zum Hauptinhalt
Blick in die überfluteten Straßen von Larissa in Griechenland.

© IMAGO/Nicolas Koutsokostas/IMAGO/Nicolas Koutsokostas

M100-Workshop in Potsdam: Wie geht guter Klimajournalismus?

Mehr positive Erzählungen, weniger journalistische Neutralität: 20 junge Medienschaffende aus 14 Ländern tauschen sich mit Expertinnen und Experten über die Zukunft der Umweltberichterstattung aus.

Wie berichtet man richtig über den Klimawandel? Angesichts der Komplexität des Themas sehen sich Medienschaffende regelmäßig mit der Herausforderung konfrontiert, sachlich und verständlich über unterschiedliche Klima-Aspekte zu berichten, ohne dabei ihr Publikum zu verlieren.

Wie dies in Zukunft gelingen kann und wie Klimajournalismus in verschiedenen europäischen Ländern aussieht – darum geht es derzeit beim „M100 Young European Journalists Workshop“, der vom zehnten bis 13. September in der Friedrich-Naumann-Stiftung in Potsdam stattfindet.

Wenn es um den Klimawandel geht, gibt es keine ‚zwei Seiten‘, die es abzuwägen gilt – die Wissenschaft ist eindeutig, und es ist unsere Pflicht, unmissverständlich darüber zu berichten.

Dimitros Theologidis, Journalismusstudent aus Griechenland

20 junge Journalistinnen und Journalisten aus 14 europäischen Ländern, unter anderem aus Armenien, Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Nordmazedonien, Spanien und der Ukraine, tauschen sich dafür mit renommierten Expertinnen und Experten aus.

„In meiner Heimat ist Klimajournalismus leider noch nicht sehr weit entwickelt“, sagt die 25-jährige Mariam Kukhilava aus Georgien, die für Euronews Georgia arbeitet. „Einige Medien beschäftigen sich zwar damit, aber insgesamt wird noch viel zu wenig über das Thema gesprochen.“ Klima- und Umweltschutz sei in der georgischen Gesellschaft kaum im öffentlichen Bewusstsein verankert, so Kukhilava.

Rafael Correia und Mariam Kukhilava gehören zu den 20 jungen Journalistinnen und Journalisten aus Europa, die am M100-Workshop teilnehmen.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Aus ihrer Sicht müsse Journalismus den Klimawandel viel öfter behandeln: „Es berührt so viele Bereiche des Lebens, eigentlich müsste man täglich darüber sprechen.“ Kukhilava ist sich jedoch bewusst, dass dies für viele Menschen schnell ermüdend werden kann. Ihrer Meinung nach ist entscheidend, wie berichtet wird: „Es geht darum zu informieren und nicht zu belehren.“

Außerdem müsse man kleine Schritte machen: „In Georgien zum Beispiel weiß man kaum etwas über Mülltrennung oder Recycling. Erst mal muss man über solche Sachen sprechen, die Menschen in ihrem täglichen Leben betreffen.“

Wissenschaftliche Fähigkeiten sind nötig

Das Wesen des Klimawandels macht es vielen Medienschaffenden schwer, über ihn zu berichten: Klassischerweise beschäftigt sich Journalismus eher mit aktuellen Ereignissen, doch der Klimawandel ist ein langfristiger Prozess, der sich nicht in diese Form pressen lässt. Viele Redaktionen wie AFP, DPA, die Deutsche Welle, die Financial Times, Die Zeit, die Washington Post oder die Süddeutsche Zeitung haben mittlerweile Klima-Redakteurinnen und -Redakteure und produzieren Klima-Schwerpunkte, um das „bigger picture“ nicht aus den Augen zu verlieren.

Da dafür oft die Auswertung wissenschaftlicher Daten nötig ist, kommt Klimajournalistinnen und -journalisten eine wichtige Rolle bei der Vermittlung zu: „Journalisten brauchen interdisziplinäre Fähigkeiten und müssen wissenschaftliche Artikel sorgfältig prüfen. Investigative Wissenschaft und investigativer Journalismus sind notwendiger denn je“, meint die freiberufliche Journalistin Chiara Pertile aus Italien.

Laut Rafael Correia sollten Journalistinnen und Journalisten aus ihren jeweiligen Blasen und Ressorts herauskommen, um gemeinsam etwas gegen den Klimawandel zu bewirken: „Das Thema ist so universell, das kann man nicht alleine bearbeiten“, sagt der 24-jährige Portugiese, der für verschiedene Unternehmensmagazine arbeitet. Darin schreibt er zum Beispiel darüber, welche Auswirkungen höhere Temperaturen für die Ausbreitung von Krankheiten in der Viehzucht und der Landwirtschaft haben können.

In Portugal stecke Klimajournalismus noch in den Kinderschuhen: „Nur wenige Journalisten beschäftigen sich damit, aber langsam beginnen Redaktionen damit, den Klimawandel stärker in ihren Publikationen zu behandeln“, so Correia.

Da seine Leserinnen und Leser vor allem aus der Wirtschaft kommen, interessiere ihn besonders, wie er sie richtig ansprechen könne: „Man darf nicht immer denselben Rhythmus und denselben Ton verwenden, sonst droht sich das Publikum zu langweilen. Man muss versuchen, immer einen anderen Sound zu finden.“

Mehr positive Erzählungen

Eine Frage, die auch den 22-jährigen Dimitros Theologidis beschäftigt: „Ich glaube, dass sich Journalismus bezüglich der Umweltberichterstattung ändern muss“, so der griechische Journalismusstudent. „Der Klimawandel muss in einem lösungsorientierten Rahmen behandelt werden, der zum Handeln anregt, und nicht in einem problemorientierten Rahmen, der Apathie hervorruft.“

Die Forderung nach journalistischer Neutralität sei dabei fehl am Platz: „Wenn es um den Klimawandel geht, gibt es keine ‚zwei Seiten‘, die es abzuwägen gilt – die Wissenschaft ist eindeutig, und es ist unsere Pflicht, unmissverständlich darüber zu berichten“, sagt Theologidis.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false