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Potsdam ist nicht Heidenau. Seit Jahren läuft die Unterbringung von Flüchtlingen in der Landeshauptstadt konfliktfrei.

© dpa

Potsdams Netzwerk gegen Nazis: Keine Zustände wie in Heidenau oder Freital

In Potsdam gab es bislang kaum Proteste gegen Flüchtlinge. Die rechte Szene gilt als schwach. Allerdings können Übergriffe, wie der vermutliche Brandanschlag in Nauen, auch hier nicht ausgeschlossen werden.

Freital, Heidenau – und jetzt Nauen. Während in Sachsen der braune Mob am vergangenen Wochenende ausländerfeindliche Sprüche skandierte und sich Straßenschlachten mit der Polizei vor einer Flüchtlingsunterkunft lieferte, brannte am gestrigen Dienstag im Havelland eine Turnhalle ab, in der Asylbewerber unterkommen sollten. Das sind beschämende Vorgänge, die in Potsdam in den vergangenen Monaten kaum vorstellbar schienen. Seit Jahren organisiert die Landeshauptstadt die Unterbringung von Asylbewerbern relativ geräuschlos und konfliktfrei.

Flüchtlinge in Potsdam werden vorrangig in Wohnungen untergebracht

Derzeit gibt es zehn Gemeinschaftsunterkünfte in der Landeshauptstadt, die im Vergleich zu anderen Kommunen relativ klein sind. In den Einrichtungen finden bis zu 200 Menschen Platz. Vorrangig sollen die Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht werden. Allerdings kommt Potsdam in den kommenden Monaten an seine Kapazitätsgrenzen, da bis Jahresende rund 1600 Flüchtlinge erwartet werden. Deshalb sucht die Landeshauptstadt dringend nach neuen Standorten für die Flüchtlingsunterbringung.

Ein elftes Heim soll im Herbst in der Straße An den Kopfweiden am Schlaatz eröffnet werden. Träger ist der Internationale Bund (IB), der dann für sieben Einrichtungen die Verantwortung trägt. Weitere Träger sind der Verein Soziale Stadt und das Diakonische Werk Potsdam. Wie Stadtsprecher Jan Brunzlow den PNN sagte, haben die Träger mit der Stadt Verträge abgeschlossen, wonach sie für die Sicherheit der Einrichtungen zuständig sind und entsprechende Sicherheitsdienste beauftragen müssen. „Flüchtlinge und Nachbarn haben somit 24 Stunden am Tag Ansprechpartner direkt in den Gemeinschaftsunterkünften“, so Brunzlow. Beim IB sind es tagsüber Sozialpädagogen, die sich um die oft durch Kriege traumatisierten Menschen kümmern. Abends und nachts übernimmt der Wachdienst.

Keine Vorfälle wie in Heidenau oder Nauen

Das System funktioniert offenbar. Entsprechende Vorfälle wie in Heidenau, Freital oder Nauen habe es bislang nicht gegeben, sagte Brunzlow. Und das liegt laut Carol Wiener vom IB auch an den Infoveranstaltungen, die regelmäßig vor der Eröffnung eines neuen Standortes durchgeführt werden. Dort geht es schon mal deutlich zur Sache. Vorbehalte werden geäußert, Ängste vor Kriminalität und fehlender Hygiene, wie beispielsweise bei Veranstaltungen in Groß Glienicke oder Am Stern im Frühjahr. Sie versuche, offen mit diesen Fragen umzugehen und den Anwohnern die Ängste zu nehmen, sagte IB-Betriebsleiterin Wiener im PNN-Interview.

Für Markus Klein vom Mobilen Beratungsteam Potsdam ist die Landeshauptstadt derzeit im Bereich Rechtsextremismus gut aufgestellt. Hier sei es in den vergangenen Jahren relativ ruhig gewesen, sagte Klein den PNN. „Es ist nicht absehbar, dass sich das ändert“, fügte er hinzu. „Im Kleinen“ gebe es natürlich immer mal Schwierigkeiten. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne oder eine kleine Gruppe Anschläge verüben wie jetzt in Nauen. „Das kann auch in Potsdam passieren.“

Gute Zusammenarbeit zwischen der Zivilgeschaft, Stadtverwaltung und Antifa

Klein lobte vor allem die gute Zusammenarbeit zwischen der Zivilgesellschaft, der Politik und der Stadtverwaltung sowie der Antifa in Potsdam. „Alle Akteure kooperieren gut miteinander“, sagte er. Zudem seien einige führende Neonazis aus Potsdam weggezogen. Ebenfalls kein Thema ist in Potsdam laut Klein die neue Partei „III. Weg“, die etwa in Nauen aktiv ist. Weitere Stützpunkte der Gruppierung seien in Werder (Havel) oder Brandenburg/Havel eröffnet worden, sagte Klein.

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Stefan Engelbrecht

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