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Von Peter Tiede Von Guido Berg: Pro & Contra PRO Contra

Kommt jetzt die Haufen-Stasi, so was wie Kot- und Tütenschnüffler vom Amt? Nein, so schlimm soll es ja nicht kommen, wenn man über die Tütenpflicht für Gassigänger nachdenkt.

Kommt jetzt die Haufen-Stasi, so was wie Kot- und Tütenschnüffler vom Amt? Nein, so schlimm soll es ja nicht kommen, wenn man über die Tütenpflicht für Gassigänger nachdenkt. Es wird auch nicht dazu führen, dass die Stadt nun häufchen- und (etwa bei Hunden vom Kaliber einer schlecht ernährten Dogge) großhaufenfrei wird. Schließlich führt die Pflicht zum Mitführen eines Warndreiecks auch nicht bei jedem Autofahrer dazu, es aufzustellen, wenn es gefordert wäre. Aber man kann ihn belangen, wenn er es nicht getan hat und etwas passiert ist.

Die Pflicht zur Tüte erinnerte zumindest daran, dass man als Hundehalter für Fiffis Exkremente selbst verantwortlich ist. Die Ausrede „Ich mache das ja immer weg, aber weit und breit ist keine Tüte“ zieht dann nicht mehr. Es macht auch kontrollierbar. Da ist auch nichts gegen einzuwenden, soweit das nicht von Ordnungsämtlern mit guillotineskem Eifer exekutiert, sondern als Möglichkeit der freundlichen Ansprache vor dem Malheur genutzt wird. Schließlich ist auch jede Tüte irgendwann mal voll – und am Ende der Hundetour kann dann auch Herrchen tütenlos dastehen.

Sein wir Hundehalter ehrlich: Es gibt genügend unter uns, denen es im wahrsten Sinne wurst ist, wer in Fiffis Reste latscht, greift oder sich darauf legt. Dabei sind Potsdams Hundebesitzer schon überprivilegiert: Die öffentliche Hand zahlt fast 10 000 Euro im Jahr für Kotbeutelspender und -eimer an neuralgischen punkten. Viele Hundebesitzer, die den Unterschied zwischen Gebühren (für eine bestimmte Leistung) und Steuern (nicht zweckgebunden entrichtet) nicht kennen, halten das für das Mindeste angesichts der Hundesteuer. Es ist aber schon das Äußerste, andere für den eigenen Mist bezahlen zu lassen.

PS: Der Autor ist Tütenmitführer und Co-Halter zweier Hunde

Liegenlassen ist nicht selbstverständlich, sondern Mitnehmen. Darum sollen diese Zeilen ein Plädoyer dafür sein, dass ein menschliches Verhalten nicht gesetzlich vorgeschrieben werden sollte, wenn es selbstverständlich ist, also sich von selbst versteht. Niemand tritt gern in Hundehaufen, also sollte auch niemand welche liegen lassen – also niemandes Hund, versteht sich. Das ist die einfache Wahrheit, die auch ohne Erlasse und Verordnungen der Obrigkeit gelebt werden kann. Im Grunde ist die Frage nach dem Für und Wider einer Gassibeutel-Pflicht für Hundehalter eine zutiefst philosophische: Ist der Mensch in der Lage, sich als gesellschaftliches Wesen zu begreifen und zu erkennen, dass nach ihm noch andere auf seinen Spuren wandeln – und verdammt noch mal verurteilt sind, in die Hundescheiße zu treten, die Wuffi hinterlässt, wenn Herrchen oder Frauchen sie nicht wegmacht? Doch, doch, er ist dazu in der Lage. Das ist die Antwort und gleichsam Hoffnung des Autoren dieser Zeilen, denn er glaubt an die Vernunftbegabtheit des Menschen. Der Mensch ist dem Wesen nach gut. Er will seinesgleichen nicht würdelos einbeinig einer Wiese entgegenhüpfen sehen, um sich dort am grünen Grase mit angeekeltem Gesicht den Hundedreck von den Haxen zu kratzen. Zumal dieses Unterfangen ohnehin nie ganz erfolgreich ist: Irgendwas bleibt immer hängen. Der gute und vernünftige Mensch will aber auch nicht sehen, wie eine strenggesichtige Politesse triumphierend den langen Du-Du-Finger schwenkt, sollte sie doch einmal einen Liegenlasser ohne Gassitüte erwischen, die Leine samt erleichtertem Hund noch in der Hand. Die große Sanktion nach dem kleinen Geschäft, das wird dem Menschen nicht gerecht. Darum muss sich eines Tages, viel nachhaltiger als durch Zwang, von allein durchsetzen, was selbstverständlich ist: Mitnehmen.

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