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Aus dem GERICHTSSAAL: Erpressung im Internet-Café des Bahnhofs

Angeklagter: Ich wollte meinen Freunden helfen

Valentin B. (37) soll im Oktober 2003 mit zwei Kumpels einen Mitarbeiter des Internet-Cafés in den Bahnhofspassagen erpresst haben. Die vermeintlichen Mittäter sind nicht mehr greifbar. So saß der gebürtige Kasache jetzt allein auf der Anklagebank des Amtsgerichts – und wiegelte ab. Er habe weder jemanden bedroht noch genötigt, betonte der bereits wegen Urkundenfälschung, Betruges sowie Fahrens ohne Fahrerlaubnis Vorbestrafte. „Ich wollte meinen Freunden lediglich helfen.“

Michael S. (25) – er war zur damaligen Zeit als Aushilfe in dem Café tätig – empfand die Situation laut eigener Aussage als beängstigend. „Zwei Freunde des Angeklagten kamen mit alkoholischen Getränken ins Café. Ich sagte ihnen, sie möchten das Zeug draußen trinken. Alkohol ist bei uns nämlich verboten“, erläuterte der junge Mann. „Danach hätten sie wiederkommen können.“ Doch die Herren hätten sich in ihrer Ehre gekränkt gefühlt. Sie hätten mit ihm gestritten, seien schließlich erbost von dannen gezogen, hätten Valentin B. als Verstärkung geholt. Der habe Geld gefordert, damit man den Vorfall vergessen könne. „Ich wollte es auf meine Art regeln und versuchte, vernünftig mit ihnen zu reden. Irgendeiner der drei, ich weiß nicht mehr wer, forderte dann eine Flasche Wodka, die ich im Kaufland besorgte“, so der als Zeuge Geladene. „Aber der Schnaps genügte den Männern plötzlich nicht mehr. Sie drohten, das Café und mich auseinanderzunehmen, wenn ich ihnen nicht 30 Euro gebe.“ Daraufhin habe er den in Berlin weilenden Geschäftsführer angerufen und ihm die Situation geschildert, berichtete der Ex-Mitarbeiter. „Mein Chef sagte, ich solle ihnen das Geld geben, bevor sie alles kurz und klein schlagen. Der Angeklagte nahm mir den Hörer aus der Hand und sprach selbst noch mit meinem Vorgesetzten.“ Auch ihm habe Valentin B. unmissverständlich erklärt, es werde etwas passieren, falls Michael S. der Forderung nicht umgehend nachkomme.

„Wir haben 27 Standorte, ich kann mich nicht an jeden einzelnen Vorfall erinnern“, blockte der Geschäftsführer ab. Dann fiel ihm doch noch etwas ein. „Mein Mitarbeiter hatte den zwei Gästen Hausverbot erteilt. Das empfanden sie als Beleidigung.“ Amtsrichterin Kerstin Devriel half dem Gedächtnis des Zeugen weiter auf die Sprünge: „Sie haben bei der Polizei ausgesagt, Sie hätten selbst mit dem Angeklagten gesprochen.“ Dies bestritt der Geschäftsführer anfangs vehement, schließlich räumte er ein, „es könne so gewesen sein“. Allerdings könne er sich an den Wortlaut des Telefonats nicht mehr entsinnen. „Der Vorfall liegt über zwei Jahre zurück, die Mittäter sind verschwunden“, konstatierte die Vorsitzende. Mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft stellte sie das Verfahren gegen Valentin B. im Hinblick auf eine im Vorjahr gegen ihn verhängte Geldstrafe von 500 Euro ein. „Das ist aber kein Freifahrtschein“, warnte sie. Hoga

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