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Am Staudenhof scheiden sich in Potsdam die Geister.

© Andreas Klaer

Potsdam vor der Kommunalwahl: Empörung über Klipps Alleingang

Nach dem Staudenhof-Vorstoß wird Potsdams Baudezernent Matthias Klipp parteiübergreifend scharf kritisiert.

Innenstadt - Baudezernent Matthias Klipps erneuter Vorstoß zum Erhalt des Staudenhof-Wohnblocks am Alten Markt sorgt für Empörung: SPD, CDU, FDP, Potsdamer Demokraten und Klipps Grünen-Parteifreunde attackieren den Beigeordneten in scharfer Form. „Die Alleingänge von Herrn Klipp nehmen kein Ende – wie ein roter Faden ziehen sich verbale Entgleisungen und zunehmende Ignoranz gegenüber Bürgern und Stadtverordnetenbeschlüssen durch seine Amtszeit“, sagte etwa SPD-Fraktionsvize Pete Heuer am Dienstag den PNN. Heuer drängte auch darauf, dass sich der Beigeordnete am Abend im Bauausschuss erklären sollte.

Anlass des neuerlichen Ärgers ist ein Auftritt von Klipp beim Rathausreport der Linken am Wochenende (PNN berichteten). Dort berichtet er von einer den Stadtverordneten bislang nicht vorliegenden Untersuchung des Wirtschaftsprüfungsunternehmens KPMG, wonach ein Abriss des Staudenhofs unwirtschaftlich sei. Zugleich rief Klipp die Mieter des Staudenhofs auf, sich stärker für den Erhalt des Hauses einzusetzen.

Dabei hatte das Stadtparlament 2012 beschlossen, den Staudenhof nach 2022 abreißen zu lassen, weil der Bau nicht zu den geplanten Leitbauten in der neuen Potsdamer Mitte passe. Der Abriss soll laut Beschlusslage mit preiswertem Wohnungsneubau in der Mitte kompensiert werden. Die Entscheidung hatte die Rathauskooperation aus SPD, CDU, Grünen und FDP initiiert – gegen den Willen der Linken.

„Der Beschluss gilt, da kann sich Herr Klipp auf den Kopf stellen“, sagte nun Peter Schultheiß von den Potsdamer Demokraten. Heuer sagte, die SPD wolle das von Klipp vorgestellte Gutachten und die Auftragsvergabe dafür überprüfen lassen. Klipp habe sich offenbar nicht an den Beschluss für eine Machbarkeitsstudie gehalten, wie nach einem Abriss des Staudenhofs preiswerter Wohnraum in der Innenstadt erhalten werden könne.

Dass Klipp ausgerechnet bei den Linken erneut für den Staudenhof warb, stellt für die CDU eine Unverschämtheit dar, wie Fraktionschef Horst Heinzel den PNN sagte. Als Beamter müsse Klipp neutral handeln und dürfe für die Stadtverordneten bestimmte Gutachten nicht exklusiv bei nur einer Partei bekannt machen. Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) müsse Klipp für dieses unabgestimmte Verhalten rügen, so Heinzel.

Ein Stadtsprecher wollte sich dazu nicht äußern und verwies auf Klipps Aussage, er habe lediglich einen Sachstand mitgeteilt – statt ein fertiges Ergebnis. Den PNN sagte Klipp, die Stadtverordneten würden schnellstmöglich informiert.

Indes ist auch für die Liberalen das Agieren Klipps Ausdruck dafür, dass bei der Stadtpolitik der Grünen keine einheitliche Linie zu erkennen sei, wie FDP- Fraktionschef Johannes von der Osten-Sacken sagte. Auch innerparteilich sorgte Klipps Alleingang für Kritik. Klipp habe seine Partei erneut brüskiert, so Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke. Bereits vor vier Monaten hatte Klipp erreichen wollen, dass sich die Grünen entgegen ihrer bisherigen Linie für den Staudenhof- Erhalt einsetzen sollten. Nur mühsam hatten sich die Wogen damals glätten lassen, nun ist der Ärger umso größer.

Klipp fühlt sich seiner Partei dennoch verbunden: „Wer wie ich 1989 ins Neue Forum eingetreten ist, tritt jetzt nicht aus, weil in Potsdam einige behaupten, es sei eine grüne Position, ein vollvermietetes und funktionierendes Wohnhaus abzureißen.“ Er halte den Staudenhof-Abriss für unökologisch und unsozial: „Und ich werde weiter für meine Überzeugung kämpfen.“

Unklar ist Klipps Motiv, ausgerechnet bei den Linken wiederholt für den Staudenhof zu werben. Heuer sagte, der Baudezernent versuche seine selbstherrliche Amtsführung durch die neue Liebe zur Linken abzusichern. Von der Osten-Sacken sagte, dass Klipp mit seinem Agieren politische Kompromisse auf anderer Ebene möglich mache – und verwies auf den mit rot-rot-grüner Mehrheit gefassten Beschluss zur Schulfinanzierung. Heuer wies das als „völligen Unsinn“ zurück.

Unterstützung erhält Klipp dagegen von Bauunternehmer Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis und natürlich von den Linken. Kirsch sagte, der Dezernent zeige die von der Stadtpolitik vielfach gewünschte Transparenz. Scharfenberg kündigte an, im Mai im Stadtparlament zu beantragen, das Moratorium für den Staudenhof aufzuheben und dessen dauerhaften Erhalt zu sichern. Klipp komme nur seiner Verantwortung als Aufsichtsratsvorsitzer der Pro Potsdam nach, das Unternehmen mit einem Abriss vor Schaden zu bewahren.

* Am Mittwoch stellte Wolfhard Kirsch vom Bürgerbündnis klar: Trotz seiner Verteidigung von Klipp stehe das Bürgerbündnis zur Rückgewinnung der historischen Mitte, was einen Rückbau des Staudenhofs in angemessenem Zeitrahmen einschließe. (die Redaktion)

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