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Marode: Die Villa Luisenhof mit ihrem 32 Meter hohen Turm steht leer.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Panoramablick zu verkaufen

Das Land Brandenburg will die Villa Luisenhof in der Templiner Straße veräußern – eine Traumimmobilie mit vielen Problemen

Eine Turmvilla am Havelufer. „Überwältigender Rundblick über ganz Potsdam, nach Sanssouci und zur Potsdamer Altstadt“. Dazu knapp 40 000 Quadratmeter Grundstücksfläche. In den kommenden Wochen soll sich entscheiden, wer den Zuschlag für dieses exklusive Areal in der Templiner Straße 21 erhält, das das Land derzeit zum Verkauf anbietet. Ein überwältigender Rundblick vom 32 Meter hohen Turm der Villa Luisenhof wird den zukünftigen Besitzern in einem Exposé versprochen, mit dem Brandenburg das Grundstück im vergangenen Jahr feilgeboten hatte. Bis zum 15. November konnten Angebote abgegeben werden. Die Kaufpreisvorstellungen des Landes liegen laut Exposé bei 1,95 Millionen Euro.

16 Bewerber haben sich nach Angaben des Brandenburgischen Landesbetriebes für Liegenschaften und Bauen (BLB) für das zwischen Templiner Straße und der Havelbucht „Vorderkappe“ gelegene Grundstück gemeldet. Einige von ihnen habe man mittlerweile „in den engeren Bieterkreis aufgenommen“, wie BLB- Pressesprecherin Christin Bargel auf Anfrage mitteilte. Wie viele Interessenten noch im Rennen sind, wollte sie unter Verweis auf das laufende Verfahren nicht sagen. Die Pläne der potenziellen Investoren oder Projektentwickler sehen laut Bargel überwiegend eine Wohnnutzung für das weitläufige Areal vor. Einzelheiten sind öffentlich noch nicht bekannt.

Derzeit ist das Gelände rund um die denkmalgeschützte Villa zum großen Teil ungenutzt. Verfallene Garagentrakte, verwaiste Gewächshäuser, auch eine „Raumerweiterungshalle“ mit Profilblechfassade und sogar ein altes Chemielager hat das Grundstück dem Exposé zufolge zu bieten. Am Rande des Geländes, in einem intakt wirkenden Plattenbau aus den 1970er Jahren, residiert das Berlin- Brandenburgische Landeslabor. Zumindest hier herrscht noch Betriebsamkeit.

Der echte Hingucker auf dem Gelände ist jedoch die 1893/94 errichtete Villa Luisenhof mit ihrem Turm, auf dem sich eine überdachte Aussichtsplattform befindet. Franz Heinrich Schwechten, Architekt der alten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche am Berliner Breitscheidplatz sowie des heutigen Landtagsgebäudes auf dem Potsdamer Brauhausberg, hat die Villa einst für den Generaldirektor der Berliner Schultheiß-Brauerei, Richard Roesicke, entworfen. Laut Exposé steht die nach Roesickes Ehefrau Luise benannte Villa seit 2001 leer. Zuletzt wurde sie vom Landeslabor und der Uni Potsdam genutzt. Schleichender Verfall und auch Vandalismus haben dem Gebäude zugesetzt. In einzelnen Bereichen soll Einsturzgefahr bestehen. Auf den künftigen Besitzer könnten so einige Überraschungen zukommen: Das genaue Ausmaß der Bauschäden wurde nämlich laut Exposé noch „nicht weiter untersucht“.

Das Land Brandenburg wolle, dass der Käufer die Villa „nach baurechtlichen und denkmalschutzrechtlichen Vorgaben saniert und das Grundstück entwickelt“, so Bargel. Für den Plattenbau am östlichen Rand des Geländes besitzt das Landeslabor nach Angaben des BLB einen Mietvertrag bis 2015. Der Vertrag könne je nach Bedarf aber auch vorzeitig beendet oder über 2015 hinaus fortgesetzt werden. Dies müsse der zukünftige Eigentümer akzeptieren. Der hintere Teil des Grundstücks, also ungefähr die Fläche zwischen der Villa und dem – laut Exposé nicht zum Grundstück gehörenden – Uferweg, ist nach Ansicht des BLB „baulich nicht nutzbar“. Zudem ist nicht nur die Villa selbst ein Denkmal, auch die Außenflächen um das historische Gebäude herum stehen seit 2010 auf der Denkmalliste des Landes.

Ein 2009 erschienenes Heft der Reihe „Brandenburgische Denkmalpflege“ gibt Auskunft über die Geschichte des Geländes: Demnach war Roesicke nicht der Erste, der das Grundstück bebaute. Als er seine Villa errichten ließ, befanden sich auf dem Gelände bereits Gebäude der Brauerei W. Meyer Co., die Roesicke als Mälzerei weiter bewirtschaftete. Nach dem Tod seiner Frau im Jahre 1910 – Roesicke selbst war bereits 1903 verstorben – erwarb der Potsdamer Magistrat das Anwesen. 1915 wurden Grundstück und Villa an die in Gotha gegründete Stiftung des Töchterheims Annenhaus verpachtet. Später bildete man hier Landwirte aus. Um 1939 zog das gerade gegründete Landwirtschaftliche Untersuchungsamt in einen Neubau auf dem Gelände ein. Auch zu DDR-Zeiten betrieb man hier Agrarforschung. Holger Catenhusen

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