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Für Weltoffenheit. Parteiübergreifende Gegendemo am Samstagmorgen.

© M. Thomas

Landeshauptstadt: Hupen gegen Nazis

Gruppe von neun NPDlern vor Asylbewerberheim: Über 200 Gegendemonstranten bekannten Farbe

Am Schlaatz - Es war als Provokation gedacht: Für den Samstagvormittag hatte der NPD-Kreisverband Havel-Nuthe eine Demonstration vor dem Asylbewerberheim im Schlaatz angemeldet. Doch schon über eine Stunde vor deren Beginn um 9.30 Uhr sammelten sich Gegendemonstranten auf dem Magnus-Zeller-Platz – da war von den Rechtsextremen noch nichts zu sehen.

Trotz des sehr kurzen Vorlaufs – die NPD hatte den Aufmarsch erst in letzter Minute angemeldet, die Minimalfrist sind 48 Stunden – konnte das Bündnis „Potsdam bekennt Farbe“ insgesamt rund 200 Gegendemonstranten mobilisieren – vor allem über Facebook hatte sich der Aufruf schnell verbreitet.

Die neun Rechtsextremen, die schließlich um halb zehn ihre Banner entrollten, zielten klar darauf ab, Migranten und Zuwanderer zu kriminalisieren. Die Wahl des Standortes in unmittelbarer Nähe zum Asylbewerberheim habe sich aber nicht verhindern lassen, sagte Polizeisprecher Nico Neuendorf den PNN. Zum Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gehöre auch die Wahl des Ortes. Um hier einzugreifen, seien die Hürden sehr hoch. „Verhindern hätte sich das nur lassen, wenn durch die Demo an diesem speziellen Ort mit Straftaten zu rechnen gewesen wäre“, sagte er. Das habe man im Hinblick auf das Konfliktpotenzial rechtlich geprüft, so Neuendorf.

Die angemeldete Stunde über, die sich Rechtsextreme und Potsdamer Bürger gegenüberstanden, verlief ruhig. 60 Polizisten waren im Einsatz und sorgten dafür, dass Rechtsextreme und Gegendemonstranten auf jeweils ihrer Seite des Magnus-Zeller-Platzes blieben. Richtig laut wurde es nur einmal, als die NPDler zu einer Rede ansetzten. Die Worte gingen jedoch unter im Lärm der Trillerpfeifen und lauten Buh-Rufe von der anderen Seite.

„Wirklich Fuß fassen könnten die Rechtsextremen in Potsdam nicht“, sagte Chu Eben vom Verein Refugees Emancipation. Dazu sei Berlin zu nah, dessen weltoffenerer Geist wirke sich auch auf Brandenburgs Landeshauptstadt aus. „Das bedeutet aber nicht, dass die NPD in der Stadt nicht sehr aktiv ist.“ Das mache sich auch im Alltag von Flüchtlingen bemerkbar – vor allem psychologisch. Es gebe aber auch Momente, in denen er sich physisch bedroht fühle, sagt Eben.

Zwischendurch versuchten drei Schüler der Steuben-Gesamtschule, vorbeifahrende Autofahrer zum Mitprotestieren zu motivieren: „Hupen gegen Nazis“ hatten sie auf drei Pappschilder geschrieben und sich damit an den Straßenrand gestellt. Dass die Vorbeifahrenden nicht reagierten, könnte daran gelegen haben, dass sich die drei in falscher Reihenfolge aufgestellt hatten. „Nazis gegen Hupen“ war zu lesen – bis die drei den Fehler bemerkten.

„Wir haben erneut gezeigt, dass für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit kein Platz in der Stadt ist – und wir dank des Bündnisses auch sehr kurzfristig auf solche Aktionen reagieren können“, sagte Bürgermeister Burkhard Exner (SPD), als die Rechtsextremen um Punkt halb elf ihr Banner zusammenrollten. Wichtig sei aktuell, dass das NPD-Verbotsverfahren rasch über die Bühne gebracht werde – auch wenn das kein Allheilmittel sei: „Wir müssen auch im Kleinen Engagement zeigen – so wie es die Potsdamer heute getan haben“, so Exner. Das werde auch künftig so bleiben.

Der Linken-Kreisvorsitzende Sascha Krämer wertete es außerdem als besonderen Erfolg, dass trotz der frühen Uhrzeit so viele Menschen gekommen waren und auch fast alle Rathausfraktionen vertreten waren. „Das zeigt, wie diese Stadt tickt.“ Ariane Lemme

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