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Homepage: Gespür für Menschen

Sozialminister Günter Baaske sprach an der Fachhochschule über Handlungsfelder Sozialer Arbeit

Sozialminister Günter Baaske sprach an der Fachhochschule über Handlungsfelder Sozialer Arbeit Von Jan Kixmüller Einen Job mit Zukunft konnte Brandenburgs Sozialminister Günter Baaske (SPD) den Potsdamer Sozialarbeitsstudenten der Fachhochschulen nennen. Nach den Reformen auf dem Arbeitsmarkt, die mit der Umsetzung des Hartz-Konzeptes in diesem Jahr begonnen haben, würden bald dringend Vermittler gesucht. Menschen, die ein Gespür für die in Arbeitslosigkeit geratenen Betroffenen haben, die die richtigen Fragen stellen, etwa was ihre Interessen sind, wie die Situation der Familie ist, aber auch etwaigen Leistungsmissbrauch ermitteln. Diese Vermittler der neuen Job-Agenturen müssen es schaffen, die Menschen in die richtigen Jobs zu bringen und sie für das Arbeitsleben (neu) zu motivieren. Sicher keine einfache Aufgabe. „Ich bin skeptisch dass dies die Verwaltungsbeamten der Bundesanstalt für Arbeit können“, sagte Baaske am Mittwoch zum Abschluss der Ringvorlesung „Handlungsfelder Sozialer Arbeit“. Wichtig sei eben auch herauszubekommen, ob jemand überhaupt den Willen hat, ernsthaft eine Arbeit zu verrichten. Wie man dies herausfindet, dürfte eine der Herausforderungen sein, die auf die Sozialarbeiter der Zukunft zukommt. Pauschalurteile, dass Arbeitslose gar nichts tun wollen, lehnte Baaske ab; dennoch habe es in der Vergangenheit immer wieder einige schwarze Schafe gegeben. Letztlich aber habe sich der Staat bislang zu wenig, zu oberflächlich um die Arbeitslosen gekümmert. Grundlegendes Problem, das durch die Hartz-Reform nun angegangen werden soll, ist laut Baaske der „Verschiebebahnhof“ im Bereich des Arbeitsmarktes. Bekommt ein Langzeitarbeitsloser keine Arbeitslosenhilfe mehr, kommt er zum Sozialamt, wenn er dann ein Jahr beschäftigt war, landet er wieder in die Obhut der Bundesagentur für Arbeit (BA). So finde keine ernsthafte Vermittlung statt. Nun gelte die Maßgabe, dass Kommunen und BA enger miteinander kooperieren sollen. In Zukunft sei sogar zu erwarten, dass die Kommunen die neue Option nutzen, Langzeitarbeitslose ab kommendem Jahr alleine zu beraten. Ab 2005 müssen sie für deren Unterkunft aufkommen. „Und bevor sie zusehen, dass die BA sie nicht vermittelt, nehmen sie dies sicher lieber selbst in die Hand“, schätzt Baaske. Grundlegende Voraussetzung bleibe aber die Reform der Vermittlungspraxis, denn der bisherige Schlüssel von einem Vermittler auf 800 Arbeitslose lasse kaum brauchbare Ergebnisse zu. Es spreche für sich, wenn gerade mal ein Viertel der Menschen, die wieder in den Arbeitsmarkt kommen, diesen Weg über das Arbeitsamt gemacht haben. 60 Prozent der Unternehmen würden zudem freie Arbeitsstellen nicht dem Arbeitsamt melden, da sie sonst mit einer Flut von Bewerbern zu kämpfen hätten. „Hier müssen von den Vermittlern passenden Leute vorgeschlagen werden“. Auch müsse die Politik längerfristig denken: Dass heute bei 240 000 Arbeitslosen in Brandenburg ein Fachkräftemangel herrsche, liege vor allem daran, dass vor zehn Jahren falsch ausgebildet wurde. Minister Baaske wollte den Studierenden in erster Linie vermitteln, was aus dem Hartz-Konzept geworden ist. Die Personal Service Agenturen (PSA), die wie Leiharbeitsfirmen funktionieren, wobei allerdings in feste Jobs und nach Tarif vermittelt werden soll, haben in Brandenburg noch keinen großen Erfolg. 46 PSAs gibt es derzeit im Land, die Vermittlungsquote sei noch gering, aber mit steigender Tendenz. „Es ist auch ein Erfolg, dass so die Leiharbeit aus der Schmuddelecke geholt wird“, so Baaske. Die Ich-AGs sieht der Minister in Brandenburg als „Erfolgsmodell“. Es habe eine große Nachfrage gegeben, allein über 5000 Ich-AGler im vergangenen Jahr. „Manch einer hat sein Hobby zum Beruf gemacht“, weiß Baaske. Allerdings sei es heikel, dass für die jeweilige AGs keine Kalkulation erstellt werden müsse. Brandenburg will hier mit „Lotsendiensten“ zur Beratung gegensteuern. Auch die Mini-Jobs hält Baaske trotz der aktuellen Kritik, dass damit reguläre Jobs ersetzt würden, für sinnvoll. „Sie sind ein geeignetes Mittel gegen Schwarzarbeit.“ Ebenso begrüßt der Minister, dass es nun Anreize gibt, ältere Arbeitnehmer einzustellen. Sehr kritisch hingegen sieht er die Kürzungen bei Arbeitslosengeld- und hilfe. Die Bezüge würden sich ab kommendem Jahr, wenn Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammengelegt werden, verringern, ohne dass die Vermittlung von Arbeitslosen zunehme. „Mehr Druck auf die Arbeitslosen auszuüben, bringt vor allem hier im Osten gar nichts, da es zu wenig offene Stellen gibt“, stellte der Minister fest. Unsinnig findet er auch die Praxis der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM). Hier müsse der Arbeitsumfang festgelegt werden. Auch sei es fatal, wenn beispielsweise ein Koch lieber als ABM arbeitet, da er so keinen Schichtdienst habe und besser verdiene – obwohl Köche dringend gesucht würden. Was das Hartz IV-Paket betrifft, so ist Baaske zuversichtlich dass ein akzeptabler Kompromiss gefunden wurde. Den Vorschlag, dass Sozialhilfeempfänger jede Arbeit zum Sozialhilfesatz annehmen müssten, hätte man abwenden können. Sorgen bereitet Baaske schließlich die demographische Entwicklung. In zehn Jahren werde es in Brandenburg acht Prozent weniger Menschen und 50 Prozent mehr Rentner geben. Ein Studierender wollte daraufhin wissen, wieso das Land dann weiterhin Einwanderer abschiebe. Eine Praxis, die Baaske nach eigenen Worten ebenso wenig gutheißt. Für Sozialarbeiter sind die demographischen Prognosen jedoch gar nicht so schlecht, in einer überalterten Gesellschaft dürften ihre Fähigkeiten gefragt sein.

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