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Mareike Hein und Anatol Käbisch

© Stefan Gloede

Kindertheater am Schlaatz: (Nicht) küssen müssen

Ein sehr ungleiches Paar begegnet sich in der HOT-Kindertheateraufführung „Die Schöne und das Biest oder die Geschichte eines Kusses“, die am Wochenende im Bürgerhaus Premiere feierte.

Von Astrid Priebs-Tröger

Seit der Pandemie hat das Hans Otto Theater (HOT) seinen Auftrittsradius in Potsdam erweitert und arbeitet jetzt mit dem Bürgerhaus zusammen. Nicht nur probt dort jetzt wöchentlich der Jugendclub, sondern im Bürgerhaus fanden auch die Proben für die aktuelle Aufführung statt, wie Intendantin Bettina Jahnke sagte.

Die aktuelle Aufführung, das ist „… Geschichte eines Kusses“. Darin treffen zwei aufeinander, die schon äußerlich nicht unterschiedlicher sein könnten. SIE (Mareike Hein) ist groß, kurzhaarig und sehr selbstbewusst. ER (Anatol Käbisch) ist klein, sehr romantisch und total verliebt. Und „normalerweise“ würde sie sich nicht lange zieren, wenn er zeigt, dass er sie küssen will.

Doch das prämierte Kindertheaterstück von Andrea Gronemeyer, Franco Melis und Susanne Sieben spielt wunderbar clownesk mit den überlieferten Klischees und Geschlechterstereotypen, wie auf den Traumprinzen warten oder weiblicher Sanftmut.

ER zieht alle Register, SIE lässt sich nicht manipulieren

In der Inszenierung von Krystyn Tuschhoff geschieht unter anderem das sehr musikalisch. Gleich zu Beginn singt ER zu seiner selbstgemachten Omnichord-Musik seine Liebe heraus, und erntet als ihr witziges Echo das genaue Gegenteil.

Doch ER zieht im Laufe des einstündigen Spiels alle Register und will ihr mithilfe der Geschichte von „Der Schönen und das Biest“ dann doch einen Kuss abringen beziehungsweise seinen eigenen anbringen. Aber wie er es auch anstellt, ob als sterbender Vater oder als bedauernswertes Biest, diese SIE lässt sich nicht manipulieren.

Und das ist neben den witzigen und spritzigen Dialogen und dem körperbetonten Spiel der beiden Schauspieler:innen, die zum ersten Mal für das HOT spielen, das eigentliche Highlight der leichtfüßigen Inszenierung der Regisseurin.

Die bereits für Kinder ab sechs Jahren gedacht ist, die es wahrscheinlich schon oft erlebt haben, sich gegen unerbetene Küsse von Onkels oder Tanten zur Wehr setzen zu müssen. Die klare Botschaft: Du musst nicht küssen, wenn du nicht willst. Und: du musst dich auch nicht küssen lassen.

Auch der Umgang mit Zurückweisung wird thematisiert

In die gleiche Richtung zielt auch das Austesten, was Glücklichsein, Liebe oder Schönheit ist. Fragen, die ja heutzutage schon Grundschulkinder umtreiben und die durch die verbreitete Sexualisierung jede noch so zarte Freundschaft zwischen jungen Schulkindern auch mit ebensolchem Stempel versehen können.

In der temporeichen „ … Geschichte eines Kusses“ gibt es für all das vor allem eines: Zeit für Wachstum. Und nicht nur eine spielerische Möglichkeit zu erproben, was geht und was nicht geht. Auch der Umgang mit Zurückweisung wird thematisiert.

Dies alles geschieht in dem umgestalteten multifunktionalen Saal des Bürgerhauses. Eine schwarze Rückwand verdeckt dessen große Fensterfront, der Parkettboden ist ebenfalls schwarz überklebt und drei ansteigende Sitzreihen vermitteln echtes Theaterflair.

Dazu kommt noch ein ebenso schillerndes wie praktisches Bühnenbild von Marcel Franken, in dem glitzernde Iglu-Zelte und die hölzerne Klappleiter viele Wandlungs- und Spielmöglichkeiten bieten.

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