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Jazz-Pianist Milan Šamko bei seinem letzten Auftritt im Kulturhaus Babelsberg (2019).

© Benjamin Schäffer

Album und Konzert: Hommage für Potsdamer Jazz-Meister

Milan Šamko war einer der bekanntesten Jazz-Pianisten der DDR. Sein Schüler Richard Oeckel will verhindern, dass er in Vergessenheit gerät.

Es fing an vor Billig-Keyboards in einer Potsdamer Grundschule, mit einem Musiklehrer, der zweifellos zu Größerem berufen war und einem gerade erst achtjährigen Musikliebhaber. „Milan Šamko dachte, ich sei untalentiert und ich hielt ihn für ein Arschloch“, erinnert sich der Potsdamer Pianist Richard Oeckel und lacht. Šamko, zu DDR-Zeiten als Jazz-Genie bekannt, war erst Oeckels Keyboard-, dann Klavierlehrer. Anfangs sah es nicht so aus, als würde sich hieraus eine innige Beziehung entwickeln. Doch es kam anders: Oeckel begleitete seinen Lehrer sogar noch bei seinem letzten Konzert, im Mai 2019 im Kulturhaus Babelsberg. Er stand ihm bis zu seinem Tod nahe, erbte sogar seine Instrumente, Noten und Kompositionen. Nun möchte Oeckel verhindern, dass sein alter Meister in Vergessenheit gerät.

Dafür hat er gemeinsam mit alten Weggefährten von Šamko hat ein Album aufgenommen. Mit dabei sind Größen des DDR-Jazz wie Uschi Brüning und Wolfgang „Zicke“ Schneider. Die Musiker haben wichtige Einflüsse und eigene Kompositionen von Šamko neu interpretiert. Filmemacher Falco Seeliger hat die Studio-Aufnahmen dokumentiert und zu einem Kurzfilm verarbeitet. Album und Film werden am 22. März im Waschhaus in der Schiffbauergasse aufgeführt. Bis zum Konzert soll das Gedenkalbum online verfügbar sein.

Samkos Schüler Richard Oeckel während der Aufnahmen an dem Gedenk-Album für seinen Lehrer.

© Falco Seeliger

Šamko, auch bekannt als „Don Milano“, war einer der renommiertesten Jazz-Musiker der DDR. Er hat an über 100 Platten- und Filmmusikprojekten mitgewirkt und über 1000 Konzerte in der ganzen DDR gespielt. Wie viele Jazz-Musiker aus dem Osten konnte Šamko nach der Wende nicht an diese Erfolge anknüpfen. Das hatte auch strukturelle Gründe: „Viele der etablierten Studios wurden geschlossen und anders als vorher gab es in der Bundesrepublik auch keine festgelegten Gagen für Musiker“, erklärt Oeckel. Hinzu komme, dass Šamko zumindest für eine Sache überhaupt kein Talent besessen habe: Selbstvermarktung.

Eigentlich hatte Šamko Klassische Musik studiert. Jazz und Blues habe er sich selbst beigebracht, erzählt Oeckel. „Einen Lehrer hätte er nicht akzeptiert.“ Überhaupt, das „Tier am Klavier“, wie Šamko auch genannt worden ist, habe so seine Eigenheiten gehabt: Er war stur, ein Hypochonder und ein strenger Lehrer. „Er hatte aber auch eine besondere Präsenz: Man spürte es, wenn er einen Raum betreten hat“, erinnert sich Oeckel. „Und er hatte diese ansteckende, schallende Lache.“

Blues und Klassik als Fundament

Ähnlich ausgefallen wie Šamkos Persönlichkeit war auch sein Stil. „Er spielte roh und dreckig. Dabei orientierte er sich am Blues“, sagt Oeckel. Blues und Klassik seien für Šamko die Fundamente der Musik gewesen. Er konnte allerdings in verschiedensten Genres brillieren: „Deshalb war er als Studiomusiker so gefragt“, so Oertel. Selbst Schlager und Reggae konnte er spielend leicht umsetzen. Zumindest, wenn der Meister es denn wollte: „Als er bei einem Rundfunkorchester beschäftigt war, hat er manche Passagen nicht gespielt, wenn sie ihm nicht gefallen haben“, erzählt Oeckel.

Der leidenschaftliche Live-Musiker Šamko hat nicht allzu viele Aufnahmen seiner Musik hinterlassen: Alte Live-Mitschnitte, die Oeckel den PNN gezeigt hat, zeugen allerdings von Spiel- und Experimentierfreude. Dabei blieb Šamko nie auf Jazz und Blues beschränkt: So probierte er sich auch an der experimentellen Zwölftontechnik aus. Doch selbst bei diesen Ausflügen in die „Neue Musik“ hört man noch klar den Blues heraus.

Die gemeinsame Leidenschaft für diese Musik war es auch, die Šamko und den achtjährigen Oeckel dann doch zusammen gebracht hat: „Er hatte ja anfangs gar keine Lust, mich zu unterrichten“, sagt Oeckel. „Dann hat er mich gefragt, welche Musik ich denn höre. Ich antwortete: Jazz und Rock’n’Roll.“ Damit war das Eis gebrochen.

Korrekturhinweis 5. März 2023: In einer ersten Fassung des Textes hatte es irrtümlich geheißen, das Konzert findet in der Waschbar statt. Richtig ist das Waschhaus in der Schiffbauergasse. Wir bitten, den Fehler zu entschuldigen.

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