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Ende Oktober 2022 war mehr als 100 Bewohner:innen der Josephinenanlage in Potsdamgekündigt worden. 

© Ottmar Winter

Horrende Mieten für kleine Appartements: Weiterhin Ferienwohnungen in der Potsdamer Josephinenanlage?

In dem Gebäude wohnen inzwischen auch Geflüchtete. Eine gewerbliche Nutzung ist der Verwaltung nicht bekannt. Die Stadtverordnete Anja Günther (Sozial.DieLinke) ist skeptisch.

Die Briefkästen im Eingangsbereich der Josephinenanlage sind inzwischen mit Namensschildern versehen. Zumindest zu einem großen Teil: Zahlreiche sind nach wie vor nicht beschriftet. Doch wer sich beim Concierge nach freien Wohnungen in der Anlage erkundigt, dem wird gesagt, dass diese ausschließlich für Geflüchtete und Studierende zur Verfügung stünden.

Stellt die MK Kliniken AG, Eigentümerin der Josephinenanlage, dort tatsächlich nur noch dauerhaften Wohnraum zur Verfügung? Der Klinikkonzern aus Hamburg hat mehr als einmal gezeigt, dass er ein offenbar unzuverlässiger Partner ist: 2021 hatte MK Kliniken mehr als hundert Seniorinnen und Senioren gekündigt und die frei gewordenen Appartements danach auf der Ferienwohnung-Plattform Airbnb angeboten.

Wie PNN-Recherchen gezeigt haben, war dieses Verhalten kein Einzelfall, auch andernorts ging MK Kliniken nach diesem Muster vor. Ende 2022 kündigte die Stadt ein Verbot der Airbnb-Vermietung an. MK-Kliniken zeigte sich davon unbeeindruckt und schrieb eine Stelle für einen Hotelmanager aus

Das Agieren des Konzerns ist fraktionsübergreifend in der Stadtverordnetenversammlung kritisiert worden, auch der Seniorenbeirat, Mieterverein und Verbraucherschutz verurteilten den Rausschmiss der Senioren. Die Reaktion auf den Gegenwind war bemerkenswert: In einem Anzeigenblatt schaltete der Konzern Anfang 2023 Annoncen im Stil eines Bild-Zeitungsartikels. Dort wurde behauptet, die Stadt verhindere den Einzug von ukrainischen Geflüchteten. Kritiker der MK Kliniken wurden als linksradikal oder als Kommunisten beschimpft.

Stadt schließt „normale, unbefristete Verträge“ ab

Im Internet finden sich tatsächlich Annoncen für Studentenwohnungen in der Josephinenanlage. Die Stadt Potsdam bestätigt auf PNN-Anfrage, dass inzwischen auch Geflüchtete in der Anlage wohnen würden. Mietverträge, die das bestätigen, würden vorliegen. „Das sind normale, unbefristete Verträge“, sagte ein Stadtsprecher.

Die Stadt habe die Wohnungen in der Anlage allerdings nicht von sich aus an Geflüchtete vermittelt. „Es gab einen SVV-Beschluss, nicht mit dem Eigentümer zu verhandeln und über den setzen wir uns auch nicht hinweg“, hieß es. „Auch werden unseres Wissens keine Appartements mehr über Airbnb angeboten“, so der Stadtsprecher.

Bei den vermieteten Wohnungen handelt es sich laut Stadt um möblierte Wohnungen. Für diese gilt der Mietspiegel nicht, was bedeutet: Möblierte Appartements können für sehr viel mehr Geld vermietet werden, als eine vergleichbare nicht möblierte Wohnung.

Nach derzeitigem Kenntnisstand liegt insbesondere keine gewerbliche Nutzung, beispielsweise die (Kurzzeit)Vermietung an Tourist*innen, vor.

Antwort der Stadtverwaltung auf eine Kleine Anfrage der Stadtverordneten Anja Günther (Sozial.DieLinke)

Tatsächlich haben sich in der vergangenen Woche keine Annoncen mehr auf Airbnb gefunden, in denen Appartements in der Josephinenanlage angeboten worden sind. Doch anders als behauptet, vermietet MK Kliniken hier nicht ausschließlich an Studierende und Geflüchtete: Auf dem Internetportal wunderflats.de wird ein „gepflegtes und modernes Appartement direkt an der Freundschaftsinsel“ angeboten, beworben mit einem etwas verpixelten Foto der Josephinenanlage. Die Monatsmiete für 24 Quadratmeter im elften Stock: 950 Euro. Das Appartement wird nur befristet angeboten, die maximale Aufenthaltsdauer beträgt sechs Monate.

Diese Form der Vermietung war der Stadtverwaltung offenbar nicht bekannt: „Nach derzeitigem Kenntnisstand liegt insbesondere keine gewerbliche Nutzung, beispielsweise die (Kurzzeit)Vermietung an Tourist*innen, vor“, hieß es in einer Antwort der Stadtverwaltung auf eine Kleine Anfrage der Stadtverordneten Anja Günther (Sozial.DieLinke).

Günther will sich damit nicht zufriedengeben: „Es handelt sich um einen Eigentümer, der mehrfach nachgewiesen hat, dass man ihm nicht trauen kann“, sagt sie. Inwieweit wirklich, wie von der Stadtverwaltung angenommen, Wohnraum vermietet werde und zu welchen Mietpreisen, das müsse aus ihrer Sicht rasch geklärt werden. Die MK Kliniken ließen Anfragen der PNN unbeantwortet.

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