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Die jungen Hainbuchen an der Nuthestraße in Höhe des Babelsberger Parks wurden abgesägt.

© Andreas Klaer

20 Jungbäume in Potsdam abgesägt: Umweltschützer kritisieren Pflegepraxis der Stadt

Das Rathaus will nun neue Bäume pflanzen lassen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz ist skeptisch - Wassereinsatz und Geld für Neupflanzungen reichten nicht aus.

Die Stadtverwaltung hat 20 Jungbäume an der Nuthestraße gefällt. Die Hainbuchen seien nicht mit dem schwierigen Standort zurechtgekommen. Zuvor hatte der Stadtverordnete Wieland Niekisch (Mitten in Potsdam) einen Skandal gewittert, weil die Bäume nicht gepflegt würden und deshalb vertrockneten. „Das ist ‘Klimanotstand’ aktuell in der Landeshauptstadt!“, sagte Niekisch.

Die Stadt wies den Vorwurf zurück. Der Zustand der Bäume liege nicht an mangelnder Pflege. Im Gegenteil seien die Hainbuchen „regelmäßig und in kurzen Intervallen“ gegossen worden. Ohne Erfolg: Die trockenen Bäume wurden jetzt abgesägt. Die Standorte sollen für Neupflanzungen vorbereitet werden, sagte Stadtsprecher Markus Klier.

Robustere Bäume sollen besser anwachsen

Statt Hainbuchen würden jetzt Blutpflaume, Amerikanische Gleditschie und Eschen-Ahorn gepflanzt. Diese Arten seien in einschlägigen Klimabaumlisten als robust eingestuft, die mit Klimaveränderungen und schwierigen Standorten zurechtkommen sollen, so Klier. Die Pflanzung erfolge in der kommenden Pflanzperiode ab Herbst.

Die jungen Hainbuchen an der Nuthestraße in Höhe des Babelsberger Parks wurden abgesägt.
Die jungen Hainbuchen an der Nuthestraße in Höhe des Babelsberger Parks wurden abgesägt.

© Andreas Klaer

Widerspruch zur Darstellung der Stadt kommt vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Uta Fink vom BUND-Kreisvorstand bezweifelt, dass alle Hainbuchen ausreichend und gleichmäßig gewässert worden seien. Einer der jungen Bäume sei Mitte Juni noch intakt gewesen. Angesichts der hohen Kosten für Neupflanzungen wundere sie sich über diese Nachlässigkeit. Die Stadt beziffere die Kosten pro neu gepflanztem Baum auf inzwischen 2580 Euro. 2020 seien es noch 1800 Euro gewesen.

1276
Bäume wurde im vergangenen Jahr in Potsdam gefällt.

Der Etat für den Pflegebedarf der Stadtbäume reiche aber bei weitem nicht aus. So seien im vergangenen Jahr 1276 Stadtbäume gefällt worden. Würden alle diese Bäume nachgepflanzt, würden nach der Rechnung der Stadt 3,3 Millionen Euro notwendig. Laut Baumzustandsbericht 2022 standen allerdings für die Baumpflege insgesamt lediglich 2,3 Millionen Euro zur Verfügung.

Tote Bäume auch in anderen Straßen

„Wie kann ein Anwachsen von Alleebäumen in Potsdam überhaupt gelingen?“, fragt Uta Fink. Das Defizit, so befürchtet sie, könnte noch größer sein. Denn der Landesbetrieb Straßenwesen beziffere eine Neuanpflanzung sogar auf 6000 Euro. Offenbar werde dort der Pflegeaufwand realistischer eingeschätzt. Fink stellt die Kompetenz der Stadt bei Baumpflanzungen grundsätzlich infrage. So würden auch gesunde Altbäume gefällt und schattenliebende Flachwurzler auf sonnigen Kämmen gepflanzt. In der Amundsenstraße seien 19 tote Jungbäume gezählt worden. Wieland Niekisch hat zudem abgestorbene Rotdornbäume in der Carl-von-Ossietzky-Straße ausgemacht.

Auf der 2. Brandenburger Alleetagung habe das Versuchslabor in Müncheberg dargelegt, dass 15 bis 30 wöchentliche Gaben mit jeweils 200 Litern Wasser für die Pflege von Jungbäumen notwendig sein könnten, erläutert Uta Fink. Zudem entscheide die Wasserspeicherkapazität des Bodens über die notwendige Wassermenge. Sandiger Boden halte eben nur wenig Feuchtigkeit.

Kritik übt das BUND-Vorstandsmitglied auch an der geplanten Errichtung eines temporären Containerdorfs für Geflüchtete im Nedlitzer Holz. „Für den sensiblen Untergrund wäre die Aufstellung tödlich“, so Uta Fink. Die Fläche sei Teil des von Peter Joseph Lenné geschaffenen Musterguts Bornim. Diese Schöpfung könne leicht wieder in eine Sandwüste verwandelt werden. Eine nachhaltige Stadtentwicklung verbiete „den Angriff auf diesen Lebensraum“, erklärt Uta Fink. Sie fordert „eine Neuorientierung der Potsdamer Bauverwaltung“, zum Erhalt des Potsdamer Grüns und damit des Stadtklimas.

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