Schenkung von rund 200 Objekten aus dem Restaurant ans Potsdam Museum. Lediglich 45 Objekte hatte es zuvor dort gegeben, in den 2000er Jahren ausgestellt worden war nur eins: das Gästebuch des Restaurants. Jetzt befinden sich insgesamt 256 Minsk-Erinnerungsstücke verschiedenster Größen im Sammlungsbestand: von den insgesamt 15 Tischleuchten über die berühmten Außenschilder aus Mooreiche und zahlreiche Teile der Inneneinrichtung wie Wandverkleidungen, Dekorelemente und Mosaike bis hin zu keramischen Gefäßen und einem fünf Meter breiten Wandteppich.

Vom Minsk ins Potsdam Museum. Die Tischlampe aus den 1970er Jahren ist jetzt in einer Intervention am Alten Markt zu sehen.
Vom Minsk ins Potsdam Museum. Die Tischlampe aus den 1970er Jahren ist jetzt in einer Intervention am Alten Markt zu sehen.

© Andreas Klaer

Mehr DDR, mehr Alltag

Übergeben wurde das Konvolut von Ramona Löser-Fimmel von der Stadtwerke GmbH. Diese war bis zum Verkauf des 1978 eröffneten, ehemals so beliebten Terrassenrestaurants an Hasso Plattner im Jahr 2019 Eigentümerin des Gebäudes. Die Stadtwerke hielten zwar den Verfall des Ortes nach 1990 nicht auf, sicherten aber die Einrichtungsgegenstände. Die Hasso-Plattner-Stiftung sanierte den Bau und eröffnete ihn im September 2022 als Ort für DDR-Kunst.

Und auch im Museum am Alten Markt soll es künftig intensiver um die DDR- und Transformationszeit gehen. Diese Zeit soll, wie das 20. Jahrhundert überhaupt, in der geplanten neuen Dauerausstellung einen neuen Fokus erhalten. Die Umsetzung wird in den Händen des neuen Direktors Thomas Steller liegen, der sich hier nach langer Erkrankung erstmals seit seinem Amtsantritt im Oktober der Presse präsentierte. Den umfangreichen Sammlungszuwachs bezeichnete er als „Glücksfall“. Denn: Nicht nur die DDR soll künftig mehr Thema sein am Haus, sondern auch der Alltag.

Die Dauerausstellung ist der große Tanker, die Intervention zum Minsk ist das kleine Schnellboot. Damit wollen wir schnell und flexibel reagieren und auch Dinge ausprobieren können.

Thomas Steller, Leiter des Potsdam Museums

Die Tischlampe verbindet beides. Sie leuchtet der geplanten Neuausrichtung gewissermaßen den Weg aus. Auch das Format, das Steller für die Präsentation erdacht und Restaurator Oliver Max Wenske entwickelt hat, ist richtungsweisend für die Zukunft am Haus. „Intervention“ nennt Steller das Format. Es soll künftig öfter am Alten Markt zu erleben sein. Er beschreibt es so: „Die Dauerausstellung ist der große Tanker, die Intervention zum Minsk ist das kleine Schnellboot. Damit wollen wir schnell und flexibel reagieren und auch Dinge ausprobieren können.“

Thomas Steller ist seit Oktober 2023 Direktor des Potsdam Museums. Nach langer Krankheit will er nun loslegen.
Thomas Steller ist seit Oktober 2023 Direktor des Potsdam Museums. Nach langer Krankheit will er nun loslegen.

© Andreas Klaer

Auch das Prinzip des Ausprobierens will Steller etablieren: Die Dauerausstellung, die Zusammenarbeit mit dem Team am Haus, alles steht unter dem Stichwort der Partizipation. Besonders wichtig ist sie ihm, wo es um Grundsätzliches wie die Neugestaltung der Dauerausstellung geht. Die Menschen, für die sie gemacht wird, sollen mitreden können: die Potsdamer Bevölkerung.

Neue Nähe zum Minsk

Inwiefern die neue Dauerausstellung überhaupt mit finanziellen Mitteln der Landeshauptstadt unterstützt werden wird, ist Birgit-Katherine Seemann zufolge derzeit noch offen. Die in Potsdams Verwaltung für Museen zuständige Fachbereichsleiterin rechnet erst ab 2025 mit einer bezifferbaren Summe. „Das Jahr 2024 steht erstmal im Zeichen der Sonderausstellungen.“ Es stehen an: von März bis August die Karl-Foerster-Retrospektive „Neue Wege – Neue Gärten“ und parallel von März bis Juli eine Karl-Hagemeister-Schau. Ab 2. November schließlich die Personalausstellung „Wolfgang Joop. Widerspruch!“.

Dass vor dem Hintergrund der wackeligen Finanzierung die Schnellboote den großen Tanker ersetzen könnten, fürchten nach jetzigem Stand weder Seemann noch Steller. Stattdessen zeigen sich beide sichtlich erfreut über eine weitere Neuheit, die mit der Lampe ihren Ausgangspunkt nimmt und sich in den nächsten Monaten verfestigen soll: eine enge Arbeitsverbindung mit dem Kunsthaus Das Minsk.

Dessen Leiterin Paola Malavassi war zur Präsentation der Minsk-Intervention zugegen und betonte, dass Minsk und Potsdam Museum gleichermaßen an dem Erbe der DDR-Zeit interessiert seien: das Museum an haptischen Elementen, das Minsk an der Oral History in Form von mündlichen Erzählungen. Und: „Wir würden wahnsinnig gern zwei der Tischleuchten bei uns im Eingangsbereich zeigen“, sagte sie am Rande. Auch der meterbreite Wandteppich reizt sie. Im März ist am Minsk eine Ausstellung zu Textilkunst geplant. Gut möglich, dass sich da dann auch Spuren aus dem Potsdam Museum finden.

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