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Dietmar Teickner führt das Lakritzkontor.

© Ottmar Winter PNN / Ottmar Winter PNN

20 Jahre Lakritzkontor Potsdam: Das kleine Schwarze ist angesagt

Als Dietmar Teickner 2003 sein Spezialitätengeschäft in Potsdams Innenstadt gründete, gaben ihm die Nachbarn ein halbes Jahr – jetzt gibt es seinen Laden schon zwei Jahrzehnte.

Die Scherze kennt er alle: Lakritze würde aus Pferde- und Taubenblut hergestellt. „Oder aus Kinderblut!“, sagt Dietmar Teickner, ja, auch das gibt’s. Als Inhaber eines Fachgeschäfts für Lakritze weiß er natürlich, dass das Quatsch ist und allerhöchstens den Mythos um diese Süßigkeit bestärkt. Noch immer ist das Lakritz oder die Lakritze, beides darf man sagen, in Deutschland weit weniger angesagt als anderswo, beispielsweise bei den Skandinaviern, den Niederländern oder in Island. Jeder Niederländer isst im Jahr zwei Kilogramm, jeder Deutsche: 200 Gramm.

An den Kunden des Lakritzkontors in Potsdam kann das nicht liegen. Die essen mit Sicherheit mehr und zwar seit 20 Jahren. Am 1. Februar 2003 eröffnete Teickner seinen Süßigkeitenladen, damals noch mit Schwerpunkt Gummibärchen und Verwandte. Die Lakritze nahm aber bald überhand, die Nachfrage war groß, und ab 2005 hieß es Lakritzkontor.

Allen Wetten zum Trotz existent

Dass das funktionieren kann, das glaubte Teickner damals selber nicht so richtig. „Es war eine echte Schnapsidee“ sagt der heute 57-Jährige. Bis kurz zuvor hatte er als technischer Bauleiter in Berlin gearbeitet. „Dann machte die Bude zu. Ich konnte wählen aus einem Job in London, München oder einer Abfindung“. Der Babelsberger nahm die Abfindung und blieb damit in seiner Heimatstadt Potsdam.

 Wer kein Lakritz mag, der hat nur noch nicht das richtige gegessen.

Dietmar Teickner, Inhaber des Lakritzkontors in der Innenstadt

Der erste Laden befand sich in der Lindenstraße. Die Nachbarn hätten Wetten abgeschlossen, wie lange sie sich halten würden, erzählt Teickner. Höchstens ein halbes Jahr, glaubten sie. Stattdessen musste er nach drei Wochen eine Mitarbeiterin anstellen, Karina Schneemann, die eigentlich nur übergangsweise aushelfen wollte und dann blieb. Heute ist sie Teamleiterin der fünf Mitarbeiter.

Gestartet war das Lakritzkontor in der Lindenstraße, heute ist es in der Jägerstraße.

© Ottmar Winter PNN / Ottmar Winter PNN

Mehrere Umzüge innerhalb der Innenstadt hat der Laden hinter sich. Seit 2016 sind sie in der Jägerstraße 21. „Hier bleiben wir“, sagt Teickner. Klar könnte er sich noch vergrößern, aber das würde auf Kosten der besonderen Atmosphäre gehen. Das Kontor erinnert an die früheren Krämer- oder Kolonialwarenladen. Holzregale voller Gläser, Truhen und Kisten mit weiteren Schätzen. Statt Selbstbedienung wird der Kunde an die Hand genommen und beraten, die Ware nach Wunsch zusammengestellt und in Tütchen oder Gläser, auch selbst mitgebrachte Gefäße, abgefüllt.

Von Schokolade bis Zahnpasta

Die Auswahl umfasst etwa 500 Sorten von Herstellern aus ganz Europa, vor allem natürlich den lakritzaffinen Ländern. Neben loser Ware gibt es abgepackte Herrlichkeiten aller Art, außerdem Getränke, Cola, Rum und Grappa, Marmeladen, Schokoladen, Sirup, Eis, sogar Nudeln – alles mit mehr oder weniger Lakritz. Von süß und fruchtig bis salzig, mit Kaffee und Karamell, mit Salmiak – nichts, was es nicht gibt. Sogar Lakritz-Zahnpasta bietet Teickner an. „Wer kein Lakritz mag, der hat nur noch nicht das richtige gegessen“, sagt er gerne zu zögerlichen Kunden.

Karina Schneemann und Dietmar Teickner haben Lakritz für jeden Geschmack.

© Ottmar Winter PNN / Ottmar Winter PNN

Das Ergebnis sind Stammkunden, die einmal die Woche ihren Vorrat aufstocken, oder Touristen, die zielgerichtet in die Jägerstraße kommen, weil sie von dem legendären Lakritzladen gelesen haben. 2010 wurden sie vom Feinschmecker-Magazin als einer der besten in Deutschland ausgezeichnet.

Die Lakritz-Szene kennt sich ohnehin, man trifft sich auf Messen und tauscht sich aus. Teickner kann detailliert über seine Produkte erzählen. Und darüber, wie Lakritz nun wirklich hergestellt wird, nämlich aus dem Süßholzstrauch, der im asiatischen Raum wächst. Die bis zu acht Meter langen Wurzeln werden geraspelt und ausgepresst, der Saft zu Sirup eingekocht. Die eher exotische Herkunft des Rohstoffs erklärt, warum Lakritze zunächst in den Seefahrer- und Küstenregionen verbreitet war.

Nachgefragt war es spätestens seit dem 18. Jahrhundert, zunächst jedoch als Apothekenprodukt. Der Süßholzwirkstoff Glycyrrhizin ist leicht antibakteriell und antiviral, steigert allerdings, wenn in größeren Mengen und vor allem als starkes Lakritz konsumiert, den Blutdruck. Aber auch das kann man sich zunutze machen, erzählt Teickner. Er habe schon Kunden gehabt, die auf ärztliches Anraten den Laden betraten.

„Nicht allen Unternehmen geht es schlecht“

Für das Kontor haben Konzept und Lage funktioniert, auch wenn es Zeiten gab, in denen es schwierig war, beispielsweise, als monatelang eine Baustelle vor der Tür war. „Aber die Innenstadt ist nicht tot, das sortiert sich wieder“, ist er überzeugt. Auch die Nebenstraßen beiderseits der Brandenburger Straße hätten viel zu bieten. Teickner gehörte deshalb 2022 zu den Gründern des Einzelhändlerverbands „ici! Potsdam“, um die Innenstadt mit Ideen voranzubringen, Positives zu betonen. Ici! Potsdam hat zuletzt eine Spendenaktion angestoßen, viele Unternehmer verzichteten auf ihre Gasumlage, 12.000 Euro für die Tafel und Ukrainehilfe kamen zusammen. „Es geht nicht allen Unternehmen schlecht.“

Sein eigenes Jubiläum feiert Teickner mit einer kleinen Kundenaktion bis 20. Februar: Die Parole für den Sonder-Einkauf lautet „Lakritzliebe“. Was sonst.

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