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Landeshauptstadt: Kein Fall für die Feldjäger

Über 70 Denkmale sind am Sonntag geöffnet, auch Deutschlands größte militärgeschichtliche Bibliothek

Allein 37 Denkmale sind am bundesweiten Tag des offenen Denkmals am kommenden Sonntag in Potsdam zu besichtigen – von der Alten Kirche in Golm über den historischen Backofen am Neuendorfer Anger in Babelsberg bis hin zum Winzerberg Sanssouci. Doch das ist nicht alles: In Potsdam-Mittelmark stehen die Pforten von 35 Denkmalen offen. Dazu gehören die 1898 erbauten Beelitzer Heilstätten als größtes Flächendenkmal Brandenburgs. Dort werden am Sonntag von 11 bis 17 Uhr Führungen durch das erste Fernheizkraftwerk Deutschlands mit Kraftwärmekopplung angeboten.

Im Vorfeld des Denkmaltages am 8. September wurde am Donnerstag im Paulikloster in der Stadt Brandenburg der Denkmalpflegepreis 2013 vergeben. Eine mit 4000 Euro dotierte Auszeichnung ging nach Potsdam – an den LSB Sportservice, der die ehemalige Neue Schule in Bornstedt denkmalgerecht in ein Kinderdorf umgewandelt hat. Der erste Preis ging nach Fürstenwalde (Oder-Spree) für die Instandsetzung der dortigen Spreemühle.

In Potsdam besteht am Sonntag mit Führungen um 13 und um 15 Uhr die Möglichkeit, sich einem Ort zu nähern, den viele für unzugänglich halten – was er aber keinesfalls ist. Auf dem Gelände der Villa Ingenheim, heute Sitz des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr, befindet sich Deutschlands größte militärgeschichtliche Bibliothek. In einer ehemaligen Reithalle, 2007 umgebaut, wartet eine Freihandbibliothek mit 90 000 Bänden auf ihre Nutzer. Der Gesamtbestand – ein großes Depot befindet sich in Strausberg – umfasst sogar 260 000 Bücher und andere Medien, wie Bibliothekschefin Gabriele Bosch am Donnerstag den PNN erklärte. Was sich, wie sie sagt, gerne herumsprechen darf: „Es ist eine öffentliche Bibliothek und die Benutzung sowie die Ausleihe sind kostenlos.“ Und weil sie Humor hat, bestätigt die promovierte Bibliothekarin gern, dass bei Verstreichen der Ausleihfrist keinesfalls die Feldjäger der Bundeswehr vor der Tür stehen. Die bereits erreichte Zahl von 8000 Benutzern im Jahr bezeichnet sie für eine Spezialbibliothek als „ganz ordentlich“.

Denkmalschützerin Sabine Ambrosius lobt den Umbau der Reithalle als „sehr sensibel und feinfühlig“. In das Denkmal wurde durch Architekt Yves Peschke eine zweite Ebene eingezogen, eine Art riesiger Stahltisch, der die Mauern des Altbaus nicht berührt und den man, wie Sabine Ambrosius sagt, „zu irgendeiner Zeit auch wieder zurückbauen könnte“. Auffällig ist, dass der Militärgeschichtlichen Bibliothek jedweder Militärcharme fehlt. Dazu Architekt Peschke: „Wir wollten das Öffentliche und Kommunikative in den Vordergrund stellen.“ Ein moderner Büroanbau besticht durch eine knallrote, völlig militäruntypische Fassade.

Das wertvollste Buch, das Gabriele Bosch nur mit Handschuhen anfasst, ist ein Band mit handgemalten Grafiken von europäischen Festungsbauten, gefertigt von einem niederländischen Künstler im Jahr 1693. Jedoch hat ein Bibliothekar früherer Tage jedes der unbezahlbaren Blätter mit einem Stempel versehen, darauf der Bundesadler und die Aufschrift „Wehrkreisbücherei Dresden“. Die Hauschefin: „Wir sind darüber nicht glücklich.“

www.tag-des-offenen-denkmals.de

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