zum Hauptinhalt
Teures Wohnen: Stadtverwaltung, Kommunalpolitiker und nun auch das Land Brandenburg beraten, wie man das Mietenproblem in Potsdam in den Griff bekommen kann.

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Mietbremse für Potsdam?

Das Land prüft die Einführung einer Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen. Bei Neuvermietungen würde sie aber nicht greifen

Von

Wer in Potsdam auf Wohnungssuche geht, hat es nicht leicht. 8,50 Euro pro Quadratmeter werden bei Neuvermietungen inzwischen verlangt, das ist ein Spitzenwert unter den ostdeutschen Städten. Die Politik sucht nach Lösungen, auf Landesebene genauso wie in der Stadt selbst. So lässt Brandenburgs Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) derzeit die Einführung einer Mietenbremse prüfen, während die Potsdamer SPD private Investoren zur Schaffung von preiswerten Wohnungen verpflichten will.

Was Landesminister Vogelsänger für Potsdam erwägt, ist in Berlin, München, Hamburg schon Realität. Die drei Städe wurden von den jeweiligen Landesregierungen als sogenannte Gebiete mit gefährdeter Wohnungsversorgung definiert. Damit wurde eine Kappungsgrenze für Mieterhöhungen eingeführt: Statt 20 Prozent dürfen Vermieter dort die monatlichen Kosten nur noch um 15 Prozent binnen drei Jahren anheben. Dass in Potsdam Handlungsbedarf bestehe, sei unbestritten, sagte Vogelsänger am Mittwoch im Landtag. Experten prüften nun, ob die Voraussetzungen für die Einführung einer Kappungsgrenze wie in Berlin, Hamburg und München auch in Potsdam vorlägen. Ende des Jahres rechne er mit einem entsprechenden Gutachten.

Für den Mieterverein Potsdam und Umgebung ist klar, dass die Situation in der Stadt dramatisch und eine Mietenbremse unausweichlich ist. Der Mietspiegel steige jährlich erheblich an, sagte Rechtsberater Benedikt Nowak. Der Bund habe mit der Mietrechtsreform die Möglichkeit geschaffen, mittels der 15-Prozent-Kappungsgrenze einzugreifen: „Dies sollte die Landesregierung jetzt nutzen.“

Zum Teil gilt diese Kappungsgrenze in Potsdam bereits, allerdings nur für die 17 000 Wohnungen der kommunalen Pro Potsdam. Das kommunale Wohnungsbauunternehmen darf die Miete seit dem 1. Oktober 2012 nur noch um 15 Prozent anheben, und das lediglich alle vier Jahre. Die dadurch verursachten Einbußen von 13,2 Millionen bis 2021 sollen zum Teil über die Ablösung alter und das Aufnehmen neuer Kredite ausgeglichen werden.

Für die Bauholding Pro Potsdam wäre es wohl eine Genugtuung, wenn auch übrigen Vermietern solche Grenzen gezogen würden . Anders sieht das hingegen der Arbeitskreis Stadtspuren, der die Potsdamer Wohnungsbaugenossenschaften und damit rund 40 Prozent der Wohnungen in der Stadt vertritt. Fast alle Mitgliedsunternehmen hätten bislang darauf verzichtet, die gesetzlich zulässigen Mieterhöhungsspielräume auszureizen, hieß es auf PNN-Anfrage. Die durchschnittliche Nettokaltmiete der Arbeitskreis-Unternehmen liege bei lediglich 5,16 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche (Stand 2012). Mit ihrer „maßvollen Mietenpolitik“ wirkten sie dämpfend auf den Wohnungsmarkt und die Mietenentwicklung ein, und dies „schon seit Jahren und ohne jede Kappungs-Verordnung“. Zweifel an der Wirksamkeit des Instruments meldete auch der Potsdamer Kommunalrechtsexperte Thorsten Ingo Schmidt an, da die Kappungsgrenze bei Neuvermietungen nicht greife (siehe Interview).

Ebenso wird ein Vorschlag der Potsdamer SPD, der am Dienstag im Bauausschuss eine große Mehrheit fand, nicht von allen als geeignete Lösung angesehen. Demnach sollen künftig Wohnbau-Investoren, die Grundstücke von der Stadt Potsdam kaufen, zur Schaffung preiswerten Wohnraums verpflichtet werden. Für „einen angemessenen Anteil“ soll es eine Mietpreisbindung geben. Der SPD-Stadtverordnete Thomas Bachmann stellt sich vor, dass für zehn Prozent der von Investoren geschaffenen Wohnungen nicht mehr Miete als 5,50 Euro pro Quadratmeter gefordert werden dürfe. „Es geht darum, dass Wohnraum in Potsdam preiswert erhalten bleibt“, erklärte Bachmann. Bei der Abstimmung stellte sich eine rot-rot-grüne Mehrheit heraus. Auch Saskia Hüneke (Grüne) sagte, sie könne den Antrag „in der Tendenz“ unterstützen. Wolfhard Kirsch (Bürgerbündnis) bezeichnete das vorgeschlagene Instrument zwar als machbar – „die Idee ist nett“ – , gab aber zu bedenken, dass es sich auf die von der Stadt zu erzielenden Grundstückspreise auswirken werde. „Es geht zulasten des städtischen Haushalts“, sagte Kirsch. Dem widersprach Pete Heuer (SPD): Die Mindereinnahmen infolge der Mietpreisbindung ginge auf Kosten des Ertrages vom Investor.

Für Kirsch, der gegen den SPD-Antrag stimmte, ist es eine politische Frage. Entweder werde über den reduzierten Preis des Grundstücks das Wohnobjekt gefördert oder die Stadt kassiere den vollen Grundstückswert und mache eine sogenannte Subjektförderung, unterstützt also die Mieter. „Nehmen wir das Geld doch lieber in die Hand und fördern direkt“, so der beruflich als Wohnbau-Investor tätige Babelsberger. Auch CDU und FDP lehnten die Idee ab. Für Peter Lehmann (CDU) stelle das SPD-Ansinnen „einen Eingriff in den freien Markt dar“. Lehmann sagte: „Das geht gar nicht.“ Auch Wolfgang Cornelius (Potsdamer Demokraten) kritisierte das Vorhaben: „Wir sollten Anreize für Investoren schaffen, nicht Erschwernisse.“ Auch Potsdams Baubeigeordneter Matthias Klipp (Grüne) äußerte sich skeptisch: Es gebe in Potsdam einen großen Unterschied zu den bereits in München und Hamburg getroffenen Regelungen. Denn in Potsdam gebe es keine öffentlichen Wohnbaufördermittel, mit denen eine Mietpreisbindung gekoppelt werden könnte. Ohne Fördermittel sei das Modell für ihn nicht vorstellbar. Zudem fragt Klipp: „Was machen Sie, wenn doch teuer vermietet wird? Wollen sie die Baugenehmigung zurückziehen?“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false