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Mäzen Hasso Plattner im neuen Museum Minsk.

© Ottmar Winter

Potsdams Minsk in der Presse: Blicke von außen auf das neue Museum

Ostalgie oder eine neue Perspektive auf das DDR-Erbe? Wie das Haus am Brauhausberg und die Sammlung in den nationalen Medien wahrgenommen werden.

Das Minsk auf dem Potsdamer Brauhausberg zieht die Blicke auf sich. Bis weit über die Stadtgrenzen hinaus hat die Eröffnung des neuen Museums für Aufmerksamkeit gesorgt. Zahlreiche überregionale Medien haben berichtet. Die Perspektive ist dabei oft eine andere als die der Lokalpresse, die Fremdwahrnehmung eine andere als die Eigensicht.

So sieht „Der Spiegel“ in der Wiedereröffnung des einstigen DDR-Terrassenrestaurants als Museum die Einleitung „einer neuen Phase der Geschichtsverklärung“. Für Spiegel-Redakteurin Ulrike Knöfel ist diese „eine echte Trendwende in der sonst so stuck- und säulenvernarrten Stadt“. Dadurch, so ihre Unterstellung gegenüber dem Stifter und Potsdam-Mäzen Hasso Plattner, biedere sich dieser bei den Ostalgikern an und zitiere „die alte Verneigung vor der Sowjetunion“.

Nicht nur lässt die Autorin an der Sanierung kein gutes Haar - dem Haus fehle jede Patina - sondern sie wirft dem Stifter Hasso Plattner und der Gründungsdirektorin Paola Malavassi auch eine unkritische Haltung vor. „Ganz klar ist die Ausstellung eine Aufforderung, sich mit der offizielleren Kunst der DDR zu vertragen“, schreibt Knöfel. Noch mehr aber solle das Minsk die Potsdamer wohl mit Plattner selbst versöhnen, heißt es weiter.

Die zugezogenen Millionäre und Milliardäre erwiesen sich als Helikoptermäzene und Extremgentrifizierer gleichermaßen.

Ulrike Knöfel im „Spiegel“

Dann holt die Autorin zu einer großen Gesamtinterpretation des Lage in der Landeshauptstadt aus. „Wie manche Metropolen im Ausland unter einem Übertourismus leiden, ächzt Potsdam seit Jahren unter einer Überelite. Die zugezogenen Millionäre und Milliardäre erwiesen sich als Helikoptermäzene und Extremgentrifizierer gleichermaßen“, behauptet sie. „Leute wie Plattner bestimmen recht übergriffig, wie die kleine Metropole auszusehen hat, und verderben die Preise nach oben.“

Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle (SPD) wollte den Text des „Spiegel“ nicht unerwidert lassen. Auf dem sozialen Netzwerk Twitter reagierte sie direkt auf den Artikel und schreibt: „Das Minsk ist vieles: Identifikationsort, bedeutsamer Ort der Ostmoderne, Zentrum für zeitgenössische & Kunst der DDR – aber eben kein Ort der Ostalgie mit Dosen-Soljanka & DDR-Wimpel.“ Der Sicht der Autorin hält Schüle entgegen: „Die Brille westdeutscher Arroganz macht manchmal ein wenig blind.“

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Auch die „Zeit“ nimmt das Verhältnis zur DDR-Kunst unter die Lupe - kommt aber zu einem völlig anderen Schluss als der „Spiegel“. Überraschenderweise, so schreibt der Autor Hanno Rauterberg, gelinge dem Museum ein unbefangener und zugleich fordernder Blick auf das vernachlässigte Erbe. Der Artikel des stellvertretenden Ressortleiters Feuilleton liest sich beinahe wie eine Replik auf den „Spiegel“-Text. „Zum Glück ist das neue Museum keine Bühne, auf der er, der Wessi, den Ossis erklärt, wie toll ihre Maler waren“, so Rauterberg.

Keine falsche Nostalgie im Minsk.

Hanno Rauterberg in der „Zeit“

Ostalgie kann er nicht erkennen in der Ausstellung und im sanierten Haus. Im Gegenteil: „Keine falsche Nostalgie also im neuen Minsk“, heißt es im „Zeit“-Text. „Plattners Sehnsucht, seine Begeisterung für die Kunst der DDR, führt sie hinaus aus der Nische, in der sie so lange festsaß. Im Minsk kommt sie zur Welt, ein zweites Mal.“

Auch „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) untersucht unter dem Titel „Das Sanssouci der Kommunisten“ das Zusammenspiel zwischen dem Erbe der DDR und der Jetzt-Zeit. Dabei legt Feuilletonist Claudius Seidl jedoch den Fokus auf den Gegensatz zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Seine Argumentation: Nehme man einmal an, das Schwimmbad blu und der Hauptbahnhof stünden mit ihrer „banalen Eckigkeit“ und „trostlos ästhetischer Anspruchslosigkeit“ als Sinnbild des Kapitalismus. Dann müsste man dieses System sofort umstürzen. Das sei natürlich Unsinn, klärt er sofort auf - doch genau dieser Denkfehler wird seiner Meinung nach in Potsdam oft begangen, wenn es um DDR-Architektur geht.

„Was unter dessen Herrschaft gebaut wurde, kann nur Ausdruck der falschen Ideologie sein, unfrei, menschenverachtend, brutal“, so erläutert Seidl die Sichtweise. „So sahen das zwar nicht alle in Potsdam; aber die, die es so sahen, haben sich durchgesetzt.“ Auch dieser Text ist meinungsstark. „Preußischer Pseudobarock“ entstehe derzeit anstelle des „eleganten Baus der Fachhochschule“, schreibt Seidl.

Seine Schlussfolgerung dürfte bei vielen Potsdamer:innen gemischte Gefühle hervorrufen. Es sei eine gute Nachricht, dass „einer der reichsten und mächtigsten Männer Potsdams“ das Minsk gerettet habe. „Dass das alles jetzt das Privateigentum eines Kapitalisten ist, stört in Potsdam viele“, unterstellt Seidl, ohne Belege anzuführen. „Potsdam hat es aber nicht anders verdient“, findet er. Denn die Stadtpolitiker hätten das Haus verfallen lassen, bis es kaum noch zu retten war. So sei das neue Minsk als Museum „mäzenatische Gnade und nicht das gute Recht der Leute“.

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