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Architekt Daniel Libeskind stellte seinen Entwurf in Potsdam vor. 

© Andreas Klaer

Libeskind-Entwurf für Potsdam: „Die Krone von Babelsberg“

Stararchitekt Libeskind hat seinen „Media City“-Entwurf vorgestellt. Für 300 Millionen Euro soll ein Bürokomplex für 5000 Menschen entstehen. Nun ist die Stadtpolitik gefragt.

Potsdam - Großstadtflair für Potsdam: Der US-amerikanische Stararchitekt Daniel Libeskind hat am Freitag in Potsdam erstmals öffentlich seinen mit Spannung erwarteten Entwurf für einen Neubaukomplex mit Hochhaus präsentiert. Die auffällige „Media City Babelsberg“, die zwischen Filmpark und Bahnhof Medienstadt gebaut werden soll, besteht aus fünf halbrunden, ineinander verschränkten Bauteilen, die auf den höchsten, turmartigen Bau zustreben. Durch Fenster-Streifen sollen diese an gestapelte Filmrollen erinnern.

"Eine Fackel entzünden"

„Potsdam wird um ein Highlight reicher“, sagte Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) bei der Vorstellung im Potsdam Museum. Es entstehe eine neue Landmarke. Der Potsdamer Investor Jan Kretzschmar will mit seiner Firma KW Development etwa 300 Millionen Euro in das Projekt stecken. Er sieht in dem Neubau die Chance, jene internationale Aufmerksamkeit auf Babelsberg zu lenken, die dem Ort zustehe. Es gehe darum, eine „Fackel zu entzünden“. Das sei „uns mit dem Engagement von Libeskind gelungen“, so Kretzschmar. „In Potsdam gibt es keinen Ort, der so prädestiniert ist Internationalität hervorzurufen wie Babelsberg“, sagte Initiator und Filmpark-Inhaber Friedhelm Schatz.

Kretzschmar hat das Grundstück im vergangenen Jahr vom Filmpark gekauft. Die Ecke an der Großbeeren-/August-Bebel-Straße ist heute ein unwirtlich aussehender Ort, eine weitgehende Brache gegenüber dem Gewerbegebiet im Park. Eine Villa, die saniert und in den Komplex integriert werden soll, sowie mehrere Baracken des bisherigen Kostümfundus, die nun abgerissen werden.

Noch heruntergekommen: Die Villa am Rand des Geländes soll saniert werden. 
Noch heruntergekommen: Die Villa am Rand des Geländes soll saniert werden. 

© Andreas Klaer

In dem Ensemble, dessen höchstes Gebäude mit 61 Metern auch das Hotel Mercure in der Innenstadt überragen soll, sind Büros und Gewerbeflächen für die IT- und Medienbranche geplant. Rund 5000 Arbeitsplätze sollen dort entstehen. Kretzschmar nannte neben Stichworten wie der Produktion von Filmen und Serien auch Gaming – die Computerspielebranche wächst international rasant. „Das ist bislang nicht sehr präsent in Babelsberg“, sagte der Investor. „Wir wollen Formaten wie Netflix eine Bühne bieten.“ Auch Restaurants und Proberäume für Musiker sollen entstehen.

Libeskind, bekannt unter anderem als Architekt des Jüdischen Museums in Berlin, stellte seinen Entwurf als Hommage an den Film und den Filmstandort dar. Babelsberg sei ein „genialer Ort, an dem Kreativität entsteht“. „Die Media City steht auch für die gesamte Schönheit des Films, für die Dynamik der Bewegung“, so Libeskind.

In Friedhelm Schatz’ (r.) Büro hatte Daniel Libeskind die Filmrollen-Idee.
In Friedhelm Schatz’ (r.) Büro hatte Daniel Libeskind die Filmrollen-Idee.

© Andreas Klaer

Schatz schilderte die Genese der Pläne für Babelsberg: Architekt Libeskind habe in seinem Büro gesessen und die vielen alten Dosen der 70-Millimeter-Filme dort gesehen. „Und schon glimmte es in seinen Augen.“ Wenige Tage später habe sich Libeskind dann mit dem Pinsel hingesetzt und erste Entwürfe gemalt. Einen davon hat sich Schatz auf ein T-Shirt drucken lassen, das er während des Termins trug. „Wenn wir diese Chance verkacken, haben wir etwas falsch gemacht“, sagte Schatz.

Besonders deutlich wird dies aus der Vogelperspektive: Hier zeigen sich in den Halbkreisen der Gebäude den Linsen von Kameras nachempfundene Strukturen. Den Mittelpunkt bildet jeweils ein Wasserbecken oder ein anderes Landschaftselement, das zum Flanieren und Aufhalten einladen soll, wie der Architekt erläuterte. Seine Vision des neuen Ensembles sei die eines offenen Ortes zum Arbeiten, aber auch zum Verweilen, zugänglich auch für die Öffentlichkeit und für Veranstaltungen. „Das Ganze wird autofrei, nur für Fußgänger zugänglich, aber zugleich urban“, so Libeskind.


Investor Kretzschmar rechnet mit einem Baustart frühestens in zwei Jahren, wahrscheinlicher in drei Jahren. Vorher soll ein Werkstattverfahren mit Bürgerbeteiligung die Details klären und der Bebauungsplan angepasst werden. Dieser sieht bislang eine maximale Gebäudehöhe von 22 Metern vor. Sowohl dem Verfahren als auch der Änderung des B-Plans müssen die Potsdamer Stadtverordneten zustimmen. Im öffentlichen Werkstattverfahren soll laut Dezernent Rubelt unter anderem analysiert werden soll, wie sich das Ensemble in das Umfeld einfügt. So hatte eine Anwohnerinitiative kritisiert, mit den Hochbauten könnten sich die Lichtverhältnisse in Häusern und Gärten verschlechtern.

Bislang war der Entwurf im nicht-öffentlichen Teil von Haupt- und Bauausschuss präsentiert worden und dabei auf breite politische Zustimmung über Fraktionsgrenzen hinweg gestoßen. Einen städtebaulichen Wettbewerb hatte der Bauausschuss mehrheitlich abgelehnt. In sechs bis sieben Jahren könnte der Bau der neuen „Media City“ abgeschlossen sein. Oberbürgermeister Schubert betonte, der Entwurf werde Babelsberg prägen und auch den Standort Medienstadt weiter voranbringen. In dem Gebiet finden derzeit umfassende Baumaßnahmen statt, es entstehen eine ganze Reihe von neuen Wohn- und Geschäftsgebäuden.

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In der Stadtpolitik sind die Reaktionen bisher positiv. Der einflussreiche SPD-Stadtverordnete Pete Heuer sagte den PNN, seine Begeisterung für das Vorhaben sei nach wie vor groß. Er gehe von der Zustimmung der Fraktion aus, auch wenn es eine „gründliche Debatte“ geben müsse. Die CDU-Fraktion teilte via Twitter mit: „Das zukunftsweisende Bauvorhaben bietet für Babelsberg eine Menge wirtschaftliches Potential.“ 

Von einem „spannenden Entwurf“ sprach Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg. Nun gehe es um die Frage, wie das Projekt verträglich in die Nachbarschaft eingepasst werden kann. Es sei nicht immer leicht, in Potsdam über moderne Architektur zu diskutieren, sagte Rathauschef Schubert. Für ihn gehe es um die Frage, „wie der Entwurf nun umgesetzt wird“ – also nicht „ob“.

So soll der Bürokomplex einmal aussehen. 
So soll der Bürokomplex einmal aussehen. 

© Visualisierung: Libeskind KW Development

Geklärt werden muss auch die Verkehrsanbindung. So kündigte Dezernent Rubelt eine Machbarkeitsstudie für eine Straßenbahntrasse in Richtung Medienstadt an. Solche Fragen würden auch in dem Werkstattverfahren geklärt. Mit Blick auf den Bahnhof Medienstadt vis à vis des Großvorhabens sagte Rubelt, hier müsse die Deutsche Bahn liefern. Der kleine Bahnhof soll ab 2024 umgebaut werden und höhere Bahnsteige bekommen, hatte der Verkehrskonzern jüngst angekündigt. Kretzschmar wiederum sagte, unter dem Libeskind-Ensemble sei eine Tiefgarage vorgesehen – und auf dem jetzigen Parkplatz des Filmparks sei ein Parkhaus geplant.

Wirtschaftsfaktor Medien

In einer vor Ort ausgereichten Pressemitteilung hieß es, die Medienbranche könne so auch für ganz Potsdam ein noch wichtigerer Wirtschaftsfaktor werden. Bekanntlich entstehen in Potsdam mit dem RAW-Zentrum in der Teltower Vorstadt und dem Kreativquartier hinter dem Rechenzentrum in den nächsten Jahren weitere Großprojekte mit Bezug zur Digital- und Medienwirtschaft.

Ausdrücklich keine Erwähnung fand bei dem Termin ein anderes mögliches Potsdam-Projekt für Libeskind. So hatte er nach Anfrage von Rathauschef Schubert sein Interesse bekundet, sich auch an der kontroversen Umfeldgestaltung der Garnisonkirche zu beteiligen. Schubert ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass der Stararchitekt die Stadt für sich entdeckt habe: „Er hat an Potsdam einen Narren gefressen.“

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