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Potsdamer Gewalttäter noch nicht in Haft: Pogida-Müller ist für Zielfahnder ein zu kleines Licht

Bislang verzichten die Sicherheitsbehörden darauf, Christian Müller mit Zielfahndern zu suchen. Dabei müsste der Pogida-Initiator längst hinter Gittern sein.

Seit einigen Tagen müsste er schon im Gefängnis sitzen. Doch in der Haftanstalt Luckau-Duben hat sich der Initiator der rechten Pogida-Demonstrationen, Christian Müller, bislang nicht freiwillig gemeldet. Nun sucht ihn die Staatsanwaltschaft Potsdam per Haftbefehl – um sein Hafturteil zu vollstrecken. Aber der Fall spielt bei den Sicherheitsbehörden keine große Rolle. Zielfahnder der Spezialeinsatzkräfte der Brandenburger Polizei werden der Staatsanwaltschaft nicht bei der Suche nach dem 33-Jährigen helfen, der zuletzt auf der kanarischen Urlaubsinsel Fuerteventura untergetaucht war. Ein Sprecher des Polizeipräsidiums sagte den PNN am Dienstag: „Die rechtlichen Voraussetzungen der Strafandrohung reichen für den Einsatz der Zielfahnder nicht aus.“ Im Klartext: Die Mitte Juni rechtskräftig gewordene Verurteilung durch das Amtsgericht Potsdam zu einem Jahr Gefängnis ohne Bewährung wegen Körperverletzung und Fahrens ohne Führerschein reicht nicht aus, damit die Sicherheitsbehörden ihr „gesamtes Besteck“ auffährt, wie es im Jargon der Ermittler heißt. Pogida-Müller ist einfach ein zu kleines Licht. 

Dabei hatten die Ermittler der Potsdamer Kriminalpolizei seit den Pogida-Aufmärschen ab Anfang 2016 nach weiteren Gewaltattacken des 33-Jährigen auf seine Freundin und Nachbarn mehrfach gewarnt, Müller sei eine tickende Zeitbombe. Er hat eine Karriere als Intensivstraftäter hinter sich und ist mehrfach als brutaler Gewalttäter, aber auch mit Drogen- und Alkoholproblemen aufgefallen. 

Fahndungsbefehl über Interpol auf Fuerteventura?

Die Staatsanwaltschaft wollte sich nicht näher dazu äußern, welche Maßnahmen sie ergriffen hat, um Müller in den Knast zu bringen. Nach der von Müller selbst publik gemachten „Ladung zum Strafantritt“ hätte er Anfang Juli seine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Luckau-Duben antreten müssen. Da er dem nicht folgte, ist ein Haftbefehl erlassen worden. Da Müller sich zuletzt – wie der Potsdamer in den sozialen Medien selbst offenbart hat – in Fuerteventura aufhielt, könnten die Behörden auch einen Europäischen Haftbefehl erlassen, der in der gesamten EU gilt. 

Über Interpol würden auch die Behörden auf den Kanaren informiert werden. Bei neuen Hinweisen zu seinem genauen Aufenthalt könnte die örtliche Polizei ihn festnehmen. Ansonsten könnte Müller nur bei Kontrollen oder beim Grenzübertritt durch Abgleich mit den Fahndungsaufrufen festgenommen und an Deutschland ausgeliefert werden. 

Müller soll sich mit Pogida-Kasse vom Acker gemacht haben

Wo genau sich Müller jetzt aufhält, ist unklar. Die Behörden gehen weiter davon aus, dass er auf den Kanaren ist. Bei Facebook veröffentlichte Videos vom Potsdamer Hauptbahnhof oder aus Dallgow-Döberitz (Havelland) – „zurück in der patriotischen Heimat“ werden als Ablenkungsmanöver eingestuft. Auf diesen ist er – anders als bei seinen bisherigen Videos – weder zu hören noch zu sehen. Die Aufnahmen könnten von einer anderen Person ins Internet gestellt worden sein. In einem anonymen Brief an die PNN-Redaktion hieß es Anfang Juni noch, Müller sei auf Fuerteventura. Zudem wurde ihm darin vorgeworfen, sich mit der Pogida-Kasse davongemacht zu haben – was Müller in seinen Videos von den Kanaren aber bestritt. 

Das Amtsgericht hatte den 33-Jährigen im Februar 2016 verurteilt, weil er in der Silvesternacht 2014/15 zwei Partygäste schwer verprügelt hatte. Das Landgericht Potsdam hatte dann Müllers Berufung gegen das Urteil verworfen, weil er vor der Berufungsverhandlung im Mai untergetaucht war. Die Staatsanwaltschaft, die ein schärferes Urteil und 16 Monate Haft erreichen wollte, zog ihre Berufung zurück: Damit das Urteil rechtskräftig wird und Müller schnell hinter Gittern kommt. 

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