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Wird 60 und kann nicht vom Laufen lassen. Ulrike Bruns, einstige Olympiadritte und Weltrekordlerin, in ihrem Potsdamer Sportfachgeschäft.

© Andreas Klaer

Sport: Laufen als Lebenselixier

Die Olympiadritte von 1976 und dreifache Weltrekordlerin Ulrike Bruns aus Potsdam feiert am Sonntag ihren 60. Geburtstag

Am vergangenen Samstag ist sie gegen Abend mal wieder ganz allein rund um Sanssouci gejoggt. „Das war toll“, erzählt Ulrike Bruns. „Und es war erstaunlich, wie vielen Läufern ich unterwegs auf den etwa zehn Kilometern begegnet bin.“ Den meisten Menschen, die sie auf ihrer Runde traf, war sie bekannt. Kein Wunder: Ulrike Bruns ist seit Jahrzehnten populärste Läuferin und immer noch fester Bestandteil der Potsdamer Laufszene. „Laufen ist mein Lebenselixier“, bestätigt Ulrike Bruns, die sich seit ihrem zwölften Lebensjahr diesem Sport widmet. Am morgigen Sonntag wird die Wahl-Potsdamerin 60, aber vom lockeren Rennen will sie weiterhin nicht lassen. „Früher habe ich mal gesagt, dass ich laufen will, bis ich 60 bin. Jetzt mache ich weiter, so lange ich mich dabei wohlfühle“, sagt sie.

Wie wohl sie sich auf den Laufstrecken fühlt, merkten schon ihre Lehrer in Drebkau, als die junge Ulrike Klappezynski bei Schulwettkämpfen ihrer Konkurrenz davonrannte. Ihre Leistungssport-Karriere, die sie rund um die Welt und immer wieder auch aufs Siegertreppchen führen sollte, begann 1969. „Ich war damals Zweite beim Cross der Jugend geworden und bin dann mit 16 zum SC Cottbus gekommen“, erinnert sie sich. Durch intensives Training schaffte sie es unter der Regie ihrer Trainers Jürgen Bruns und später auch Bernd Dießner auf den Strecken von 800 bis 10 000 Meter in den internationalen Spitzenbereich, wo sie zu Weltrekorden und Medaillen für den SC Cottbus und ab 1980 für den damaligen Armeesportklub Potsdam lief (siehe Kasten). Ihre Medaillen und Urkunden von damals haben daheim einen Ehrenplatz in einer Vitrine, „und wenn ich sie heute sehe, bin ich mitunter erschrocken, wie lange das mittlerweile her ist“, gesteht sie und denkt mit einer gehörigen Portion Wehmut an 1984. „In jenem Jahr hatte ich keines meiner Rennen gegen die internationale Spitze verloren. Wer weiß, was ohne den Boykott Olympias in Los Angeles durch die DDR drin gewesen wäre.“

Als Ulrike Bruns aus der Lausitz nach Potsdam kam, war sie knapp vier Jahre mit ihrem Trainer verheiratet, brachte sie ihr einjähriges Töchterchen Katharina mit; 1990 kam Sohn Dominik dazu. Zwei Jahre zuvor hatte die ehrgeizige Läuferin wegen einer Knorpelabsplitterung im linken Knie dem Leistungssport Ade sagen müssen. Mit ihren bis dahin gelaufenen Zeiten steht die Potsdamerin in den ewigen deutschen Bestenlisten immer noch auf Platz drei über 3000 und 10 000 Meter, Rang vier über 1500 sowie Platz sechs über 800 und 1000 Meter. Ihre 1985 in Zürich gelaufenen 4:21,59 Minuten über die Meile (1609,30 Meter) wurden bislang noch von keiner Deutschen unterboten.

Nach überstandener Operation drehte und dreht Ulrike Bruns ihre Runden als Hobbyläuferin. Nur einmal – 1992 – startete sie eher zufällig bei den Senioren-Europameisterschaften im norwegischen Kristiansand, weil sie gerade in der Nähe Urlaub machte. Sie gewann ohne spezielle Vorbereitung noch mal Bronze über die 1500 Meter, zügelte aber den Appetit auf weitere internationale Meriten bei den Seniorinnen. Viel lieber läuft sie mit einer Schar Gleichgesinnter – mit der 30-köpfigen Frauenlaufgruppe, die sie 1991 ins Leben rief und mit der sie 1997 den Potsdamer Laufclub mitgründete. Am Dienstag dieser Woche trainierten die Frauen wieder im Luftschiffhafen; dort wo Ulrike Bruns im Juli 1976 als erste Deutsche die Vier-Minuten-Marke unterboten hatte. Und in ihrem Sportfachgeschäft im Potsdamer Zentrum, das sie 1990 gemeinsam mit ihrem Mann eröffnete und nach dem Umzug 1997 in die Lindenstraße aufs Laufen spezialisierte, bietet sie nicht nur Schuhe und Bekleidung an, sondern vermittelt sie auch jede Menge Tipps zum richtigen Trainieren. „Unsere rund tausend Stammkunden kommen sogar aus Neustrelitz und Süddeutschland“, erzählt die Geschäftsfrau.

Morgen wird Ulrike Bruns ihren Ehrentag mit ihrer Familie, ihren fünf Geschwistern – mit denen sie nach wie vor eng verbunden ist – und deren Anhang sowie einigen wichtigen Werbeleitern der letzten 20 Jahre in einer Potsdamer Gaststätte feiern. Dann wird viel zu erzählen sein – von früher und aus den letzten Jahren, als die drahtige und immer noch durchtrainiert wirkende Läuferin zahlreiche Volksläufe in und um Potsdam mitorganisierte oder als Schirmherrin begleitete. Am heutigen Samstag aber will sie erst noch mal die Laufschuhe anziehen und durch den Wildpark joggen. „Meinem Zuhause, wo ich schon als Leistungssportlerin trainierte“, sagt Ulrike Bruns. Sie braucht halt ihr Lebenselixier.

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