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Wo geht noch was? Der Lokführerstreik hat den Berufsverkehr auch in Potsdam erheblich beeinträchtigt. Lahmgelegt hat er ihn aber nicht. Unternehmen und Mitarbeiter reagierten teilweise mit Fahrgemeinschaften, Angeboten zur Heimarbeit oder zur Gleitzeit.

© Andreas Klaer

Potsdam im Dauerstreik: Auf Arbeitskampf folgt Arbeitskampf

Der Lokführerstreik sorgt für Behinderungen in Potsdam. Nächste Woche gibt es einen Ausstand im Bus- und Tramverkehr.

Der Lokführerstreik hat den Potsdamer Berufsverkehr erheblich behindert – das ganz große Chaos blieb aber aus. „Unser eingeschränkter Ersatzfahrplan hat funktioniert“, sagte Bahnsprecher Holger Auferkamp am Mittwoch. Unter anderem fuhr nach Auskunft der Bahn der Regionalexpress 1 sowohl in Richtung Berlin als auch Magdeburg im Schnitt noch alle ein bis zwei Stunden. Auch die S-Bahn verkehrte zumindest im 20-bis-30-Minuten-Takt zwischen Potsdam und Berlin Yorckstraße. Am heutigen Donnerstag sei mit ähnlichen Verhältnissen zu rechnen, so der Bahnsprecher. Die Lokführergewerkschaft GDL bestreikt den Personenverkehr noch bis Donnerstagabend um 21 Uhr. Zugleich drohen ab der nächsten Woche neue Streiks der Bus- und Tramfahrer.

Etwa 50 000 Fahrgäste sind an Werktagen allein mit der S-Bahn zwischen Potsdam und Berlin unterwegs, wie das Unternehmen schätzt. Entsprechend waren von den Verspätungen und Ausfällen auch viele Einrichtungen in Potsdam betroffen – zum Beispiel die Universität, in der rund 20 000 Studenten lernen. „Natürlich hatten es alle schwerer, zu ihren jeweiligen Lehrveranstaltungen zu kommen“, sagte Universitätssprecherin Antje Horn-Conrad. Die Uni hat Standorte in Golm, am Neuen Palais und in Babelsberg.

Viele Potsdamer Unternehmen trifft der Streik hart

Auch viele Potsdamer Unternehmen seien von dem Streik betroffen, wie es von der Industrie- und Handelskammer hieß. „Die Wirtschaft wird immer in Mitleidenschaft gezogen: Seien es Transporte von Gütern und Erzeugnissen oder der gehemmte Berufsverkehr für die Beschäftigten“, sagte IHK-Vizechef Manfred Wäsche. Im Geoforschungszentrum (GFZ) mit 1200 Mitarbeitern auf dem Telegrafenberg wurden laut Sprecher Franz Ossing unter anderem Fahrgemeinschaften per E-Mail verabredet. Ebenso würden in solchen Fällen Gleitzeitregelungen und die Möglichkeiten für Heimarbeit die Folgen des Streiks in Grenzen halten. „Das Ganze ist zwar ein Ärgernis, legt uns aber nicht lahm“, sagte Ossing.

Charlotte Gondolf, Leiterin des Potsdamer Studentenfilmfestivals „Sehsüchte“, das am Mittwochabend eröffnet wurde, zeigte sich angesichts des Streiks betrübt. „Das ist sehr schade für uns, wir haben zehn Monate auf das Festival hingearbeitet und nun das.“ Sie hoffe, dass am Donnerstag viele Besucher dennoch mit dem Auto oder dem Fahrrad den Weg zur Babelsberger Filmuniversität finden. Von Potsdam aus sei das Studiogelände immerhin mit Bussen zu erreichen, ansonsten könne man auch die Straßenbahnlinien 94 oder 99 bis zur Endhaltestelle nehmen und den Rest zu Fuß gehen. Man sei auch stark auf das Berliner Publikum angewiesen, sagte Gondolf. Auch in den Bahnhofspassagen wurden laut einer Sprecherin weniger Besucher registriert.

Ab Montag streikt der Nahverkehr

Auch beim Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) waren Folgen des Streiks zu spüren. Zum Beispiel sei die Nachfrage in den Linien nach Berlin-Spandau erheblich gestiegen, sagte Sprecher Stefan Klotz. „Wir haben deshalb alle verfügbaren Fahrzeuge zur Verstärkung des planmäßigen Angebotes eingesetzt.“ Da viele Pendler auch auf das Auto umgestiegen waren, sei durch Staus an manchen Stellen der Busverkehr behindert worden – unter anderem staute es sich in der Alleestraße, aber auch am Neuen Palais in Richtung Golm.

Auch in der kommenden Wochen müssen Pendler und andere Nutzer des öffentlichen Nahverkehrs in Potsdam und Umgebung mit erheblichen Behinderungen rechnen. Am heutigen Donnerstag wurde in einer Urabstimmung für den Streik gestimmt, die Tarifverhandlungen seien gescheitert. Damit sind ab kommender Woche unbefristete Streiks möglich – nach PNN-Informationen will die Gewerkschaft zuvor aber noch mit einem Aufruf an die Arbeitgeber versuchen, diese zum Einlenken zu bewegen. Verdi will eine pauschale Erhöhung der monatlichen Entgelte um mindestens 120 Euro erreichen und nächstes Jahr neu verhandeln. Die Arbeitgeber haben unter anderem 90 Euro mehr in zwei Stufen angeboten, lehnen aber einen von Verdi verlangten Sonderbonus für Gewerkschaftsmitglieder ab. Der Kommunale Arbeitgeberverband teilte am Donnerstag unter anderem mit: „Scheinbar möchte Verdi unbedingt streiken, um sich interessant zu machen und hofft dadurch neue Mitglieder zu gewinnen. Dann lässt sich der Streik nicht vermeiden.“

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