zum Hauptinhalt
Update

Mögliche Sicherungsverwahrung für Silvio S.: Psychologe: Rückfallgefahr hoch

Der Prozess gegen den Mörder von Elias (6) und Mohamed (4) ist am Freitagvormittag zunächst ins Stocken geraten, wurde dann aber fortgesetzt. Ein Gutachter hält Silvio S. für weiterhin gefährlich.

Potsdam - In Handschellen ist Kindermörder Silvio S. am Freitag ins Gericht geführt worden. Als er den Saal betritt, lächelt er kurz und setzt sich dann neben seinen Verteidiger. Er ist sichtbar abgemagert. Als der Staatsanwalt die Anklage samt der grausamen Tat-Details verliest, wirkt der 35-jährige Mörder bewegt. Lange dauert der Prozess am Freitagvormittag aber nicht. Denn sein Verteidiger Mathias Noll stellt schon nach zehn Minuten einen Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter Klaus Feldmann. Daraufhin war der Prozess am Vormittag zunächst unterbrochen worden.  Allerdings wurde der Antrag in der Folge abgelehnt, der Prozess wurde dann bis zum Nachmittag fortgesetzt.

Die Rückfallgefahr sei laut Psychologe hoch

Als erster sachverständiger Zeuge wurde ein Psychologe der JVA Brandenburg/Havel angehört, in der Silvio S. untergebracht ist. Er hatte ein sogenanntes Prognoseverfahren durchgeführt, um die Rückfallgefahr zu ermitteln. Dieses sei "derzeit hoch", so der Psychologe. Das Verfahren fußt auf zwei Analysen. Einmal wurde die Aktenlage bewertet, zum anderen wurden direkte Gespräche mit Silvio S. geführt. Das Risiko für einen Rückfall gilt unter anderem deshalb als hoch, weil Silvio S. noch nie eine längere Beziehung mit einer Frau geführt hatte und er vor den beiden Taten bereits an einer Kinderpuppe seine sexuellen Bedürfnisse befriedigt hatte. 

Noch keine Therapiegespräche zu den Morden

In der Haft habe sich der Angeklagte grundsätzlich als therapiewillig gezeigt. Er stehe aber erst ganz am Anfang einer Therapie, die in der Sozialtherapeutischen Abteilung (Sotha) der JVA durchgeführt werden soll. Über die Taten an sich und seine Motivation sei mit Silvio S. noch nicht gesprochen worden, erklärte der Psychologe. Nach PNN-Informationen gilt S. intern aber als schwer therapierbar.

Der Forensische Psychiater Matthias Lammel sagte später aus, dass Silvio S. sich zu den Taten auch ihm gegenüber nicht äußere. Deshalb könne er keine gesicherte Auskunft geben, ob Silvio S. die Taten aus einem pädophilen Hang heraus begangen hat oder ob er die Kinder entführte, weil erwachsene Opfer schwieriger zu kidnappen gewesen wären. Lammels Gutachten war es auch, das den Richter im ersten Prozess dazu bewogen hatte, die Sicherungsverwahrung abzulehnen. Schon damals hatte er keine gesicherte Gefährlichkeitsprognose für Silvio S. abgeben können.

Der Staatsanwalt Peter Petersen hatte am Freitag zudem beantragt, als Zeugin eine Kommissarin der Potsdamer Mordkommission zu hören, die damals Beweismittel auswertete, die in der Wohnung von Silvio S. in Kaltenborn gefunden wurden. Unter anderem soll Silvio S. kurz nach der Ermordung des sechsjährigen Elias nach einem zweiten Grundstück gesucht haben. Elias' Leiche war in einem Garten in Luckenwalde vergraben worden. Er wolle herausfinden, ob sich Silvio S. womöglich um einen Ablageplatz für eine Kinderleiche bemühte, so Peter Petersen. Der Vorsitzende Richter lehnte das aber als nicht zielführend ab.

Im Prozess geht es um eine mögliche Sicherungsverwahrung

Nach Ansicht der Verteidigung hat Richter Feldmann sich in einer Stellungnahme vor Prozessbeginn bereits festgelegt.  Hintergrund ist ein Adhäsionsantrag der Mutter des getöteten Elias. Sie fordert darin Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 20.000 Euro, sie tritt in dem Prozess als Nebenklägerin auf. Der Richter hatte in einer Stellungnahme deutlich gemacht, dass er die Erfolgschancen des Antrags wegen der grausamen Tat als hoch einschätzt. Jetzt müssen andere Richter der Kammer müssen bis 12 Uhr über den Befangenheitsantrag entscheiden.

Grund für den erneuten Gerichtsprozess ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH). Wegen dieser muss das Landgericht erneut prüfen, ob bei dem verurteilten Mörder ein Hang zur Begehung weiterer schwerer Straftaten vorliegt und eine Sicherungsverwahrung nach der Haft erforderlich ist. 

2016 wegen Kindesmissbrauchs zu lebenslanger Haft verurteilt 

Silvio S.
Silvio S.

© Ralf Hirschberger/dpa

Die Potsdamer Richter hatten Silvio S. im Sommer 2016 wegen Mordes und Kindesmissbrauchs zu lebenslanger Haft verurteilt und die besondere Schwere der Schuld festgestellt. Eine Sicherungsverwahrung lehnten die Richter jedoch ab. Die Staatsanwaltschaft Potsdam hatte gegen die Entscheidung Revision beim BGH eingelegt, der dieser folgte. Nach Ansicht des BGH hat das Landgericht Fehler bei der Gesamtwürdigung gemacht: Weder seien die rasche Folge der beiden Morde ausreichend gewichtet worden noch die menschenverachtende Weise, in der die Taten begangen wurden.

Mohameds Mutter war im Gerichtssaal

Die Mutter von Mohamed verfolgte den Prozesstag im Gerichtssaal. Der Prozess sei für sie sehr belastend - ihr und Mohameds Geschwistern gehe es schlecht, sagte sie den PNN. Die Mutter des getöteten Elias hingegen war nicht im Gericht, sie ließ sich von ihrem Verteidiger vertreten.

"Nach derzeitiger Planung sollen am 17. Mai die Plädoyers gehalten werden", sagte Gerichtssprecherin Sabine Dießelhorst den PNN vor Prozessbeginn. Eine Woche später, am 24. Mai, könnte dann die Entscheidung fallen, sagte sie. 

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Wie berichtet hat Silvio S. vor vier Jahren den Jungen Elias von einem Potsdamer Spielplatz sowie den Flüchtlingsjungen Mohamed vom Berliner Lageso entführt, sie anschließend sexuell missbraucht und getötet. In Potsdam hatte der Fall zu einer beispiellosen Suchaktion geführt, Tausende Potsdamer suchten Tag und Nacht nach dem Sechsjährigen, als sein Schicksal noch nicht Gewissheit geworden war. Die Polizei setzte Spürhunde und Helikopter ein. Sogar die in der Nähe vorbeifließende Nuthe wurde ausgebaggert, weil vermutet wurde, dass der Junge in den Fluss gefallen sein könnte. (mit dpa)

Zur Startseite