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Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) vor den Stadtverordneten.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

„Die fetten Jahre machen Pause“: Potsdam muss jetzt sparen – mehr als 200 Millionen Euro Minus

Oberbürgermeister Mike Schubert stimmt die Landeshauptstadt auf ein Sparprogramm ein. Die Spielräume würden kleiner. Erste Konsequenzen wurden bereits gezogen.

Die Finanzlage der Stadt Potsdam wird immer dramatischer. Erstmals seit vielen Jahren muss die Stadt ein Sparprogramm auflegen. Diesen Konsolidierungskurs kündigte Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD)am Mittwoch in seiner Rede vor der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung an. „Die sprichwörtlichen finanziell fetten Jahre Potsdams machen gerade definitiv zumindest Pause“, sagte er. Schon jetzt sei klar, dass vieles von dem, „was uns wichtig erscheint oder vielleicht auch ist“, geschoben, zur Seite gelegt oder auch gestrichen werden muss. Die Spielräume würden immer kleiner.

So geht die Stadt bis Ende 2027 nicht mehr nur von einem Gesamtminus von 187,9 Millionen Euro aus, sondern nun laut Schubert von rund 200 Millionen Euro. Grund sind Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe, die nun auch für dringend benötigte Schulplätze eingeplant werden müssen. Schubert erklärte, bei den weiterführenden Schulen müsse platzmäßig dringend nachgesteuert werden - schon dieses Jahr hatten 150 Plätze an Gymnasien gefehlt, nun müssen bestehende Schulen den Überschuss aufnehmen.

Die sprichwörtlichen finanziell fetten Jahre Potsdams machen gerade definitiv zumindest Pause.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD)

Schubert ging auch auf die Wünsche der Politik zum Haushalt ein. Die Änderungsanträge der Fraktionen summieren sich aktuell auf etwa 30 Millionen Mehrbedarf, nur im Jahr 2023. „Die meisten ihrer Forderungen kann ich verstehen, viele würde ich bei einer anderen Kassenlage mittragen“, sagte Schubert. Das man nicht sofort sparen müsse, liege nur am Brandenburg-Paket der Landesregierung. Das Stabilisierungsprogramm solle Anfang 2024 beschlossen werden. Es gehe aktuell um rund 24 Millionen Euro Defizitreduzierung pro Jahr: „Ich hoffe, dass das noch sinkt.“ Als erste Maßnahme nannte Schubert: „Von den 290 zusätzlichen Stellen für 2023/2024 werden wir zunächst 100 Stellen bis zum Beschluss des Stabilisierungsprogramms sperren.“

Haushaltsentwurf soll nicht zurückgezogen werden

Kein Beschluss solle zukünftig ohne eine vollständige Darstellung der personellen, organisatorischen und finanziellen Auswirkungen mehr getroffen werden. „Erst nach Beschluss einer haushalterischen Deckung der Kosten durch die Stadtverordnetenversammlung, kann zukünftig mit der Umsetzung begonnen werden.“ Den Haushaltsentwurf für 2023 und 2024 wolle er aber nicht zurückziehen. In den kommenden Tagen werde es eine erste Runde mit den Fraktionen geben, so Schubert. „Diese Situation ist neu für uns und braucht eine gemeinsame Antwort. Diese Situation ist, gelinde gesagt, extrem herausfordernd und schwierig.“ Dabei erwähnte Schubert auch die besondere Lage, dass im Stadtparlament inzwischen elf Fraktionen sitzen. 

Bereits Ende April hatte Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) über das Rekorddefizit geklagt. So drohen Zusatzkosten in Millionenhöhe für die Flüchtlingsunterbringung, die finanziellen Nöte des Bergmann-Klinikums und der hohe Tarifabschluss im öffentlichen Dienst die Stadt Potsdam völlig zu überfordern. Zudem müsse man auch die Infrastruktur für die wachsende Stadt absichern, so Schubert mit Blick auf die Schulplätze. Allein die voraussichtlichen Mehrkosten für die Unterbringung von Flüchtlingen hatte Finanzdezernent Exner mit 58 Millionen Euro bis Ende 2027 taxiert, die zusätzlichen Lohnkosten für das Rathaus durch die gerade beschlossene Tarifsteigerung mit fast 20 Millionen Euro.

Scharfenberg stellt Staudenhof-Abriss infrage

Hans-Jürgen Scharfenberg (Die Linke) nennt die Lage auch ernst. Allerdings habe die Stadt mit Vorlagen wie zur Rahmenplanung am Kanal oder zum Holzbau den Eindruck erweckt, die Stadt habe genügend Geld. „Kann sich das Potsdam leisten?“, fragte Scharfenberg. Hier müsse konsequent nachgefragt werden, was nötig sei. Auch den Abriss des Wohnblocks Staudenhof stellte Scharfenberg erneut infrage - um Ausgaben für ein Containerdorf für Flüchtlinge möglicherweise sparen zu können.

Helmar Wobeto von der AfD fordert, den Haushalt für 2024 zurückzuziehen. Das lehnt Schubert als Schnellschuss ab. Lars Eichert (CDU) kritisiert, dass der Haushalt deutlich früher hätte vorliegen müssen. Dabei habe man stets mehr Transparenz in diesen Fragen gefordert. Götz Friederich (Mitten in Potsdam) appelliert, die Stadt müsse bessere Rahmenbedingungen schaffen, um auch mehr Einnahmen zu generieren - zum Beispiel eben Gewerbeansiedlungen anzulocken.

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