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Landeshauptstadt: Erst Park, dann Kirche

In den Bürgerdialog Garnisonkirche kommt Bewegung. So soll die Plantage schon früher bebaut werden

Innenstadt - Die Stadtverwaltung will noch in diesem Jahr Klarheit über das weitere Vorgehen im Bürgerdialog zur Garnisonkirche, dem Rechenzentrum und der Plantage. Wie aus einer entsprechenden Beschlussvorlage für den Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung in der kommenden Woche hervorgeht, soll ein Realisierungswettbewerb für die Gestaltung der Plantage noch im Dezember beginnen und bis Mitte 2016 abgeschlossen sein. Baubeginn auf dem Gelände in direkter Nachbarschaft zur 1968 gesprengten Garnisonkirche wäre dann im April 2017. Für eine Entscheidung über einen Wiederaufbau der Garnisonkirche müsste aber weiter das Ergebnis des Bürgerdialogs abgewartet werden.

Laut Vorlage müsse darauf geachtet werden, dass durch die Baumaßnahmen an der Plantage keine „Vorfestlegungen für den südlichen Teil“ entstehen. Dort stand früher die Garnisonkirche, jetzt ist hier auch das Rechenzentrum zu finden, das nun als Künstler- und Kreativhaus genutzt wird. So wurden vier Szenarien als mögliches Ergebnis des Bürgerdialogs festgehalten. Der Bau des Turms und des Schiffes der Garnisonkirche, nur der Turmbau, die Realisierung des Turms bei gleichzeitiger Erhaltung des Rechenzentrums oder die alleinige Erhaltung des Rechenzentrums ohne Kirchenbau.

Die Stadtverwaltung begründete ihren Vorstoß mit zeitlichen Grenzen. So drohe bei einer weiteren Verschiebung der Planungs- und Baumaßnahmen zur Plantage der Verlust der Städtebauförderung des Landes. Damit sei dann die Gesamtfinanzierung des Sanierungsgebietes „Potsdamer Mitte“ gefährdet, hieß es. Auch sei die bauliche Realisierung der Plantage wesentlich für die Entwicklung der angrenzenden Areale wie der Alten Feuerwache oder des ehemaligen Langen Stalls als innerstädtische Wohnorte. Wie berichtet soll die Feuerwache bis Sommer kommenden Jahres abgerissen werden. Derzeit ist noch die Jüdische Gemeinde Potsdam in einem Nebengebäude untergebracht.

Zugleich wurde der Bericht zum Verlauf des Bürgerdialogs bekannt, den die Berliner Complan Kommunalberatung im Hauptausschuss in der vergangenen Woche vorstellte. Grundlage dafür waren die Rückmeldungen der Beteiligten auf einen „Letter of Intent“, den Complan erarbeitet hatte. Demnach gibt es weiterhin große Differenzen zwischen Befürwortern und Gegnern eines Wiederaufbaus der Garnisonkirche. „Ein hohes Maß an gegensätzlichen Aussagen betrifft die Ziele des Verfahrens“, heißt es. Die Befürworter wie die Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam oder Mitteschön forderten, dass Rahmenbedingungen anerkannt und die Akzeptanz von „Zwangspunkten für notwendig erachtet“ werden. Gemeint sind die bestehende Baugenehmigung für den Kirchturm oder die zeitlichen Zwänge für die Verwendung von Fördermitteln.

Die Organisatoren des Bürgerdialogs stellten zudem auf beiden Seiten „ganz offensichtlich Vertrauensdefizite“ zur Kommunalpolitik fest, etwa durch das Engagement von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) im Kuratorium der Stiftung Garnisonkirche oder die Zwischennutzung des Rechenzentrums. Auch werde die Verbindlichkeit und Verlässlichkeit der Stadtverordneten durch Prozessbeteiligte angezweifelt. Hier müsse die Rolle der Kommunalpolitik „aktiv geklärt werden“.

Doch wie geht es nun weiter? Seit Beginn im April läuft der Dialog hinter verschlossenen Türen – teils in Einzelgesprächen. An den gegensätzlichen Positionen hat sich nichts geändert, Mitte Oktober drohten die Gegner des Wiederaufbaus mit Ausstieg. Die Initiative „Potsdamer Mitte neu denken“ forderte einen Bürgerentscheid zur Garnisonkirche, um in dieser Frage eine Klärung zu erreichen.

Complan zufolge müsste der Bürgerdialog nun öffentlich weitergeführt werden. So könnten Interessierte in Gesprächsrunden und Diskussionsforen über den Stand des Dialogs informiert werden. Auch müssten die kommunalen Gremien informiert und Beschlussempfehlungen für die Stadtverordnetenversammlung vorbereitet werden. Zudem empfehlen die Experten ein Bürgergutachten. Auch soll ein sogenannter Begleitkreis berufen werden, dem neben Vertretern der Fraktionen Mitglieder des Beteiligungsrats und der Religionsgemeinschaften sowie Mitglieder engagierter Gruppen angehören sollen. Er soll Hinweise und Empfehlungen geben und bei Bedarf Stellung beziehen. Die geschätzten Gesamtkosten für den weiteren Ablauf des Bürgerdialogs betragen demnach 160 000 Euro.

Die Garnisonkirche war im April 1945 durch britische Bomben schwer beschädigt und später gesprengt worden. Am 21. März 1933, dem „Tag von Potsdam“, reichten sich hier Reichspräsident Paul von Hindenburg und Reichskanzler Adolf Hitler demonstrativ die Hand.

Stefan Engelbrecht

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