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Kita-Leiterin Irmgard Wienecke zeigt Levi, Hannah und Emilia alte Fotos der Einrichtung.

© Andreas Klaer

Kinder, Kipper, Känguru: Die Kita St. Antonius in Babelsberg wird 100

Mit einem kleinen Tageskinderheim fing 1923 alles an. Die Kita St. Antonius überstand Nazizeit und die DDR. Am Samstag wurde Geburtstag gefeiert.

Im Januar 1923 schreibt Pfarrer Franz Krus von St. Antonius an die Marienschwestern in Berlin: „Nach langen, mühevollen Sammlungen ist es mir gelungen, in meiner Gemeinde ein kleines Tageskinderheim einzurichten, in welchem ungefähr 30 noch nicht schulpflichtige Kinder von unseren Schwestern betreut werden sollen.“ Die hat er aber noch nicht, sondern bittet darum, ihm zwei Schwestern nach Babelsberg zu schicken.

Auf dem Kirchengrundstück am Plantagenplatz gibt es auch noch keine Kirche, nur ein Pfarrhaus mit Kapelle. Aber eine wachsende Gemeinde, die seit 1922 nicht mehr zu Peter und Paul in Potsdam gehörte, sagt der heutige Pfarrer Christoph Karlson. Jetzt wird man selbstständig, 1934 wird eine Kirche kommen, und vorher schon – ein Kindergarten. Im Jahr der Hyperinflation ist das alles andere als einfach, aber er wird gebraucht. 3000 Gemeindemitglieder haben damals viele Kinder.

Das 100-jährige Bestehen der katholischen Kita, die Nazizeit und DDR überlebte und heute eine der gefragtesten in Babelsberg ist, wird jetzt mit einer Festwoche gefeiert. Am Samstag fand das große Geburtstagsfest statt, mit Kitabesichtigung, Andacht und Konzert.

Sehenswert ist die Ausstellung im Gemeinderaum, die 100 Jahre Kitageschichte dokumentiert. Anfangs ist der Kindergarten ein Holzhäuschen, zum Essen gehen die Kinder nach Hause, erst ab 1929 gibt es, mit Unterstützung der Stadt, ein Mittagessen. Als 1934 die Kirche gebaut wird, zieht die Kita in den nun frei werdenden Gemeindesaal.

1938 wollen die Nazis die Kita schließen, der Pfarrer kann das gerade noch so verhindern. Und weil es wenig Kriegszerstörung in Babelsberg gibt, geht der Betrieb nahtlos weiter. Immer mit den Marienschwestern, die, wenn die Männer der Gemeinde kriegsbedingt fehlen, neben Kinderarbeit und Seelsorge auch noch die schweren Küsterarbeiten erledigen, die Heizung betreuen und im Garten Gemüse anbauen.

Auf dem Hof ist immer etwas los. Der Spielplatz grenzt direkt an die Kirche.

© Andreas Klaer

Nach dem Krieg bleibt es – zumindest in politischer Sicht - kompliziert. Auch die DDR würde die konfessionellen Bildungseinrichtungen am liebsten schließen, aber wenigstens Kindergärten bekommen Bestandsschutz. Unterstützung leistet die Caritas aus West-Berlin. Mit Geld und praktischen Dingen, eine Einfuhrgenehmigung von 1984 listet: Brettspiele, Legoskästen, Fingermalfarben, Stifte, fünf Pakete bunte Strohhalme – und ein Känguruball.

Wir hatten alles im Kopf, Lieder, Reime, Fingerspiele, Kreisspiele.

 Irmgard Wienecke, heutige Leiterin der Kita St. Antonius

Die Kita ist im Osten sehr beliebt: Hier sind die Kinder keinem ideologischen Druck ausgesetzt, dem DDR-Bildungsmonopol entronnen. Die angestellten Erzieherinnen, die 1973 die Marienschwestern ersetzen, werden in kircheneigenen Schulen ausgebildet. Und überhaupt ist manches noch ganz anders als heute: Mühsam wird gesammelt und kopiert, mit Maschine oder gar handschriftlich, was man zur Dokumentation und zum pädagogischen Arbeiten braucht. Die Beschäftigung mit den Kindern ist intensiv und noch analog.

Begangen wird das Jubiläum derzeit mit einer „Festwoche“ bis zum 18. Juni.

© Andreas Klaer

„Wir hatten alles im Kopf, Lieder, Reime, Fingerspiele, Kreisspiele“, sagt die heutige Leiterin Irmgard Wienecke, die 1985 in St. Antonius begann. Das Besondere ist damals bis heute der Zusammenhalt im Team – neun Kolleginnen sind sie heute – und die enge Zusammenarbeit mit den Eltern. Heute gibt es zudem einen sehr engagierten Förderverein, der zum Sommerfest Theaterstücke für die Kinder aufführt.

Die konfessionelle Prägung ist das Kontinuum, das sich durch das Jahrhundert zieht. Kirchliche Anlässe werden mit den Kindern vorbereitet und begangen, Feste gefeiert. Die Kirche zu besuchen, die direkt an den wunderschönen Spielplatz grenzt, ist für die Kinder normal. Oder Pfarrer Karlson kommt in die Kita. Den Trubel vor der eigenen Haustür findet er in Ordnung, auch wenn fast jeden Tag irgendjemandes Geburtstag im Garten gefeiert wird und die Plastikräder der Kipper über den Spielplatz rattern.

Irmgard Wienecke wünscht sich zum Jubiläum, dass die Kita ein Ort des fröhlichen Miteinanders bleibt. Und dass es ein paar mehr Kinder werden: Es gibt noch freie Plätze ab dem Sommer.

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