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Landeshauptstadt: „Als Gebrauchtwarenhändler steht man immer mit einem Bein im Knast!“

Angeklagter bestreitet, vom Diebstahl elektronischer Geräte gewusst zu haben / Gericht hält ihn der Hehlerei überführt / Geldstrafe

Angeklagter bestreitet, vom Diebstahl elektronischer Geräte gewusst zu haben / Gericht hält ihn der Hehlerei überführt / Geldstrafe AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Selbstverständlich habe er die beiden Jugendlichen gefragt, ob die Sachen gestohlen seien, betont Henry A. * (38) vor dem Amtsgericht. „Und die antworteten erwartungsgemäß mit nein“, mutmaßt die Vorsitzende. Der wegen Hehlerei Angeklagte nickt. Als Gebrauchtwarenhändler stände er sowieso immer mit einem Bein im Knast, beklagt er sich. Er sei sich jedenfalls keiner Schuld bewusst gewesen, als er am 19. August vorigen Jahres von zwei ihm flüchtig bekannten jungen Männern ein betagtes Mischpult sowie einen Verstärker für 20 Euro aufkaufte. Dass die Sachen kurz zuvor aus einem Keller entwendet wurden, habe er erst später erfahren, beteuert der Händler. Solche Sachen finde man nämlich oft im Elektronikschrott am Straßenrand. „Haben Sie einmal probiert, ob die Geräte noch funktionieren?“, fragt die Richterin. Der Angeklagte schüttelt den Kopf. „Das Mischpult war mindestens 15 Jahre alt. Das hätte sowieso niemand mehr kaufen wollen. Ich habe es in das Regal mit den Ersatzteilspendern gestellt, weil ich die Schieberegler ausbauen wollte“, so Henry A. Der Verstärker sei seiner Ansicht nach ebenfalls nicht mehr zu verwenden gewesen, die Transistoren seines Innenlebens aber allemal. Er sei erstaunt gewesen, als der Eigentümer der Dinge in seinem Laden auftauchte und Aufklärung verlangte, erzählt der Angeklagte. „Ich forderte ihn auf, einen Eigentumsnachweis zu erbringen.“ Das tat der Mann, hatte zudem die Polizei im Schlepptau. Henry A. erklärte sich bereit, bei der Überführung der vermeintlichen Diebe, die ihm schon einmal ein Autoradio und einen CD-Player anboten, mitzuwirken. Gebrauchtwarenhandel rentiert sich heutzutage nicht mehr“, resümiert der bereits wegen versuchten Betruges Vorbestrafte bitter. „Ich kann doch nicht jedem Jugendlichen, der mir ein Handy anbietet, hinterherlaufen und erforschen, ob es wirklich seins ist.“ Er verlasse sich auf die Angaben aus dem Personalausweis des Verkäufers. Mehr könne er nicht tun. „Diebstähle sind erst lukrativ, wenn die Langfinger wissen, wo sie die Sachen absetzen können“, meint die Richterin. Wird ihnen dies erschwert, haben sie vielleicht bald keine Lust mehr, in fremde Keller und Garagen einzubrechen.“ Er habe sich mittlerweile fast 100-prozentig auf den Verkauf neuwertiger Waren spezialisiert, versichert der Angeklagte. Damit würde er zwar auch keine Reichtümer verdienen, könne allerdings ruhiger schlafen. „Allerdings bin ich ganz schön sauer, dass ich hier sitzen muss, während die meisten Diebe ungeschoren davonkommen.“ Er wird auch nicht fröhlicher, als er das Urteil vernimmt: 30 Tagessätze zu je 15 Euro wegen Hehlerei. (*Namen geändert.)

Gabriele Hohenstein

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