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Landeshauptstadt: Jung, wild und italienisch

Einst war er „Kanzlerkoch“ – jetzt ist Alexander Dressel Maître im Bayrischen Haus

Einst war er „Kanzlerkoch“ – jetzt ist Alexander Dressel Maître im Bayrischen Haus Von Sabine Schicketanz Er könnte Italiener sein. Die dunklen Haare fallen ungestüm in die Stirn, die Augen, leicht umschattet, lassen Humor erahnen. Alexander Dressel ist einer, der das Leben genießt, soviel verrät sein Äußeres. In dem aber, was wie sein natürliches Umfeld wirkt, ist er außerordentlich besonnen. Dressel ist Koch, Maître genau genommen, und sein Reich ist seit Anfang Dezember die Küche im Souterrain des Hotels Bayrisches Haus im Potsdamer Wildpark. Nur wenige Tage hatte es gedauert, bis Direktorin Gertrud Schmack sich mit ihrem neuen Küchenchef einig war. Dressel, der gebürtige Berliner, weilte in diesen Tagen noch in Italien, doch er sehnte sich zurück in die Heimat, zur Ehefrau und den zwei kleinen Kindern. Drei Jahre war er weg aus der Hauptstadt, nachdem ihn die Berliner Szene zum „Kanzlerkoch“ gekürt hatte – schließlich leitete Dressel dereinst die Küche im In-Lokal Borchardt. „Ach, der Kanzler“, sagt er heute. „Es sollen doch alle kommen.“ Den Erfolg des Borchardt macht er, fast demonstrativ bescheiden, nicht an sich fest. Es sei das „Phänomen des Restaurants“ gewesen, eben die Atmosphäre. Dass er jüngst, mit mageren 32 Jahren, noch das Grand Hotel in Rimini als Executive Chef geleitet hat und gleichzeitig ein Luxus-Hotel in der Toscana, ist Dressel nur eine Handbewegung wert. Doch seine anderen Stationen haben es nicht minder in sich: Mit Heinz Beck kochte er in Rom im Sterne-Restaurant „La Pergola“ des Cavalieri Hilton, seine Arbeit im „Schwarzen Adler“ in Kitzbühl belohnten die Gourmet-Kritiker vom „Gault Millau“ mit der Auszeichnung zum Aufsteiger des Jahres. Gleichzeitig reihte er sich ein in die „Jungen Wilden“, ein Koch-Ensemble, das darauf aufmerksam machen wollte, „dass es in den Küchen auch eine Generation unter 50 gibt“. Jung und wild habe aber wenig zu tun mit „super-kreativ und ganz verrückt“, sagt Dressel. In seinem speziellen Fall heißt es leicht, sehr vielfältig, irgendwo zwischen klassisch und modern, sowie äußerst geschmackvoll. Als der Maître jüngst beim Neujahrsempfang ein „Flying Buffet“ mit 13 Gängen austragen ließ – darunter kleine Tellerchen mit sautierter Jakobsmuschel auf Kürbiskraut und Pinienpesto oder auch glasierter Perlhuhnbrust mit Sauerkrautravioli und Trauben – gab es schon zur Halbzeit spontanen Applaus. Er habe, sagt Dressel über seine kulinarische Philosophie, „einen Schlag wegbekommen aus Italien“. Besonders gern beschäftigt er sich mit Fisch, das verriet das „Flying Buffet“: Jakobsmuschel, Rougetfilet, Saibling, Störfilet und Lachs fanden sich hier. Dass Dressel nach Potsdam gekommen ist, aus dem legeren Italien in ein Hotel mitten im märkischen Wald, kommentiert er mit einem flüchtigen Gottseidank. „Richtig wohl fühle ich mich nur am Herd“, erklärt er – und dort stehen konnte er in so ausgedehnter Form längst nicht mehr. Dass ihn das Kochen froh machen würde, wusste Dressel schon als Kind, „obwohl ich ein schlechter Esser war“. Aber die Gastronomie lag in der Familie. „Mein Großvater hatte ein Hotel in Templin.“ Die Brandenburger Wurzeln will er nun wieder entdecken. „Ich werde mir Potsdam näher anschauen – und auch, was die Kollegen hier so tun.“ Die Gastronomie der Landeshauptstadt, findet er, müsse aus dem „Schatten Berlins“ hinaustreten. Dass Dressel seinen Beitrag dazu leistet und nicht wie sein Vorgänger im Bayrischen Haus nach ein paar Wochen wieder verschwunden ist, davon ist auszugehen. Es scheint nämlich, als wolle er Abstand nehmen von dem Nomadendasein, das Spitzenköche gewöhnlich führen. „Jetzt ist Schluss mit dem Umziehen.“ Eine Entscheidung „pro Familie“, die Tochter ist gerade in den Kindergarten gekommen.

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